Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung: Einigungsgebühr im isolierten Sorgerechtsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Auch in einem Sorgerechtsverfahren kann eine Einigungsgebühr nach RVG VV-Nr. 1000 entstehen.
Normenkette
RVG VV Nr. 1000
Verfahrensgang
AG Mönchengladbach (Beschluss vom 12.03.2009; Aktenzeichen 25 F 63/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 23.3.2009 wird der Beschluss des AG Mönchengladbach - Familiengericht - vom 12.3.2009 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Erinnerung des Antragstellers vom 20.2.2009 wird der Beschluss des AG Mönchengladbach - Rechtspflegerin - vom 13.2.2009 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die dem Antragsteller aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf 810,99 EUR festgesetzt.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das am 24.3.2009 bei Gericht eingegangene Rechtsmittel des Antragstellers (Bl. 22 PKH-Heft) gegen den Beschluss des AG Mönchengladbach - Familiengericht - vom 12.3.2009 (Bl. 18 f. PKH-Heft) ist als Beschwerde gem. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Familiengericht die Erinnerung des Antragstellers gegen die Absetzung der beantragten Einigungsgebühren im Festsetzungsbeschluss vom 13.2.2009 (Bl. 10 PKH-Heft) zurückgewiesen. Eine Einigungsgebühr nach RVG VV-Nr. 1000 ist angefallen und antragsgemäß festzusetzen.
Die Einigungsgebühr entsteht "für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird". Ein solcher "Vertrag" ist vorliegend in der Sitzung vom 18.8.2008 (Bl. 83 ff. GA) geschlossen worden. Sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin des Sorgerechtsverfahrens hatten ursprünglich begehrt, die elterliche Sorge jeweils auf sich allein zu übertragen und den Antrag der Gegenpartei zurückzuweisen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.8.2008 haben die Beteiligten nach Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie der Anhörung der Vertreterin des Jugendamtes und der Verfahrenspflegerin einen "Vergleich" geschlossen, wonach es u.a. beim gemeinsamen Sorgerecht verbleiben sollte (Bl. 85 GA). Sie haben sich damit auf die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts geeinigt und den bis dato andauernden Streit über die Übertragung des alleinigen Sorgerechts beendet. Durch die Protokollierung des "Vergleichs" steht fest, dass eine Einigung zustande gekommen ist. Von der Mitwirkung des Antragstellers als in der Sitzung anwesender Verfahrensbevollmächtigter der antragstellenden Partei ist auszugehen.
Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors und ihm folgend des angefochtenen Beschlusses steht der Annahme einer Einigungsgebühr nicht entgegen, dass das "elterliche Sorgerecht" nicht der Disposition der Parteien unterliegt. Zwar hat die frühere Rechtsprechung zur elterlichen Sorge teilweise die Entstehung einer Vergleichsgebühr abgelehnt, weil das Gericht bei seiner Entscheidung nicht an eine Einigung der Beteiligten gebunden war. Diese Rechtsprechung ist aber durch die Neufassung des § 1671 BGB überholt, der in Abs. 2 Nr. 1 ausdrücklich bestimmt, dass dem Antrag grundsätzlich stattzugeben ist, wenn der andere Elternteil zustimmt (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., VV 1000 Rz. 66). Zudem folgt die Möglichkeit eines "Vergleichs" auch aus § 48 Abs. 3 RVG, der ausdrücklich einen Vertrag im Sinne der RVG VV-Nr. 1000 über die Sorge für ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind aufführt. Diese Umstände rechtfertigen nach nunmehr herrschender Auffassung, der sich auch der Senat anschießt, die Annahme, dass auch in isolierten Sorgerechtsverfahren eine Einigungsgebühr anfallen kann (so auch OLG Celle OLGReport Celle 2009, 162; OLG Braunschweig OLGReport Braunschweig 2009, 52; OLG Dresden OLGReport Dresden 2008, 381; OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2008, 120; OLG Zweibrücken OLGReport Zweibrücken 2006, 936).
Der vom Bezirksrevisor zitierten Beschluss des OLG Düsseldorf vom 5.6.2007 - 3 WF 33/07, führt zu keinem anderen Ergebnis. Darin wird eine Einigungsgebühr abgelehnt mit der Begründung, dass der Anfall einer Einigungsgebühr nach BGH JurBüro 2006, 360 (Beschl. v. 28.3.2006 - VIII ZB 29/05) die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 ZPO voraussetze, der aber in Sorgerechtssachen mangels Dispositionsbefugnis der Parteien nicht möglich sei. Die Rechtsprechung des BGH zum Protokollierungserfordernis ist jedoch überholt. Die Einigungsgebühr soll im Gegensatz zur Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO jegliche vertragliche Beilegung eines Streits honorieren und dadurch einen Anreiz schaffen, diesen Weg der Erledigung eines Rechtsstreits zu beschreiten. Unter der Geltung des RVG kommt es deswegen nicht mehr auf einen Vergleich i.S.v. § 779 BGB, sondern nur noch auf eine Einigung der Parteien an. Für die Festsetzbarkeit der Einigungsgebühr reicht die Glaubhaftmachun...