Leitsatz (amtlich)

Die Zulässigkeit der Gehörsrüge gegen die Zurückweisung einer Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO bedarf jedenfalls dann keiner Entscheidung, wenn die Rüge offensichtlich unbegründet ist.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 25.06.2003; Aktenzeichen 7 O 27/02)

 

Tenor

Der Rechtsbehelf des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 25.6.2003 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.1. Ob mit einer in der obergerichtlichen Rspr. (OLG Naumburg v. 4.9.2002 – 10 W 07/02, NJW-RR 2003, 353; OLG Celle v. 4.12.2002 – 13 U 77/02, NJW 2003, 906 und v. 8.5.2003 – 2 U 205/02, MDR 2003, 1311; OLG Jena v. 23.7.2003 – 2 U 1053/02, NJW 2003, 3495; OLG Hamburg NJW 2003, 2867; und im Schrifttum Müller, NJW 2002, 2743 [2745]; Vosskuhle, NJW 2003, 2193 [2198]; Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 567 Rz. 23; Lipp in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 567 Rz. 13; Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, 24. Aufl., § 321a Rz. 18; Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Albers, ZPO, 58. Aufl., Grundz. § 567 Rz. 5; Schmidt, MDR 2002 915 [918]) vertretenen, aber sehr umstrittenen Ansicht (abl. OLG Oldenburg v. 14.10.2002 – 11 UF 208/01, MDR 2003, 229 = NJW 2003, 149; OLG Celle, Beschl. v. 30.5.2003 – 20 U 76/02, OLGReport Celle 2003, 316; Beschl. v. 4.9.2003 – 11 U 286/02, OLGReport Celle 2003,437; OLG Rostock v. 9.4.2003 – 6 U 101/02, MDR 2003,1012; OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.2.2003 – 9 U 116/02, OLGReport Stuttgart 2003, 364; OLG Bamberg, Beschl. v. 16.1.2003 – 3 U 144/02, OLGReport Bamberg 2003, 264; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.11.2003, zit. nach juris; Münch, DStR 2002, 133; Greger, NJW 2002, 3049 [3051]; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 321a Rz. 4; Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 321a Rz. 1; Hannich/Meyer/Seitz/Engers, ZPO-Reform 2002, § 321a Rzn. 13) davon auszugehen ist, dass die auf Art. 103 Abs. 1 GG gestützte so genannte Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (als Gegenvorstellung) zulässig ist, kann dahingestellt bleiben. Im Gesetz auch nach In-Kraft-Treten der jüngsten Novelle zur Reform der ZPO vom 27.7.2001 (BGBl. I 1887, 3138) hat die Gehörsrüge keine allgemeine, sondern in § 321a ZPO (als formelle Gehörsrüge) nur eine Regelung gefunden gegen Urteile der erstinstanzlichen Gerichte, die mangels Statthaftigkeit mit einem allgemeinen Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar sind. In seinem Plenarbeschluss vom 30.4.2003 (BVerfG, Beschl. v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02, MDR 2003, 886) hat das BVerfG allerdings ausgeführt, es sei ein Gebot des Rechtsstaatsprinzips, dass die maßgebliche Verfahrensordnung auch dann eine eigenständige gerichtliche Abhilfemöglichkeit vorsieht, wenn eine Partei behauptet, das Rechtsmittelgericht habe das Verfahrensgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (BVerfG v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02, MDR 2003, 886 = NJW 2003, 1924, sub. C II 4, 5). Zwar hat das BVerfG dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum Ablauf 31.12.2004 eine gesetzliche Regelung auch für diese Fälle zu treffen. Das bedeutet aber nicht, dass nicht schon jetzt die Möglichkeit eröffnet wäre, die Gehörsrüge als außerordentlichen Rechtsbehelf zur Wahrung eines Verfahrensgrundrechts zuzulassen. Den Auftrag an den Gesetzgeber hat das BVerfG nämlich nur deshalb für erforderlich gehalten, weil die instanz- und höchstrichterliche Rspr. der jeweiligen Fachgerichte in dieser Frage nicht einheitlich entschieden hat; das führe zu Lasten der Rechtssuchenden zu erheblicher Unsicherheit, was rechtsstaatlichen Anforderungen an eine verfassungsrechtlich gebotene Abhilfemöglichkeit nicht erfülle (BVerfG v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02, MDR 2003, 886 = NJW 2003, 1924, sub. C IV 2b).

Der Zulässigkeit der Gehörsrüge steht auch nicht die jüngste Rspr. des BGH (BGH NJW 2002, 775 und v. 23.7.2003 – XII ZB 91/03, BGHReport 2003, 1367 = MDR 2003, 1432 = NJW 2003, 3137) entgegen, nach der der früher von der höchstrichterlichen Rspr. entwickelte außerordentliche Rechtsbehelf gegen letztinstanzliche Entscheidungen, die unter einer sog. greifbaren Gesetzeswidrigkeit leiden, nach In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes nicht mehr zulässig sei. Der XII. Zivilsenat des BGH (BGH v. 23.7.2003 – XII ZB 91/03, BGHReport 2003, 1367 = MDR 2003, 1432 = NJW 2003, 3137) hält vielmehr eine Gegenvorstellung an das Gericht, das letztinstanzlich entschieden hat, ausdrücklich für zulässig. Auch der IX. Zivilsenat des BGH (BGH NJW 2002, 775, sub II 1b) lehnt ein außerordentliches Rechtsmittel nur deshalb ab, weil dem Rechtssuchenden der außerordentliche Rechtsbehelf der Gegenvorstellung zum letztinstanzlich entscheidenden Gericht offen stehe.

2. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Gehörsrüge ist aber deshalb entbehrlich, weil, wie unter II. auszuführen ist, der Rechtsbehelf in der Sache keinen Erfolg hat. Insoweit gelten die Grundsätze, die die Rspr. zum Vorrang der Zulässigkeitsprüfung entwickelt hat (Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 572 Rz. 20; BPatG, Urt. v. 22.3.1999 – 6 W (pat) 128/96, bei Juris; BVerfGE 60, 246; BVerfGE 6, 7; OLG Frankfurt v. 31.8.1995 – 20 W 352/95, MDR 1995, 1164). Danach kann die Frage der Z...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge