Entscheidungsstichwort (Thema)
Titel III des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 - Lugano-Übereinkommen - LugÜ - sowie für Deutschland erlassenes Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG); LugÜ Art. 54, 58, 63 Abs. 1; BGB § 138
Leitsatz (amtlich)
Zu den - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen eines der Vollstreckbarkeit des Zinsausspruchs in Höhe von 18% im Entscheid eines schweizerischen Kantonsgerichts entgegenstehen Versagungsgrundes des Verstoßes gegen den deutschen ordre public (Art. 34 Nr. 1 LugÜ) aus dem Gesichtspunkt einer Zuwiderhandlung gegen "die guten Sitten" bzw. des Wuchers (§ 138 Abs. 1, 2 BGB)
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 22 O 50/18) |
Tenor
Das Rechtsmittel des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Mai 2018 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
I. Mit Entscheid des Kantonsgerichts des Kantons A. in der Schweiz vom 29. März 2018 wurde der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin 100.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 18 % pro Jahr seit dem 07. Februar 2014 zu zahlen. Weiter wurde entschieden, dass er der Antragstellerin einen auf die Gerichtskosten geleisteten Kostenvorschuss im Umfang von CHF 6.425,- sowie Kosten eines Schlichtungsverfahrens im Umfang CHF 400,- zu ersetzen habe. Den zuerkannten Hauptsachebetrag von 100.000,- EUR hat das schweizerische Gericht gestützt auf eine Erklärung des Antragsgegners, nach schweizerischem Recht gewürdigt als kumulative Schuldübernahme (Schuldbeitritt, Schuldmitübernahme) für ein Darlehen, welches die Antragstellerin einem Dritten gewährt hatte. Den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Darlehenszinses von monatlich 3% und von Verzugszinsen von monatlich 4 % hat das schweizerische Gericht reduziert auf den in der Literatur zum schweizerischen Zivilrecht für zulässig erachteten Maximalzins von 18 % pro Jahr, entsprechend 1,5 % pro Monat.
Unter Vorlage einer Bescheinigung des Kantonsgerichts A. gemäß Art. 54 und 58 LugÜ hat die Antragstellerin mit Schrift ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 18. Mai 2018 einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Entscheids des Kantonsgerichts A. gestellt.
Mit Beschluss vom 28. Mai 2018 hat das Landgericht Düsseldorf angeordnet, dass der Entscheid des Kantonsgerichts des Kantons A. vom 29. März 2018 mit dem aus dem Entscheid ersichtlichen Tenor für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit der Vollstreckungsklausel zu versehen sei.
Gegen diesen ihm am 12. Juni 2018 zugestellten Beschluss richtet sich die am 04. Juli 2018 bei Gericht eingegangene Beschwerde des Antragsgegners. Zu deren Begründung führt er an, die Zinstenorierung sei in Deutschland nicht vollstreckbar, denn sie widerspreche dem materiell-rechtlichen ordre public, nämlich den wesentlichen Grundsätzen des materiellen deutschen Rechts. Der ursprünglich im Darlehensvertrag vereinbarte und von der Antragsgegnerin im Verfahren vor dem schweizerischen Gericht eingeklagte Zinssatz sei schon vom schweizerischen Gericht als sittenwidrig angesehen worden. Die sodann nach schweizerischem Recht vorgenommene geltungserhaltende Reduktion sei mit den Grundsätzen des deutschen Rechts nicht vereinbar. Auch der in dem Entscheid zuerkannte Zinssatz von 18 % pro Jahr sei nach deutschem Recht gemäß § 138 BGB sittenwidrig. Die über diese Vorschrift gesicherten Gerechtigkeitsvorstellungen seien auch vor ausländischen Titeln zu schützen.
Die Antragstellerin tritt dem Rechtsmittel mit der Begründung entgegen, ein Verstoß gegen den deutschen ordre public sei nicht gegeben, denn der durch die schweizerische Rechtsordnung gewährte Schutz vor Wucherzinsen bleibe nicht in nennenswerter Weise hinter den sich aus der deutschen Rechtsordnung ergebenden Anforderungen an die Wirksamkeit von Darlehenszinsen zurück. Auch in verfahrensrechtlicher Sicht stünden dem In-Anspruch-Genommenen ausreichende Verteidigungsmöglichkeiten zur Verfügung. Schließlich sei der Entscheid des Kantonsgerichts A. auch nicht durch betrügerische, strafbare oder sonst grob verfahrensfehlerhafte Machenschaften zustande gekommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, aber unbegründet.
Das vorliegende Verfahren richtet sich nach Titel III. des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (Lugano-Übereinkommen - LugÜ) sowie nach dem für Deutschland erlassenen Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG).
Nach Art. 63 Abs. 1 LugÜ sind die Vorschriften des genannten Übereinkommens auf solche Klagen anzuwenden, die erhoben oder aufgenommen sind, nachdem das Abkommen im Ursprungsstaat und, sofern die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung geltend gemacht wird, im ersuchten Staa...