Leitsatz (amtlich)
Vom Fortbestand einer ausländischen Gesellschaft, die nach ihrem Personalstatut die Rechtsfähigkeit bereits verloren hat, als "Restgesellschaft" ist so lange auszugehen, wie die Liquidation inländischen Vermögens noch nicht beendet ist.
Normenkette
ZPO § 50
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 3 O 45/09) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Parteien erhalten Gelegenheit, zu den Gründen binnen zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.
2. Der für den 1.6.2010 geplante Senatstermin findet nicht statt.
Gründe
I. Die Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
1. Die Berufung ist voraussichtlich nicht bereits als unzulässig zu verwerfen.
a) Die Klägerin dürfte zumindest als Restgesellschaft für dieses Verfahren parteifähig sein, obwohl sie nach englischem Recht nicht mehr existent ist. Die Klägerin hat ihre von dem Beklagten bestrittene Rechts- und Parteifähigkeit darzulegen und zu beweisen (KG ZIP 2010, 204). Ausweislich der von dem Klägervertreter vorgelegten Unterlagen ist die Klägerin am 11.8.2009 aufgelöst worden und damit nicht mehr rechtlich existent. Denn nach dem Auszug aus dem Register des Companies House ist ihr Status seit diesem Zeitpunkt als "dissolved" zu betrachten.
Englisches Recht ist maßgeblich für die Frage, ob und in welchem Umfang die Gesellschaft rechts- und parteifähig ist (EuGH NJW 1999, 2027 - Centros; NJW 2002, 3614 [3617] - Überseering; Palandt/Thorn, 69. Aufl. 2010, Anh. zu Art. 12 EGBGB, Rz. 6, 11, 17). Ist eine Gesellschaft nach dem für sie maßgeblichen Recht des Gründungsstaates erloschen, so ist dieser Status überall in der Europäischen Union verbindlich (LG Duisburg, ZIP 2007, 925). Dies gilt auch dann, wenn es sich lediglich um eine Scheinauslandsgesellschaft handelt, die zwar ihren Gründungssitz in einem Mitgliedsstaat hat, allerdings tatsächlich nur in einem anderen Mitgliedsstaat wirtschaftlich tätig ist (EuGH NJW 2003, 3331 Rz. 139 - Inspire Art; BGH NJW 2005, 1648).
Das britische Gesellschaftsrecht sieht vor, dass die Registerbehörde eine Private Limited Company im Register löschen kann, wenn diese nicht mehr am wirtschaftlichen Leben teilnimmt. Anlass zur Einleitung eines Löschungsverfahrens besteht beispielsweise dann, wenn wie hier die annual returns nicht mehr vorgelegt werden. Ausweislich des Registerauszuges hat die Klägerin ihren letzten Bericht am 6.7.2007 vorgelegt ("last return made 06/07/2007"). Weist die Gesellschaft nach entsprechender Aufforderung über einen Zeitraum von sechs Monaten keine Geschäftstätigkeit nach, wird ihr Name im Register gelöscht und die Löschung im Amtsblatt bekannt gemacht. Mit der Bekanntmachung ist die Gesellschaft gemäß sec. 652 V Companies Act 1985 erloschen (LG Duisburg, a.a.O.). Ihr englisches Restvermögen fällt insoweit der britischen Krone an (KG, a.a.O.). Der entsprechende Auflösungsvermerk "dissolved" ist in den Internet-Veröffentlichungen des Companies House enthalten. Er befindet sich auf den von dem Klägervertreter vorgelegten Unterlagen. Nach allem ist die Klägerin grundsätzlich nicht mehr aktiv und passiv parteifähig.
Jedoch dürften im vorliegenden Fall die vom BGH entwickelten Grundsätze zur "Rest- und Spaltgesellschaft" auf die ansonsten nach englischem Recht zu behandelnde Limited Anwendung finden (vgl. BGHZ 25, 134; 56, 66; KG, a.a.O.; Borges IPRax 2005, 134; Happ/Holler DSTR 2004, 730; Schulz NZG 2005, 415; Süß DNotZ 2005, 180; einschränkend LG Duisburg, a.a.O.; AG Duisburg NZG 2003, 1167). Nach den Grundsätzen der Restgesellschaft ist vom Fortbestand einer ausländischen Gesellschaft, die nach ihrem Personalstatut die Rechtsfähigkeit bereits verloren hat, als "Restgesellschaft" so lange auszugehen, wie die Liquidation inländischen Vermögens noch nicht beendet ist (KG, a.a.O.; OLG Nürnberg NZG 2008, 76; Palandt/Thorn, a.a.O., Rz. 17). Diese Grundsätze des BGH sind im deutschen internationalen Gesellschaftrecht bereits seit langem verallgemeinert worden (OLG Stuttgart NJW 1974, 1627 [1628]; Borges IPRax 2005, 135, 137 m.w.N.). Sie entstammen zwar einer Zeit, als die Sitztheorie noch als maßgeblich betrachtet wurde. Mit den Vorgaben des EuGH setzten sie sich jedoch nicht in Widerspruch, da die vom EuGH in den Vordergrund gestellte Niederlassungsfreiheit nach Löschung einer Gesellschaft im Gründungsstaat keinen Verweis mehr auf das Gründungsrecht erfordert (vgl. Borges IPRax 2005, 134, 138). Durch diese Konstruktion wird auch der Schutz der Gläubiger der gelöschten limited bewirkt, da ihnen insoweit der Zugriff auf das inländische Restvermögen einer gelöschten limited ermöglicht wird (OLG Nürnberg NZG 2008, 76). Dieses Argument wird auch vom BGH bei der Rechtsfigur der "Restgesellschaft" in den Vordergrund gestellt (BGH NJW 1961, 22/23).
Voraussetzung für die Annahme einer Restgesellschaft ist danach, dass die Klägerin noch Restvermögen in Deutschland besitzt, welches ansonsten keinem Rechtsträger...