Verfahrensgang

Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln (Entscheidung vom 20.05.2011; Aktenzeichen VK VOL 1/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln vom 20. Mai 2011 (VK VOL 1/11) aufgehoben.

Dem Antragsgegner wird untersagt, im vorliegenden Vergabeverfahren einen Zuschlag zu erteilen. Das Vergabeverfahren wird in den Stand vor Bekanntmachung zurückversetzt und der Antragsgegner bei fortbestehender Vergabeabsicht verpflichtet, bei der Losaufteilung den Umstand zu berücksichtigen, dass die Glasreinigung ein Fachlos bildet.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen der Antragstellerin trägt der Antragsgegner. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens unter Einschluss des Verfahrens nach

§ 118 Abs. 1 Satz 3 GWB einschließlich der notwendigen Kosten der Antragstellerin werden dem Antragsgegner auferlegt.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 11.000 Euro

 

Gründe

I.

Der Antragsgegner schrieb durch EU-Bekanntmachung im November 2010 die Unterhalts - und Glasreinigungsarbeiten für öffentliche Gebäude des Rhein-Sieg-Kreises (vor allem Schulgebäude und Kindergärten) aus. Die zu reinigenden Flächen betragen rund 87.000 m² bei der Grundreinigung und rund 24.600 m² bei der Glasreinigung, die zweimal jährlich durchzuführen ist.

Die Gebäude wurden nach räumlichen Gesichtspunkten zu vier Teillosen zusammengefasst. Die Antragstellerin, ein auf Glasreinigung spezialisiertes Unternehmen, rügte die fehlende Bildung eines Fachloses "Glasreinigung". Nach Zurückweisung der Rüge durch den Antragsgegner stellte sie einen Nachprüfungsantrag.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, bei der Glasreinigung handele es sich um ein von der Unterhaltsreinigung abzugrenzendes Fachlos. Die vom Antragsgegner genannten Gründe rechtfertigten kein Absehen von einer Fachlosvergabe gemäß § 97 Abs. 3 GWB S. 2 GWB, § 2 Abs. 2 S. 3 EG VOL/A. Schnittstellenprobleme seien ebenso wie ein erhöhter Koordinierungs- und Gewährleistungsaufwand hinzunehmen.

Der Antragsgegner ist dem Nachprüfungsantrag mit den Einwänden entgegen getreten: Es sei zweifelhaft, ob die Glasreinigung überhaupt ein Fachlos darstelle. Jedenfalls habe er mit der Bildung von vier Teillosen den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum bei der Losaufteilung rechtsfehlerfrei ausgeübt und mittelständische Interessen ausreichend berücksichtigt. Dem Interesse kleinerer und mittlerer Unternehmen an einer Teilnahme an der Ausschreibung sei durch Aufteilung in vier Gebietslose hinreichend Rechnung getragen worden. Da die Glasreinigung in den Sommerferien auszuführen sei, begünstige eine separate Vergabe zudem große Unternehmen. Nur diese verfügten über einen Personalstamm, der eine Reinigung der gesamten Glasflächen in dem zur Verfügung stehenden knappen Zeitraum bewältigen könne. Zudem sei eine gesonderte Ausschreibung der Glasreinigung unzweckmäßig und unwirtschaftlich. Der Koordinierungsaufwand sei unzumutbar. Etwaige Probleme (durch Reinigungsmittel verursachte Schäden im Innenbereich) könnten nicht mehr bestimmten Verursachern eindeutig zugeordnet werden, so dass die Beseitigung von Mängeln und Schäden letztlich durch den Antragsgegner erfolgen müsse.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Die Vorschriften der § 97 Abs. 3 S. 1 GWB, § 2 Abs. 2 EG VOL/A seien nicht verletzt. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner durch die Bildung von vier Teillosen gerade kleineren und mittleren Unternehmen eine gute Ausgangsposition habe einräumen wollen. Auch der relativ geringe Anteil der Glasreinigung rechtfertige einen Verzicht auf eine Fachlosvergabe aus wirtschaftlichen Gründen.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Verfahren vor der Vergabekammer weiterhin geltend, es handele sich bei der Glasreinigung aufgrund der Marktverhältnisse um ein gesondertes Fachlos, was sie näher erläutert. Die vorgetragenen Gründe der Antragsgegnerin für ein Absehen von einer Fachlosvergabe überzeugten nicht. Es handele sich bei Bildung eines Fachloses für Glasreinigungen auch nicht um ein Splitterlos.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln vom 20. Mai 2011 (VK VOL 1/11) aufzuheben, die Ausschreibung des Vergabeverfahrens Gebäudeinnenreinigung, Unterhalts- und Glasreinigung in Objekten des Rhein-Sieg-Kreises, veröffentlicht im Supplement zum Amtsblatt der europäischen Union vom 30. November 2010 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, die Neuausschreibung dieses Vergabeverfahrens unter Bildung von zumindest einem Fachlos für Glasreinigung vorzunehmen.

Der Antragsgegner beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Der angefochtene Beschluss sei bereits deswegen rechtmäßig, weil die Glasreinigung kein...

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