Leitsatz (amtlich)

Eine amtswegige Löschung der wegen Vermögenslosigkeit vollzogenen Löschung einer Gesellschaft (hier einer GmbH aufgrund IHK-Beitragsrückständen von 700 EUR) kommt nur bei Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften in Betracht.

 

Normenkette

FamFG § 59 Abs. 1, § 394 Abs. 1 S. 1, § 395 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 01.02.2012)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Das AG wird angewiesen, die am 22.11.2011 im Handelsregister eingetragene Löschung der betroffenen Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen zu löschen.

 

Gründe

I. Am 22.11.2011 wurde in das Handelsregister eingetragen, die im hiesigen Beschlusseingang bezeichnete Gesellschaft sei gem. § 394 Abs. 1 FamFG wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. Hiergegen wandte sich mit am 30.12.2011 bei Gericht eingegangener Schrift eine Steuerberaterin und erklärte - ersichtlich für die betroffene Gesellschaft, es werde Widerspruch eingelegt und gebeten, die vorgenommene Löschung wieder zurückzunehmen, weil die Firma seit Januar 2001 ununterbrochen aktiv sei; die Begründung wurde mit weiterer Schrift unter dem 16.1.2012 ergänzt.

Nachdem das Registergericht darauf hingewiesen hatte, der Widerspruch sei "zu spät eingelegt" worden, hat es ihn durch die angefochtene Entscheidung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Widerspruch gegen die erfolgte Löschung durch Eintragung des Löschungsvermerks sei als Anregung, ein Amtslöschungsverfahren nach § 395 FamFG einzuleiten, umzudeuten, da die erfolgte Eintragung als solche gem. § 383 Abs. 3 FamFG nicht mit Rechtsbehelfen anfechtbar sei. Nach § 395 FamFG könne der Löschungsvermerk aber nur dann wiederum gelöscht werden, wenn seine Eintragung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sei. Daran fehle es.

Gegen diesen den ehemaligen Geschäftsführern jeweils am 7.2.2012 zugestellten Beschluss hat sich Herr A. mit Schrift vom 29.2.2012 gewandt. Er hat erklärt, er lege Widerspruch ein, denn es sei nicht einzusehen, weshalb er wegen eines vorübergehenden Rückstandes von knapp 700 EUR, der zudem inzwischen bezahlt sei, seine Firma schließen solle.

Daraufhin hat das Registergericht mit weiterem Beschluss vom 5.3.2012 dem Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen und die Vorlage an das OLG Düsseldorf zur Entscheidung verfügt.

Gegenüber dem Senat hat sich die im hiesigen Beschlusseingang bezeichnete Verfahrensbevollmächtigte für die "Beschwerdeführerin", nämlich die betroffene Gesellschaft, bestellt. Sie beantragt nunmehr, unter Aufhebung des registergerichtlichen Beschlusses vom 1.2.2012 den Löschungsvermerk gem. § 395 FamFG von Amts wegen zu löschen. Hierzu führt sie aus, die betroffene Gesellschaft sei zu keiner Zeit vermögenslos oder auch nur zahlungsunfähig gewesen, auch habe das Registergericht die Löschung vorgenommen, ohne zuvor die Vermögenslosigkeit hinreichend geprüft und festgestellt zu haben, was einen schwerwiegenden Verfahrensmangel darstelle. Als Nachweis für die Vermögenslage überreicht sie die kurzfristige Erfolgsrechnung der betroffenen Gesellschaft per Dezember 2011.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakte Bezug genommen.

II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Es ist als befristete Beschwerde der betroffenen Gesellschaft zulässig.

Zwar hat das Registergericht im angegriffenen Beschluss seinem Ausspruch nach einen Widerspruch zurückgewiesen. In den Gründen hierfür hat es indes ausdrücklich hervorgehoben, ein Rechtsbehelf - und damit auch ein Widerspruch - sei nicht statthaft, eröffnet sei lediglich eine Anregung zur Einleitung eines weiteren Amtslöschungsverfahrens. Angesichts dessen kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass das Registergericht mit dem Beschluss vom 1.2.2012 die Einleitung eines Löschungsverfahrens gem. § 395 FamFG abgelehnt hat.

Gegen eine solche Ablehnung ist gem. § 58 Abs. 1 i.V.m. § 395 Abs. 3, § 393 Abs. 3 Satz 2 FamFG die Beschwerde eröffnet.

Ein als Beschwerde auszulegendes Rechtsmittel hat einer der beiden ehemaligen Geschäftsführer der Gesellschaft, Herr A., Anfang März - jedenfalls vor dem 5.5. - 2012 beim Registergericht eingereicht. Durch Anwaltsschriftsatz unter dem 14.6.2012 ist klargestellt worden, dass es sich (wie ohnehin anzunehmen gewesen wäre) um eine Beschwerde der Gesellschaft selbst handelt; denn dort ist diese als "Beschwerdeführerin" bezeichnet. Die Gesellschaft ist nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt. Denn durch die Löschung ist sie in ihrem eigenen Recht, nämlich ihrer Existenz, unmittelbar betroffen. Ohne Zuerkennung der Beschwerdeberechtigung wäre die Gesellschaft selbst gehindert, die Löschung als Akt der öffentlichen Gewalt überprüfen zu lassen, obwohl die gesetzlichen Verfahrensvorschriften im Löschungsverfahren möglicherweise nicht beachtet worden sind; dies wäre mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren (vgl. BayObLG Rpfleger 1978, S. 181 f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1053 f.).

Die befristete Beschwerde ist ...

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