Leitsatz (amtlich)

1. Ein Rechtsanwalt kann nicht darauf vertrauen, der Prozessbevollmächtigte der Gegenseite werde kein Versäumnisurteil beantragen, weil dieser die Interessen seines Mandanten der kollegialen Rücksichtnahme vorziehen darf.

2. Ist der Prozessbevollmächtigte kurzfristig und nicht vorhersehbar an der rechtzeitigen Wahrnehmung eines Termins gehindert, so hat er das ihm Mögliche und Zumutbare zu tun, dem Gericht seine Verhinderung mitzuteilen.

 

Normenkette

ZPO § 514 Abs. 2, §§ 345, 341a

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 21.03.2011; Aktenzeichen 2 O 526/09)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 21.3.2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Duisburg - Einzelrichterin - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 6.783,40 EUR

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist offensichtlich unbegründet, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das LG hat den Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 19.7.2010 zu Recht verworfen. Die gegen die Entscheidung vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine dem Beklagten günstigere Entscheidung.

I. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 10.10.2011. Dort hat er im Wesentlichen ausgeführt:

1. Nachdem das LG durch zweites Versäumnisurteil entschieden hat, kann der Beklagte seine Berufung nur darauf stützen, dass ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe oder diese unverschuldet gewesen sei, § 514 Abs. 2 ZPO. Dass ein solcher Fall gegeben ist, hat der Beklagte nicht schlüssig dargetan. Unstreitig ist der Beklagte zu dem auf den 21.3.2011, 9.00 Uhr anberaumten Termin zur Verhandlung über seinen Einspruch, zu dem er durch am 23.10.2010 erfolgte Zustellung ordnungsgemäß geladen worden war, erst um 9.16 Uhr erschienen. Gründe, die seine Verspätung entschuldigten, hat der Beklagte nicht dargetan.

Soweit der Beklagte meint, es sei "unkollegial" gewesen, dass der Klägervertreter das zweite Versäumnisurteil beantragt habe, vermag er hiermit nicht durchzudringen. Grundsätzlich kann ein Rechtsanwalt nicht darauf vertrauen, der Prozessbevollmächtigte der Gegenseite werde kein Versäumnisurteil beantragen; vielmehr darf dieser die Interessen seines Mandanten vor die kollegiale Rücksichtnahme stellen (vgl. BGH, NJW 1999, 2120; 1991, 42; KG, KG, KGReport Berlin 1995, 36). Bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils war hier zudem die übliche Wartezeit von 15 Minuten bereits verstrichen. Eine unverschuldete Säumnis liegt im Übrigen nur dann vor, wenn der Prozessbevollmächtigte, der kurzfristig und nicht vorhersehbar an der rechtzeitigen Wahrnehmung des Termins gehindert ist, das ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um dem Gericht seine Verhinderung mitzuteilen (vgl. BGH NJW 2006, 448 f.; OLG Düsseldorf [15. Zivilsenat], Urteil vom 12.11.2008, I-15 U 55/08, zitiert nach juris). Dieser Obliegenheit ist der Beklagte hier nicht nachgekommen.

2. Materielle Einwände gegen den durch das erste Versäumnisurteil zugesprochenen Klageanspruch kann der Beklagte im Berufungsverfahren gegen das zweite Versäumnisurteil nicht mehr geltend machen (vgl. nur BGHZ 141, 351 = NJW 1999, 2599).

II. An dieser Beurteilung, gegenüber der der Beklagte innerhalb der ihm gesetzten Frist nichts mehr vorgebracht hat, hält der Senat fest.

III. Auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren gem. § 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 und 4 ZPO sind erfüllt.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2920072

JurBüro 2012, 381

MDR 2012, 556

RENOpraxis 2012, 132

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