Leitsatz (amtlich)
1. Es liegt im Verantwortungsbereich des Werkunternehmers, den Auftraggeber darüber aufzuklären bzw. darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der vertraglich aufgeführten Parameter (hier: Maße eines vom Auftraggeber zu stellenden Gehäuses) für die geschuldete Kühlleistung (hier: von EDV-Kühlsystemen) unerlässlich ist. Die Aufnahme des Satzes "Die genannte Leistung wird nur bei Einhaltung der bauseitigen Parameter erreicht" genügt nicht für die Erfüllung dieser Pflicht.
2. Die sog. "Stoffverantwortung" des Auftraggebers entsprechend § 645 BGB lässt die Prüfungs- und Beratungspflichten des Werkunternehmers nicht ohne weiteres entfallen. Hat der Werkunternehmer von der Größenveränderung der Geräte bzw. Gehäuse positive Kenntnis, muss er im Rahmen seiner auch planerischen Verantwortung jedenfalls vor der Herstellung der Geräte eigenverantwortlich prüfen, ob und ggf. inwieweit die veränderte Größe Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der von ihm herzustellenden Kühlysteme haben kann.
3. Aufgrund der nur geringen Anforderungen an die Darlegungslast des Auftraggebers zur Höhe eines Anspruchs auf Kostenvorschuss und der im Vorschussprozess lediglich notwendigen Feststellung von "voraussichtlichen Kosten" ist eine gerichtliche Schätzung der Kosten gem. § 287 ZPO regelmäßig zulässig.
4. Die Ausübung des (Schätzungs-)Ermessens im Rahmen von § 287 ZPO kann vom Rechtsmittelgericht nur daraufhin überprüft werden, ob grundsätzlich falsche oder offenbar unsachliche Erwägungen maßgebend waren und ob wesentliche entscheidungserhebliche Tatsachen außer Acht gelassen wurden.
5. Im Rahmen der nach § 156 Abs. 1 ZPO vorzunehmenden Ermessensentscheidung hat das Gericht neben der Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien zu berücksichtigen, ob der Zeitpunkt des neuen Vorbringens auf Nachlässigkeit (§ 296 Abs. 2 ZPO) beruht.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 01.04.2014; Aktenzeichen 24 O 43/12) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 24. Zivilkammer des LG Duisburg vom 1.4.2014 durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und infolgedessen den Senatstermin vom 5.12.2014 aufzuheben.
II. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.10.2014.
Gründe
A. Die zulässige Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO; vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.10.2001, 2 BvR 1620/01, NJW 2002, 814; BVerfG, Beschluss vom 18.9.1990, 2 BvE 2/90, BVerfGE 82, 316). Die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
I. Der Anspruch des Klägers auf restlichen Werklohn i.H.v. 12.000 EUR aus § 631 Abs. 1 Halbs. 2 BGB ist zwar entstanden, jedoch durch wirksame Aufrechnung seitens der Beklagten mit einem Vorschussanspruch gem. §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB gem. § 389 BGB in anteiliger Höhe von 12.000 EUR (zum weiter gehenden Vorschussanspruch der Beklagten s. unten zur Widerklage unter II. 2.) erloschen.
1. Wie das LG zutreffend ausführt, haben die Parteien unstreitig einen Werkvertrag i.S.d. § 631 Abs. 1 BGB über die seitens des Klägers zu erstellenden IT-Kühlsysteme geschlossen. Der maßgebliche Vertragsinhalt ergibt sich aus dem Angebot des Klägers vom 23.2.2011 (12 ff. GA) und dem Annahme- und Bestellschreiben der Beklagten vom 24.2.2011 (14 GA).
2. Durch Abnahme des Werkes im Oktober 2011 ist die vertraglich unstreitig vereinbarte Vergütung von 4.400 EUR (für den Prototyp, insoweit nicht Streitgegenstand) bzw. von 3.143 EUR (pro Stück der insgesamt 37 Seriengeräte) gem. § 641 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. die daraus noch offenen restlichen 12.000 EUR fällig geworden.
3. Der Beklagten steht gegen den Kläger ein aufrechenbarer Anspruch auf - anteiligen - Vorschuss i.H.v. 12.000 EUR (aus insgesamt 44.550 EUR für 33 Geräte × 1.350 EUR netto je Gerät) zu (§§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB).
a. Indem die Beklagte im Schriftsatz vom 15.8.2012 (vgl. Bl. 70 f. d. GA) bei der Bezifferung ihrer Widerklage die klageweise geltend gemachten 12.000 EUR in Abzug bringt, hat sie jedenfalls konkludent gegenüber dem Kläger die Aufrechnung erklärt.
aa. Eine Aufrechnungserklärung muss nicht ausdrücklich abgegeben werden. Es genügt die klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 388 Rz. 1 m.w.N.). Indem die Beklagte die von ihr zu begleichende Forderung in Abzug bringt, wird deutlich, dass sie die jeweiligen Forderungen miteinander verrechnen und dadurch die ihr gegenüber bestehende Restwerklohnforderung des Klägers zum Erlöschen bringen will.
Die vorliegend im Prozess abgegebene Erklärung wird in materieller Hinsicht bereits mit Zugang des Schriftsatzes bei dem Kläger wirksam (vgl. Münchener-Kommentar- Schlüter, BGB, 6. Aufl. 2012, § 388 m Rz. 2). Der Wirksamkeit der Aufrechnung steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte mit eine...