Leitsatz (amtlich)
1. Der Rechtsweg zu den ArbG ist nicht eröffnet, wenn der Dienstverpflichtete nach dem von den Vertragspartnern vereinbarten und auch so praktizierten Inhalt des Dienstvertrages seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.
2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens im Zwischenstreit über den Rechtsweg ist mit einem Bruchteil des Hauptsachewerts (hier: ¼) anzunehmen.
Normenkette
GVG §§ 13, 17a
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 20.02.2008; Aktenzeichen 3 O 477/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Duisburg - Einzelrichter - vom 20.2.2008 aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Hauptsache an das LG zurückverwiesen:
Zur Entscheidung über die Klage vom 6.12.2007 ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig.
Mit Ausnahme der Gerichtskosten, die nicht erhoben werden, werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Kläger auferlegt.
Beschwerdewert: bis 5.000 EUR.
Gründe
A. Der Kläger betreibt unter der Bezeichnung "C. - Die Werbeagentur" ein Büro für Werbedienstleistungen. In der mit "Vertrag über freie Mitarbeit" überschriebenen Vereinbarung vom 6.3.2007 (künftig: Dienstvertrag, abgekürzt auch DV) in der Fassung der Zusatzvereinbarung vom 22.5.2007 (künftig: DV-Zusatz) verpflichtete er sich ggü. der erstbeklagten Kommanditgesellschaft (künftig: Beklagte), die durch die zweitbeklagte Gesellschaft mit beschränkter Haftung als deren Komplementärin vertreten wird, ab 5.3.2007 als "Berater für Suchmaschinenoptimierung" auf (zunächst) zwölf, ab Mai 2007 auf 16 Monate befristet bei einer wöchentlichen Arbeitsleistung von zunächst 20 (bis April 2007), später (ab Mai 2007) 10 Stunden (davon an einem Wochenarbeitstag maximal 3 Stunden in den Räumlichkeiten der Beklagten) gegen eine "garantierte monatliche Mindestvergütung" i.H.v. zunächst 2.800 EUR (bis April 2007), später (ab Mai 2007) 1.400 EUR (zzgl. MWSt) die näher umschriebenen Dienstleistungen zu erbringen. Die Beklagte, die das Dienstverhältnis mit Schreiben vom 16.10.2007 aus wichtigem Grund fristlos gekündigt hat, verweigert die Zahlung der vereinbarten Vergütung seit dem 14.8.2007.
Der Kläger nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Zahlung von insgesamt 6.643,18 EUR (nebst Zinsen und Kosten) in Anspruch, und zwar wegen der abgerechneten Vergütungen für die Zeit vom 14.8. bis 4.10.2007 und wegen entgangener Vergütungen für die Zeit vom 5.10. bis 30.11.2007 aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs sowie auf die Feststellung, durch die Kündigung der Beklagten vom 16.10.2007 sei das bestehende Dienstverhältnis nicht beendet worden, sondern bestehe bis zum 30.9.2008 fort.
Im vorliegenden Zwischenverfahren geht es um die Zulässigkeit des Rechtswegs. Beide Parteien haben die Auffassung vertreten, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei gegeben. Der Kläger hat aber "vorsorglich" die Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige ArbG beantragt.
Das LG hat sich - nach Anhörung der Parteien - für "funktionell unzuständig" erklärt und den Rechtsstreit an das ArbG Düsseldorf verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus den §§ 3 bis 6 DV ergebe sich "die erforderliche Abhängigkeit des Klägers", so dass das Dienstverhältnis entgegen seiner Bezeichnung ein Arbeitsvertrag sei.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde beider Beklagten, die unverändert der Auffassung sind, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei zulässig.
B.I. Die gem. § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, §§ 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde, über welche der Senat gem. § 122 Abs. 1 GVG nach Übertragung durch den Einzelrichter (§ 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO) in seiner vollen Besetzung entscheidet, hat Erfolg.
1. Allerdings ist der Beschluss entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon deshalb aufzuheben, weil der Kläger Prozesskostenhilfe beantragt hat. Denn die Verweisung ist nicht vor Rechtshängigkeit erfolgt (vgl. zur Zulässigkeit einer Verweisung vor Rechtshängigkeit BGH NJW 2001, § 633, Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., Vor § 17 GVG Rz. 12). Die Klage ist den Beklagten am 14.12.2007 zugestellt worden (GA 11, 12). Auf das insoweit fehlerhafte Schreiben des LG vom 12.12.2007 kommt es nicht an.
2. Der vom Kläger zu den ordentlichen Gerichten beschrittene Rechtsweg ist entgegen der Auffassung des LG gem. § 13 GVG zulässig; denn der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist verschlossen, weil es im Streitfall an der notwendigen bundesgesetzlichen Rechtswegzuweisung zu dieser besonderen Gerichtsbarkeit fehlt.
Zutreffend ist allerdings der vom LG eingenommene rechtliche Ausgangspunkt. Dabei geht der Senat davon aus, dass das LG unter der verneinten "funktionellen Zuständigkeit" ersichtlich die Verneinung der Zulässigkeit des Rechtswegs i.S.d. §§ 13, 17a GVG meint. Die Gerichte für Arbeitssachen sind u.a. zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern (Arbeiter und Angestellte) und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhä...