Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vorschussanspruch des Auftraggebers besteht von vorneherein nur insoweit, als er nicht restlichen Werklohn im Hinblick auf vorhandene Mängel zurückbehalten und diesen zur Mängelbeseitigung verwenden darf (§ 242 BGB).
2. Sind im Rahmen der Begutachtung durch einen Sachverständigen Arbeiten erforderlich, ist es allein Sache des Beweisführers, die Durchführung dieser Arbeiten zu gewährleisten und ggf. hierzu notwendige Zustimmungen einzuholen. Der Sachverständige ist grundsätzlich nicht verpflichtet, etwaig notwendige Bauteilöffnungen selbst oder durch Dritte im eigenen Namen zu veranlassen. Weigert sich eine Partei, eine Bauteilöffnung selbst oder durch eine Fachfirma vorzunehmen oder durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen zuzulassen, ist dies nach den allgemeinen beweisrechtlichen Grundsätzen zu würdigen.
3. Der erstinstanzliche Verzicht auf ein Beweismittel (hier die Inaugenscheinnahme der inzwischen durch Anschlussgewerke verdeckten Befestigungen von Fenstern) wirkt zwar regelmäßig nur für die Instanz. Die erneute Bezugnahme auf ein solches Beweismittel in zweiter Instanz stellt sich indes als neues Vorbringen dar und ist daher nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zulässig.
4. Zweifel i.S.v. §§ 529, 531 ZPO kann die Kläger als Berufungsführer auch durch Vorlage eines Privatgutachtens untermauern. Die bloße Bezugnahme der Berufungsbegründung auf bereits erstinstanzlich vorgelegte Ausführungen eines Privatgutachters kann indes hinreichende Zweifel dann nicht begründen, wenn der gerichtlich beauftragte Sachverständige diese bereits in erster Instanz überzeugend entkräftet hat.
5. Das Urteil, mit dem der Auftraggeber einen Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten zugesprochen erhält, enthält regelmäßig - auch ohne zusätzlichen Feststellungstenor - die Feststellung, dass der Auftragnehmer zur Tragung der gesamten Mängelbeseitigungskosten (einschließlich Mangelfolgeschäden) verpflichtet ist.
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Urteil vom 24.04.2013; Aktenzeichen 6 O 196/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Mönchengladbach vom 24.4.2013 unter Zurückweisung der Berufung des Klägers zu 2. abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten werden der Klägerin zu 1. zu 20 % und dem Kläger zu 2. zu 80 % auferlegt. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. jeweils selbst.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. dürfen die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils jeweils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger zu 2. macht (nach Klagerücknahme seitens der Klägerin zu 1. - vgl. 297 GA im Folgenden: der Kläger) aus abgetretenem Recht auf Basis eines Privatgutachtens des Sachverständigen Dr. F. (Anlage K 8, 40 ff. GA) einen Kostenvorschussanspruch i.H.v. zuletzt 39.000 EUR nebst Privatgutachterkosten i.H.v. 3.379,08 EUR, somit insgesamt 43.079,08 EUR nebst Zinsen sowie die Feststellung der weiter gehenden Ersatzpflicht der Beklagten wegen Mängeln im Rahmen eines am 06./10.4.2006 mit der Beklagten geschlossenen Werkvertrages über Herstellung und Einbau von Fenstern und Türen in einem vom Kläger und dessen Ehefrau bewohnten historischen Mühlengebäude in Frankreich geltend. Wegen weiterer Einzelheiten wird gem. § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung sowie Einholung von Gutachten des Sachverständigen R. (561/664/710 ff. GA) i.H.v. insgesamt 5.211,81 EUR nebst Zinsen sowie im Hinblick auf den Feststellungsantrag entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger, dessen Aktivlegitimation urkundlich belegt sei, stehe ein Kostenvorschuss i.H.v. 1.832,72 EUR zu, da der Kläger nach durch Aussagen der Zeugen P. und G. bewiesener Abnahme Mängel der Werkleistungen (vgl. im Einzelnen zu Ziff. 1.-16 Seite 7 ff. des Urteils) nur in diesem Umfang habe beweisen können (12.757,51 EUR brutto bzw. 10.720,60 EUR netto - 583 GA - ./. Überarbeitung Anstrich 1.529,60 EUR netto ./. Überarbeitung Fugen 1.864,20 EUR netto ./. 250 EUR anteiliges Material = 7.076,80 EUR netto bzw. 8.421,39 EUR brutto ./. offener Restwerklohn 6.588,60 EUR). Da offen sei, ob der geltend gemachte Vorschussanspruch ausreichend sei, habe der Feststellungsantrag Erfolg. Zuzüglich der notwendigen Privatgutachterkosten i.H.v. 3.379,08 EUR seien dem Kläger somit insgesamt 5....