Leitsatz (amtlich)
1. Eine Beratungsauflage gemäß § 156 Abs. 1 S. 4 FamFG darf nur als Zwischenentscheidung in einem anhängig bleibenden Kindschaftsverfahren ergehen, nicht aber als instanzabschließende Endentscheidung im Sinne des § 58 Abs. 1 FamFG.
2. § 1684 BGB ist keine hinreichende Rechtsgrundlage für den Erlass einer Beratungsauflage.
3. Als Kinderschutzmaßnahme gemäß § 1666 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BGB ist eine Beratungsauflage nur dann gerechtfertigt, wenn sie zur Abwendung einer konkreten Kindeswohlgefährdung erforderlich ist. Bei einer den Umgang des Kindes betreffenden Gefährdungslage ist der Erlass einer vollstreckbaren Umgangsregelung gemäß § 1684 BGB als gegenüber einem Sorgerechtseingriff milderes Mittel vorrangig.
Normenkette
BGB § 1666 I, § 1666 III, § 1684; FamFG § 58 I, § 156 I 4
Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 272 F 45/19) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Düsseldorf vom 09.10.2019 aufgehoben, soweit der Kindesmutter die Auflage erteilt worden ist, sich binnen eines Monats für den nächsten beginnenden Kurs "Kinder im Blick" des Kinderschutzbundes D. anzumelden und diesen Kurs zu besuchen und hierüber dem Gericht nach Beendigung des Kurses eine Teilnahmebestätigung zu übersenden bzw. einen Abbruch des Kurses unaufgefordert mitzuteilen.
Gerichtskosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
II. Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Das Kind D. ist aus der nichtehelichen Verbindung der Kindeseltern hervorgegangen. Diese haben zu keinem Zeitpunkt eine Lebensgemeinschaft unterhalten. Betreut und versorgt wird das Mädchen von der Kindesmutter, die mit ihrem Lebensgefährten zwei Kinder hat und mit diesem, mit D. und den aus der Beziehung mit dem Lebensgefährten hervorgegangenen Kindern zusammenlebt. Der Kindesvater hat bislang nur sporadisch Umgang mit seiner Tochter gehabt. Ein von ihm im Dezember 2014 initiiertes Umgangsverfahren endete nach vor dem Amtsgericht geschlossener Elternvereinbarung vom 15.01.2015, mit der sich die Kindeseltern auf begleiteten Umgang des Kindesvaters mit dem Kind einigten und sich wechselseitig verpflichteten, beim Kinderschutzbund begleiteten Umgang anzumelden. In der Folge sind jedoch keine Umgangskontakte durchgeführt worden.
Das Amtsgericht hat in dem hiesigen, vom Kindesvater im März 2019 eingeleiteten Umgangsverfahren mit dem angefochtenen Beschluss vom 09.10.2019 den Umgang des Kindesvaters mit D. für die Dauer von sechs Monaten ausgeschlossen, der Kindesmutter die Auflage erteilt, sich binnen eines Monats für den nächsten beginnenden Kurs "Kinder im Blick" des Kinderschutzbundes D. anzumelden und diesen Kurs zu besuchen und hierüber dem Gericht nach Beendigung des Kurses eine Teilnahmebestätigung zu übersenden bzw. einen Abbruch des Kurses unaufgefordert mitzuteilen, sowie die Kindesmutter verpflichtet, an das Kind gerichtete Briefe des Kindesvaters mit dem Kind zu besprechen und Geschenke des Kindesvaters für das Kind an dieses weiterzuleiten. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Umgangsausschluss sei erforderlich, weil sich D. in einem massiven Loyalitätskonflikt befinde, würde aus ihrer subjektiven Sicht doch schon die Bekundung eines Interesses am Kindesvater die Kindesmutter verletzen oder kränken. Zugleich sehe das Kind die jetzige familiäre Situation durch den Kindesvater bedroht. Sie sei nicht in der Lage zu begreifen, dass die Beziehung zu ihrem Stiefvater durch die Aufnahme von Kontakten mit dem Kindesvater nicht gefährdet wäre. Demzufolge setze die Wiederaufnahme von Umgangskontakten mit dem Kindesvater voraus, dass die Kindesmutter ihre ablehnende Haltung diesem gegenüber überdenke und ihrer Tochter vermittle, dass sie auf den Kindesvater neugierig sein und sie diesen kennenlernen dürfe. Es könne auch kein begleiteter Umgang angeordnet werden. Denn abgesehen von der vehementen Ablehnung seitens der Kindesmutter könne kein ausreichend verlässliches und konstantes Verhalten des Kindesvaters festgestellt werden. Der Kindesvater habe nicht nachvollziehbar begründen können, weshalb er nach so vielen Jahren den Antrag gestellt habe. Die auf die Kursteilnahme bezogene Auflage sei der Kindesmutter zu erteilen, damit ihr Verhalten nicht zukünftige weitere Umgangsversuche von vornherein aussichtslos mache. Sollte die Kindesmutter die Auflagen nicht befolgen, müsse sie mit der Einleitung eines Sorgerechtsverfahrens rechnen.
Die Kindesmutter begehrt mit ihrer Beschwerde die Aufhebung der die Teilnahme am Kurs "Kinder im Blick" des Kinderschutzbundes und die diesbezügliche Übersendung einer Teilnahmebestätigung bzw. Mitteilung über einen Kursabbruch betreffende Auflage des Amtsgerichts. Sie macht geltend, hierfür bestehe keine rechtliche Grundlage, weil keine Kindeswohlgefährdung vorliege und unzulässig in ihre, der Kindesmutter, Persönlichkeitsrechte eingegriffen werde.
Der Kindesvater tritt der Beschwerde entgegen ...