Leitsatz (amtlich)
1. Im Verfahren auf Ermächtigung einer Aktionärsminderheit zur Einberufung einer Hauptverhandlung tritt eine Erledigung erst dann ein, wenn die Hauptversammlung entsprechend dem Verlangen gesetzes- und satzungsgemäß einberufen und durchgeführt worden ist (Anschluss an BGH NJW-RR 2012, 997).
2. Das Regelinsolvenzverfahren lässt die Kompetenzen der Gesellschaftsorgane im gesellschaftsinternen Insolvenzschuldnerbereich (hier der Hauptversammlung der AG, die Mitglieder des Aufsichtsrats zu wählen) unberührt ("insolvenzneutraler Schuldnerbereich").
3. Das Ermächtigungsverfahren nach § 122 AktG wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht unterbrochen.
4. Bei der Bestimmung eines Versammlungsleiters nach § 122 Abs. 3 Satz 1 AktG hat das Gericht das Auswahlermessen selbst auszuüben und darf dieses nicht einem Dritten übertragen.
Normenkette
AktG § 122 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 122 S. 2, § 122 Abs. 4; InsO § 276a
Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Beschluss vom 18.01.2013; Aktenzeichen HRB 59587) |
Tenor
Auf die Beschwerden des Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 2) wird - in teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses - Notar K. P. W., Frankfurt/M., zum Versammlungsleiter bestimmt.
Die - weiter gehende - Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 2) trägt ¾ der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 4.000 EUR
- davon 1.000 EUR für die Beschwerden gegen die Bestellung eines von der Rheinischen Notarkammer zu bennenden Versammlungsleiters
- und 3.000 EUR für die - weiter gehende - Beschwerde der Beteiligten zu 2)
Gründe
I. Die Beteiligte zu 2) verfügt über ein Grundkapital von 10.708.650 EUR.
Der Aufsichtsrat besteht nach § 9 Abs. 1 des Satzung aus drei Personen. Der Beteiligte zu 1) ist als Inhaber von 745.000 Stückaktien mit 745.000 EUR am Grundkapital der Gesellschaft beteiligt.
Unter dem 5.9.2012 ist für die Gesellschaft ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden. Mit Schreiben vom 24.10.2012 hat der Beteiligte zu 1) vergeblich den Vorstand der Gesellschaft um Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung ersucht.
Am 1.11.2012 hat der Beteiligte zu 1) gem. § 122 Abs. 3 AktG die gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung mit den Tagesordnungspunkten "Abwahl des bestehenden Aufsichtsrates (Dr. E. L. D., U. S. und G. P.)" und "Wahl von H. -H. D., F. P. und T. M. zu neuen Aufsichtsräten der Gesellschaft" beantragt und angeregt, G. G. zum Vorsitzenden der Hauptversammlung zu bestellen. Er hat vorgebracht, es sei höchst fraglich, ob die Organe der Beteiligten zu 2) überhaupt beabsichtigten, in absehbarer Zeit eine Hauptverhandlung einzuberufen, das verstoße gegen § 175 AktG. Auf der ordentlichen Hauptversammlung vom 16.5.2011 habe der Vorstand noch mitgeteilt, dass die Beteiligte zu 2) über Cash und Cash-Äquivalente i.H.v. 16,5 Mio EUR verfüge und insgesamt über ein Vermögen von 28,5 Mio EUR. Da es dennoch zu einem Insolvenzverfahren gekommen sei, sei nicht auszuschließen, dass es zu Vermögensverschiebungen zu Lasten von Gläubigern und Aktionären gekommen sei.
Zur Neubesetzung der Organe, zur Aufklärung der genannten Vorgänge und zur Prüfung etwaiger Schadensersatzansprüche sei die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung und die Benennung eines Versammlungsleiters unerlässlich, der nicht im Lager der bisherigen Organmitglieder stehe, zumal der Aufsichtsrat nach Darstellung des Vorstands seiner Pflicht, Bericht zum Jahresabschluss zu erstatten, nicht nachgekommen sei.
Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten.
Sie hat geltend gemacht, durch das Insolvenzverfahren sei das vorliegende Verfahren entsprechend § 240 ZPO unterbrochen worden.
Der Vorstand sei auf Grund des durch Beschluss des AG vom 24.9.2012 auferlegten allgemeinen Verfügungsgebots nach 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 InsO ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters nicht berechtigt, eine Hauptversammlung einzuberufen, da die Gesellschaft gem. § 122 Abs. 4 AktG die dadurch versursachten Kosten zu tragen habe, so dass die Insolvenzmasse betroffen sei.
Es fehle auch an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse des Beteiligten zu 1) an der Einberufung einer Hauptversammlung, da dieser sein Ziel - Prüfung etwaiger Schadensersatzsansprüche gegen die bisherigen Mitglieder des Aufsichtsrates - nicht erreichen könne, da die Prüfung allein dem Insolvenzverwalter obliege. Zudem fehle es an substantiiertem Vortrag dazu, warum der Aufsichtsratsvorsitzende nicht dazu in der Lage sei, die Versammlung unparteiisch zu leiten.
Am 10.12.2012 ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter teilte dem Beteiligten zu 1) mit Schreiben vom 20.12.2012 mit, die alleinige Zuständigkeit für alle vermögensrechtlichen Positionen und auch für die Geltendmachung evtl. Schadensersatzansprüche gegen die Organe der Beteiligten zu 2) liege - nun - bei ihm, für die Durchführung einer Hauptversammlung sei er nicht z...