Leitsatz (amtlich)
1. Über eine Erinnerung gegen die Festsetzung von Beratungshilfegebühren hat das allgemein zuständige AG nach § 4 Abs. 1 BerHG zu entscheiden und über eine gegen die Erinnerungsentscheidung eingelegte Beschwerde gem. § 72 GVG das LG als nächsthöheres Gericht.
2. Nach dem Prinzip der formellen Anknüpfung bestimmt sich die Rechtsmittelzuständigkeit ausschließlich danach, welcher Spruchkörper (allgemeines Prozessgericht oder FamG) entschieden hat.
3. Der Grundsatz der Meistbegünstigung gilt nur bei Zweifeln darüber, ob das AG als FamG oder allgemeines Prozessgericht entschieden hat; er führt dazu, dass das Rechtsmittel sowohl beim LG als auch beim OLG eingelegt werden kann, eröffnet aber nicht die Zuständigkeit des OLG.
4. Im Rahmen der Beratungshilfe für die Trennung und deren Folgen ist gebührenrechtlich von verschiedenen Angelegenheiten auszugehen.
Normenkette
BerHG § 4 Abs. 1; GVG § 23b Abs. 1 S. 2, § 119 Abs. 1 Nr. 1a; RVG §§ 44, 16 Nr. 4; RVG-VV Nr. 2503
Verfahrensgang
AG Duisburg (Beschluss vom 11.04.2008; Aktenzeichen 57a II 688/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Duisburg - FamG - vom 11.4.2008 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Erinnerung der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Duisburg - Rechtspfleger - vom 31.1.2008 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die der Antragstellerin im Rahmen der Beratungshilfe aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung gemäß Antrag vom 19.11.2007 für die Bereiche Unterhalt und Hausrat wird auf 190,40 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Festsetzung von Gebühren für Beratungshilfe in den Bereichen "Trennungsfolgen Unterhalt und Hausrat". Mit Beschluss des AG Duisburg - Rechtspflegerin - vom 31.1.2008 wurden einmalig 99,96 EUR festgesetzt (Bl. 9 GA). Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Antragstellerin vom 11.2.2008 (Bl. 14 GA), mit welcher diese die Festsetzung von zwei Gebühren nach RVG VV-Nr. 2503 begehrt, hat das AG Duisburg - FamG - mit Beschluss vom 11.4.2008 zurückgewiesen (Bl. 28 GA). Der hiergegen eingelegten Beschwerde der Antragstellerin vom 24.4.2008 (Bl. 32 ff. GA) hat das AG Duisburg - FamG - nicht abgeholfen (Beschluss vom 16.6.2008, Bl. 66 f. GA).
II. Die Beschwerde der Antragstellerin vom 24.4.2008 (Bl. 32 GA) gegen den Beschluss des AG Duisburg vom 11.4.2008 ist gem. §§ 55 Abs. 4, 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG statthaft.
Zuständig für die Entscheidung ist an sich gem. § 33 Abs. 4 Satz 2 RVG das LG als nächsthöheres Gericht. Das Verfahren der Vergütungsfestsetzung im Rahmen der Beratungshilfe gehört nicht zu den Familiensachen i.S.d. § 23b Abs. 1 Satz 2 GVG, fällt daher nicht in die Zuständigkeit des FamG. Über eine Erinnerung gegen die Festsetzung hat das allgemein zuständige AG nach § 4 Abs. 1 BerHG zu entscheiden und über eine gegen die Erinnerungsentscheidung eingelegte Beschwerde gem. § 72 GVG das LG als nächsthöheres Gericht (vgl. BGH NJW 1985, 2537).
Hier ist jedoch eine Zuständigkeit des OLG nach § 33 Abs. 4 Satz 2 RVG, § 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG eröffnet. Sowohl die Erinnerungsentscheidung als auch die Nichtabhilfeentscheidung wurden durch den entscheidenden Richter mit dem Zusatz "AG - FamG" unterzeichnet. Dies hat vorliegend zur Folge, dass das Prinzip der formellen Anknüpfung eingreift, wonach sich die Rechtsmittelzuständigkeit ausschließlich danach bestimmt, welcher Spruchkörper (allgemeines Prozessgericht oder FamG) entschieden hat (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 119 GVG, Rz. 8 i.V.m. Rz. 5; OLG Nürnberg MDR 2004, 1186).
Der Grundsatz der Meistbegünstigung, wonach bei Zweifeln darüber, ob das AG als FamG oder allgemeines Prozessgericht entschieden hat, das Rechtsmittel sowohl beim LG als auch beim OLG eingelegt werden kann, letzteres aber nicht für die sachliche Entscheidung zuständig wird (vgl. BGH FamRZ 1995, 219), greift vorliegend nicht ein. Anders als im vom BGH entschiedenen Fall bestehen hier letztlich keine Zweifel daran, dass eine Entscheidung des FamG angefochten wird.
Zwar wurde die Vergütungsfestsetzung beim AG Duisburg einschließlich des Erinnerungs- und Beschwerdeabhilfeverfahrens als Beratungshilfesache mit dem Aktenzeichen "II" geführt und nicht als Familiensache mit dem Aktenzeichen "F"; auch ist das AG im Kopf der Erinnerungs- und Nichtabhilfeentscheidungen lediglich als AG bezeichnet, nicht als FamG. Anders als in dem vom BGH, a.a.O., entschiedenen Fall, in dem der entscheidende Richter nach dem Geschäftsverteilungsplan für Familiensachen und zugleich für allgemeine Zivilsachen zuständig war, ist vorliegend eine derartige Doppelzuständigkeit nicht gegeben. Aus dem Geschäftsverteilungsplan des AG Duisburg ergibt sich, dass der mit dem Zusatz "FamG" unterzeichnende Richter am AG Nießalla für Familiensachen zuständig ist. Eine Zuständigkeit auch für die richterlichen Geschäfte nach dem Beratungshilfegesetz - als allgemeines Prozessgericht - ist nicht ersichtlich; hierfür ist vielmehr die Zuständigkeit eine...