Tenor
1. Die mitunterzeichnende Einzelrichterin überträgt die Sache dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern.
2. Der Antrag wird als unbegründet abgelehnt.
Gründe
Der Antragsteller hat den Angeklagten im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Grevenbroich aufgrund gerichtlicher Beiordnung vom 8. Juli 2004 als Pflichtverteidiger vertreten. Durch – nicht rechtskräftiges – Urteil vom 28. September 2004 ist gegen den Angeklagten wegen zweifachen Betruges eine achtmonatige Gesamtfreiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung verhängt worden. Der Antragsteller ersucht um Bewilligung einer Pauschgebühr für die erste Instanz.
1.
Die gemäß §§ 51 Abs. 2 S. 4, 42 Abs. 3 S. 1 RVG originär zuständige Einzelrichterin überträgt die Sache dem mit drei Richtern besetzten Senat, da dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§ 42 Abs. 3 S. 2 RVG).
2.
Der Antrag ist abzulehnen, da ein etwaiger Anspruch des Antragstellers auf Bewilligung einer Pauschgebühr (§ 51 RVG) derzeit – mangels rechtskräftigen Verfahrensabschlusses – nicht fällig ist.
Fehlt es – wie hier – an einer Beendigung der Pflichtverteidigertätigkeit infolge Rücknahme der Beiordnung im noch laufenden Verfahren, so ist für den Anwendungsbereich des § 51 RVG – ebenso wie schon bei § 99 BRAGO – umstritten, ob der Anspruch auf Festsetzung einer Pauschgebühr bereits nach Beendigung der jeweiligen Instanz (vgl. § 8 RVG, früher § 16 BRAGO; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 51 RVG Rdn. 38; Gerold/Schmidt-Madert, RVG, 16. Aufl., § 51 Rdn. 64; Burhoff, RVG, 2004, § 51 Rdn. 43; Hartung/Römermann, RVG, 2004, § 51 Rdn. 61-63) oder erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens (so Göttlich/Mümmler, RVG, 1. Aufl., S. 693) fällig wird. Der Senat hat zu § 99 BRAGO bislang die Ansicht vertreten, dass die Entscheidung über die Bewilligung einer Pauschgebühr erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens erfolgen kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 3. Februar 1993 – 3(s) BRAGO 213/92 und in MDR 1991, 1000, 1001; OLG Hamm JurBüro 1984, 1843 und StrafFo 1996, 158; OLG Bamberg JurBüro 1990, 1282).
Diese Rechtsprechung ist auch für den Anwendungsbereich des § 51 RVG beizubehalten, der sich von § 99 BRAGO insoweit nicht unterscheidet, als er die Bewilligung von Pauschgebühren „für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte” vorsieht. Der Umstand, dass die gesetzliche Neuregelung nunmehr ausdrücklich eine auf einzelne Verfahrensabschnitte beschränkte Pauschgebührenfestsetzung ermöglicht (vgl. § 51 Abs. 1 S. 3 RVG), ändert nichts an der nach wie vor grundlegenden Bedeutung, die der auf das ganze Verfahren bezogenen Gesamtschau zukommt. Die Frage, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung überhaupt vorliegen und ob sich der festzusetzende Betrag in einer Erhöhung der gesetzlichen Gebühren für einzelne Verfahrensabschnitte erschöpft, lässt sich regelmäßig erst nach rechtskräftigem Abschluss des Gesamtverfahrens zuverlässig beurteilen. So mag es Fälle geben, in denen die Tätigkeit des Pflichtverteidigers für einzelne Verfahrensabschnitte bei isolierter Betrachtung jeweils nur leicht überdurchschnittlichen Charakter trägt und erst im Rahmen der nach wie vor gebotenen Gesamtbetrachtung als „besonders” umfangreich oder schwierig im Sinne von § 51 Abs. 1 S. 1 RVG erscheint. Angesichts dieser Erwägungen ist es sachgerecht, für die Fälligkeit des Anspruchs auf Bewilligung einer Pauschgebühr auch im Anwendungsbereich des § 51 RVG an den rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens anzuknüpfen, sofern die Tätigkeit des Pflichtverteidigers nicht bereits vorher infolge Entpflichtung endgültig beendet wurde.
Die Voraussetzungen für die Gewährung eines angemessenen Vorschusses gemäß § 51 Abs. 1 S. 5 RVG sind nicht gegeben. Weder die bisherige Verfahrensdauer noch die Höhe einer im Bewilligungsfall voraussichtlich zu erwartenden Pauschgebühr machen es für den Antragsteller unzumutbar, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten.
Fundstellen
Haufe-Index 1530423 |
JurBüro 2006, 315 |
AGS 2007, 75 |