Leitsatz (amtlich)
1. Der Vollstreckbarerklärung eines auf Zahlung lautenden Entscheids eines Kantonsgerichts der Schweizerischen Eidgenossenschaft (aus September 2018) unter der Regie des LugÜ steht die Unwirksamkeit des im Juni/Juli 2018 unternommenen Zustellversuchs des verfahrenseinleitenden Schriftstücks in Deutschland nicht entgegen, wenn eine Ersatzzustellung in der Wohnung des Antragsgegners gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO oder durch Einlegen in den Briefkasten gemäß § 180 ZPO nicht möglich war (Name des Adressaten nicht auf dem Klingelschild verzeichnet; Haustürbriefkasten nicht in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet), sofern - wie hier - nichts gegen das Einlegen der Mitteilung gemäß § 181 ZPO in den in der Haustür angebrachten Briefkasten entsprechend der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Handhabung spricht.
2. Der Antragsgegner kann sich im Exequaturverfahren auf die seine Verteidigungsmöglichkeiten beschränkende Ineffektivität der fiktiven (öffentlichen) Zustellung ("Weil die Übergabe des Schriftstücks und Einlegung in einen Briefkasten nicht möglich war, wurde das Schriftstück bei der hierfür bestimmten Stelle (Postcon-Depot ...) niedergelegt. Die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung wurde durch Einwurf in den Briefkasten abgegeben.") nicht berufen, wenn er, auch ohne dass ihm Mutwilligkeit vorzuwerfen ist, das Scheitern der Ersatzzustellung gemäß § 181 ZPO unter wertender Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und Abwägung zwischen den maßgeblichen schützenswerten Interessen der Parteien (hier: durch unzureichende Beschriftung seiner Klingel) vorwerfbar mitverursacht hat.
Normenkette
AVAG § 55 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; LugÜ Art. 34 Nr. 2, Art. 35, 43 Abs. 1-2, 5 S. 1, Art. 44, 45 Abs. 1-2, Art. 63 Abs. 1; ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 1, §§ 180-181
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 22 O 130/18) |
Tenor
Das Rechtsmittel des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 31. Januar 2019 wird mit der Maßgabe kostenpflichtig zurückgewiesen, dass der mit der Vollstreckungsklausel zu versehene Tenor lautet:
Der Beklagte (Antragsgegner) wird verpflichtet, der Klägerin (Antragstellerin) CHF 27.955,73 nebst Zins zu 5 % seit dem 29. Mai 2018 zu bezahlen.
Gründe
I. Die Antragstellerin führte vor dem Kantonsgericht des Kantons Zug der Schweizerischen Eidgenossenschaft einen Rechtsstreit gegen den Antragsgegner. Im Juni/Juli 2018 wurde im Wege der Rechtshilfe die Zustellung der Prozessunterlagen unter der Wohnanschrift des Antragsgegners, ..., durch eine Rechtspflegerin des Amtsgerichts Düsseldorf versucht. Auf dem Zustellungszeugnis ist Folgendes vermerkt:
"Weil die Übergabe des Schriftstücks und Einlegung in einen Briefkasten nicht möglich war, wurde das Schriftstück bei der hierfür bestimmten Stelle (Postcon-Depot ...) niedergelegt. Die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung wurde durch Einwurf in den Briefkasten abgegeben."
Nachdem Anfragen bei den Einwohnermeldeämtern jeweils nur die bekannte Anschrift ... ergaben, publizierte das Kantonsgericht die Aufforderung zur Klageantwort im Amtsblatt.
Mit Entscheid des Kantonsgerichts des Kantons Zug der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 12. September 2018, Aktenzeichen: EV 2018 114 wurde der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin CHF 27.955,73 nebst Zins zu 5 % seit dem 29. Mai 2018 zu zahlen.
Mit Beschluss vom 31. Januar 2019 hat das Landgericht Düsseldorf angeordnet, der Entscheid des Kantonsgerichts des Kantons Zug vom 12. September 2018, Aktenzeichen: EV 2018 114, sei mit folgendem Tenor für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit der Vollstreckungsklausel zu versehen:
"Der Beklagte (Antragsgegner) wird verpflichtet, der Klägerin (Antragstellerin) CHF 27.955,73 EUR nebst Zins zu 5 % seit dem 29. Mai 2018 zu bezahlen."
Gegen diesen ihm am 12. September 2019 zugestellten Beschluss richtet sich die am 14. Oktober 2019 bei Gericht eingegangene Beschwerde des Antragsgegners. Zu deren Begründung führt er an, zu keiner Zeit seien ihm verfahrenseinleitende Schriftstücke zugestellt worden. Eine schriftliche Mitteilung über die Niederlegung habe er nicht erhalten. Er habe erstmals durch den angefochtenen Beschluss vom konkreten Gegenstand des Verfahrens in der Schweiz erfahren. Es erscheine lebensfremd und widersprüchlich, dass die Verfügung des Kantonsgerichts nicht in den Briefkasten habe eingelegt werden können, wohl aber die Mitteilung über die Niederlegung. Der Zustellungsversuch in Deutschland sei unwirksam gewesen. Eine Ersatzzustellung durch Niederlegung bei der Post (§ 181 Abs. 1 S. 2 ZPO) sei unwirksam, wenn die Mitteilung über die Niederlegung in den Briefkasten eingeworfen werde, weil stattdessen das zuzustellende Schriftstück selbst in den Briefkasten eingelegt werden müsse (§ 180 S. 1 ZPO). Denn die Ersatzzustellung durch Niederlegung setze voraus, dass die Einlegung in den Briefkasten unmöglich sei.
Die Antragstellerin tritt dem Rechtsmittel entgegen. Sie trägt vor, eine Inaug...