Leitsatz (amtlich)
1. Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung haben durch Beschluss zu ergehen und sind dem Beschwerdeführer bekannt zu machen.
2. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist zu prüfen, ob das Führen mehrerer Prozesse an Stelle einer subjektiven Klagehäufung kostenrechtlich notwendig war.
3. Eine Kostenerstattungspflicht des unterlegenen Gegners besteht nicht, wenn es für die Führung mehrerer Prozesse nachvollziehbare sachliche Gründe nicht gibt, vielmehr dieses Vorgehen als rechtsmissbräuchlich erscheint.
Normenkette
ZPO §§ 572, 104, 91
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 06.10.2010; Aktenzeichen 1 O 276/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der 1. Zivilkammer des LG Duisburg - Rechtspflegerin - vom 6.10.2010 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Beschlusses der 1. Zivilkammer des LG Duisburg vom 29.7.2010 sind von der Antragsgegnerin 354,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.7.2010 an den Antragsteller zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Beschwerdewert: 420,84 EUR
Gründe
I. Der Antragsteller war gewerblicher Zwischenvermieter, der mehrere Wohnungen im Hause D. X.-Str., teils unter eigenem Namen, teils unter anderen Bezeichnungen zum Zwecke der Untervermietung von der Antragsgegnerin, der Eigentümerin, gemietet hatte. Die Antragsgegnerin kündigte mit Schreiben vom 14.7.2010 das Mietverhältnis für die Wohnung Nr. 5 fristlos und drohte zugleich an: "Falls Sie die Wohnung nicht bis zum 20.7.2010 geräumt haben, werde ich Sie auf ihre Kosten räumen lassen." Mit Schreiben vom 21.7.2010 kündigte sie auch die Mietverhältnisse für die Wohnungen Nrn. 2, 3 und 4 fristlos und drohte zugleich jeweils an: "Falls Sie die Wohnung nicht bis zum 30.7.2010 geräumt haben, werde ich Sie auf ihre Kosten räumen lassen."
Der Antragsteller erwirkte daraufhin am 29.7.2010 in dem vorangegangenen Verfahren eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin, es zu unterlassen, die (näher bezeichnete) Wohnung Nr. 2 zu räumen. Die Kosten des Verfahrens wurden der Antragsgegnerin auferlegt.
Mit nahezu gleichlautenden Antragsschriften erwirkte der Antragsteller vor der 13. Zivilkammer des LG entsprechende einstweilige Verfügungen auch für die Wohnungen Nrn. 3, 4 und 5.
Die Beschlüsse des LG sind rechtskräftig.
Der Antragsteller hat in dem vorliegenden Verfahren die Festsetzung seiner Auslagen in dem Verfahren auf Erlass der einstweiligen Verfügung beantragt. Dagegen hat sich die Antragsgegnerin mit der Auffassung gewandt, die Antragsteller hätte sie auf Unterlassung der Räumung der vier Wohnungen in einem einzigen Prozess in Anspruch nehmen müssen, um so Kosten zu sparen. Die durch das Vorgehen des Antragstellers verursachten Mehrkosten seien nicht zu erstatten.
Dem hat der Antragsteller entgegengehalten: Die vier Prozesse hätten geführt werden dürfen, weil es sich um verschiedene Wohnungen mit unterschiedlichen Mietverträgen gehandelt habe. Damit hätten verschiedene Streitgegenstände vorgelegen. Außerdem sei zu befürchten gewesen, dass sich eine einheitliche Entscheidung des Gerichts zu seinen Gunsten verzögert hätte oder ganz unterblieben wäre, weil sich die Mietverträge in Details unterschieden hätten.
Das LG hat durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss die dem Antragsteller von der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 775,64 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, der das LG - Rechtspflegerin - nicht abgeholfen hat. Die Antragsgegnerin wiederholt ihr bisheriges Vorbringen.
II. Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht ist zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde befugt. Zwar ist die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des LG gem. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO insofern verfahrensfehlerhaft, als diese Entscheidung durch einen Vermerk und schlichte Verfügung vom 18.1.2011 getroffen worden ist. Dass nämlich die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung durch Beschluss zu ergehen hat, entspricht der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (KGKGReport Berlin 2008, 204; OLG Stuttgart, MDR 2003 110 [111]; OLG Koblenz Rpfleger 1978, 104 [105] zur Nichtabhilfe und Vorlage nach § 11 RPflG a.F.; Lipp in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 572 Rz. 10; Zöller/Gummer, ZPO, 27. Aufl., § 572 Rz. 10; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 572 Rz. 9). Der Nichtabhilfebeschluss ist den Parteien nach § 329 Abs. 2 S. 1 formlos mitzuteilen (Musielak/Ball, a.a.O.; MünchKomm/Lipp, a.a.O., Rz. 12). Dieser Auffassung hat sich der Senat schon durch Beschluss vom 29.10.2009 (I-24 W 44/09) angeschlossen (JurBüro 2010, 427). Darauf wird verwiesen.
Der Mangel des Vorlageverfahrens führt jedoch nicht zu einer Unwirksamkeit der Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung (Senat, a.a.O., m.w.N.). Von...