Leitsatz (amtlich)

1. Gegenüber einem Interessenten obliegen dem Verkäufer eines Hausgrundstücks vorvertragliche Schutz- und Verkehrssicherungspflichten gem. § 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, welche inhaltlich mit einer Verkehrssicherungspflicht gem. § 823 Abs. 1 BGB korrespondieren.

2. Ein Verkäufer muss nicht damit rechnen, dass ein Interessent unaufgefordert einen erkennbar provisorischen und nicht Wohnzwecken dienenden Bereich betritt, weshalb er für dort befindliche etwaige Gefahrenquellen nicht verkehrssicherungspflichtig ist. Kommt es in Fällen, in denen keine Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders entfernt liegenden Umständen zu befürchten ist, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte diesen selbst tragen. Er hat ein "Unglück" erlitten und kann dem Schädiger kein "Unrecht" vorhalten.

3. Zu den Anforderungen an ein Gebäudeteil gem. § 836 Abs. 1 BGB.

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 1 O 27/17)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der auf den 1. Oktober 2019 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 14.559,- festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).

Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Vielmehr hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Im Jahr 2016 beabsichtigte der Beklagte, sein mit einer Doppelhaushälfte bebautes Grundstück ... in M. zu verkaufen. Da er selbst erkrankt ist, beauftragte er eine Maklerin, die Zeugin B.. Darüber hinaus bat er seinen Nachbarn, den Zeugen K., zum Zwecke der Besichtigungen das Haus jeweils aufzuschließen. Am 29. Juli 2016 besichtigte der Kläger, ein selbständiger Versicherungsvertreter, in Begleitung seiner Lebensgefährtin, der Zeugin H., das Hausgrundstück. Gemeinsam gingen sie in Begleitung der Zeugin B. und des Zeugen K. durch das Souterrain und die Räume im Erdgeschoss. Der Zeuge K. wies darauf hin, dass sich auf dem Dachboden eine Ausbaureserve für ein Büro befände. Diese wünschte der Kläger zu sehen, während die Zeuginnen B. und H. sich wieder ins Souterrain begaben. Die Öffnung zum Dachboden hat eine Größe von etwa 0,6 m × 1,5 m, war aber außerhalb des Einstiegsbereichs der Leiter, so das Vorbringen des Beklagten, mit einer Spanplatte abgedeckt. Der Zeuge K. erklomm über eine Leiter den Dachboden, welche lediglich bis zur Laibung der Dachluken reichte (siehe Lichtbilder GA 42 und 46). Er begab sich sodann in den Raum hinein, um an den am Boden befindlichen Lichtschalter zu gelangen. Auf dem Dachboden befanden sich lose Kabel, Bretter und Dachlatten, der Kläger will dort auch herausragende Nägel gesehen haben. Der Kläger, der direkt dem Zeugen K. nachfolgte und ohne von diesem hierzu aufgefordert worden zu sein, auf den Dachboden geklettert war, stürzte durch die außerhalb des Einstiegsbereichs der Leiter vorhandene Öffnung und fiel in den darunter befindlichen Raum.

Durch den Sturz hat sich der Kläger die rechte Schulter ausgekugelt und Prellungen zugezogen. Bis zum 30. November 2016 war er krankgeschrieben, wobei zwischen den Parteien im Streit steht, ob die Krankschreibung Folge des Unfalls war.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, dessen Höhe er mit mindestens EUR 9.000,00 angegeben hat und verlangt Ersatz - vom Beklagten bestrittener - materieller Aufwendungen iHv EUR 5.559,48 nebst Zinsen sowie die Zahlung vorgerichtlicher Kosten iHv EUR 1.029,35. Des Weiteren verfolgte er in 1. Instanz noch ein Feststellungsantrag, der nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens wurde.

Das Landgericht hat mit seinem am 9. Oktober 2018 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen, worauf verwiesen wird (GA 101-114). Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner zulässigen Berufung.

2. Dem Kläger stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zu. Es fehlt bereits an einer kausalen Schutz- und Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten, an welche sowohl eine vorvertragliche Haftung gem. §§ 280...

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