Leitsatz (amtlich)

1. Widerspricht der Streitverkünder einem Beitritt auf Seiten des Prozessgegners, ist über den Beitritt nach den Voraussetzungen der Nebenintervention zu entscheiden.

2. Zum rechtlichen Interesse eines Rechtsanwalts, als Nebenintervenient dem Regressprozess der von ihm im Zusammenhang mit einem Erstprozess vorprozessual und zweitinstanzlich vertretenen Mandantin gegen den früheren erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beizutreten (hier verneint).

 

Normenkette

ZPO §§ 66, 71

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 07.12.2006; Aktenzeichen 11 O 599/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin gegen das Zwischenurteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - vom 7.12.2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Nebenintervenientin.

Beschwerdewert: 89.200 EUR.

 

Gründe

I. Die klagende Rechtsanwältin macht aus abgetretenem Recht einer ehemaligen, inzwischen vermögenslosen Mandantin (im Folgenden: Zedentin) Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten wegen fehlerhafter vorprozessualer Beratung und Prozessführung geltend. Die Abtretung dient der Sicherung von Honorarforderungen der Klägerin.

Die Erstbeklagte hatte für die Zedentin einen Dienstvertrag mit der späteren Prozessgegnerin entworfen, über den es zum Rechtsstreit kam (3 O 335/03 LG Krefeld). In diesem Verfahren war die Erstbeklagte erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Zedentin. Nachdem die Klage der Zedentin abgewiesen worden war, riet der die Sache bearbeitende Zweitbeklagte zur Berufung gegen das Urteil. Diese wurde von der Nebenintervenientin eingelegt. Zugleich verkündete diese der Erstbeklagten den Streit, die daraufhin ihren Beitritt erklärte. Durch Urteil vom 16.3.2005 wies der 15. Zivilsenat des OLG die Berufung der Zedentin zurück (I-15 U 84/04).

Im vorliegenden Rechtsstreit verkündeten die Beklagten der Nebenintervenientin im Hinblick auf die Prozessvertretung in der zweiten Instanz des Vorprozesses den Streit. Daraufhin trat die Nebenintervenientin der Klägerin als Streithelfer bei, wobei sie sich nunmehr ihrerseits von der Klägerin vertreten ließ. Dem Beitritt haben die Beklagten widersprochen.

Durch das angefochtene Zwischenurteil hat das LG die Nebenintervention nicht zugelassen, weil der Nebenintervenientin ein rechtliches Interesse am Beitritt fehle. Dagegen hat die Nebenintervenientin Berufung eingelegt. Sie lässt sich nunmehr durch ein ehemaliges Sozietätsmitglied vertreten. Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die gem. §§ 71 Abs. 2, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO als sofortige Beschwerde geltende Berufung der Nebenintervenientin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht haben die Beklagten dem Beitritt der Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin widersprochen.

1. Der Antrag der Beklagten gegen den Beitritt der Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin ist gem. § 71 Abs. 1 ZPO statthaft. Denn die Streitverkündung bezweckt allein den Beitritt auf Seiten des Streitverkünders. Will der Streitverkündungsempfänger - wie hier - dem Gegner beitreten, so steht dem Streitverkünder ein Widerspruchsrecht zu (Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl., § 71 Rz. 1; Musielak/Weth, ZPO, 5. Aufl., § 71 Rz. 2; MüKo/Schilken, ZPO, 2. Aufl., § 71 Rz. 3; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl., Rz. 4)

2. Der Widerspruch der Beklagten ist begründet.

a) Der Nebenintervenientin fehlt das rechtliche Interesse an einem Beitritt zu dem vorliegenden Rechtsstreit. Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, ist der Nebenintervenient, falls eine Partei die Zurückweisung der Nebenintervention beantragt, zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht (§ 71 Abs. 1 ZPO). Unter Interesse ist das "rechtliche Interesse" i.S.v. § 66 Abs. 1 ZPO zu verstehen. Dieses muss am Obsiegen derjenigen Partei bestehen, der der Nebenintervenient beitreten möchte. Tritt er dem Streitverkünder bei, folgt das Interesse allein aus der Tatsache der Streitverkündung, weil diese allein, ohne dass es noch auf einen Beitritt ankäme, gem. § 74 Abs. 3 ZPO die Bindungswirkungen des § 68 ZPO auslöst (Musielak, a.a.O., § 74 Rz. 4).

b) Anders liegen die Dinge jedoch, wenn der Nebenintervenient dem Gegner des Streitverkünders beitreten will. Dann muss der Nebenintervenient ein rechtliches Interesse daran haben, dass die Hauptpartei, der er beitreten will, obsiegt ("Interventionsgrund"). Ein rechtliches Interesse des Dritten ist zu bejahen, wenn die Entscheidung des Hauptprozesses durch Inhalt oder Vollstreckung mittelbar oder unmittelbar auf seine privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Verhältnisse rechtlich einwirkt (Musielak/Weth, a.a.O., § 66 Rz. 6, Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 66 Rz. 8; MüKo/Schilken § 66 Rz. 7; vgl. auch RGZ 111, 236, 238). Das rechtliche Interesse fehlt, wenn die Ansprüche gegen den Nebenintervenienten vom Ausgang des Hauptprozesses unabhängig sind; es liegt allerdings auch dann vor, wenn das Unterliegen der Hauptpartei dem Nebenintervenientin keinen Nachteil, der Sieg aber einen ...

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