Tenor
Das Beschwerdeverfahren wird zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art. 32 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 2014/24/EU mit Rücksicht auf Art. 14 AEUV einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Vergabe eines der Daseinsvorsorge dienenden öffentlichen Auftrags bei äußerster Dringlichkeit auch dann im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung erfolgen kann, wenn das Ereignis für den öffentlichen Auftraggeber voraussehbar und die angeführten Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit ihm zuzuschreiben sind.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin ist eine Stadt und als solche kommunale Schulträgerin der auf ihrem Stadtgebiet belegenen T.. Die T. ist eine Förderschule. Ihre Schüler sind aufgrund ihrer körperlichen und motorischen Einschränkungen für den Schulbesuch auf die Beförderung mit speziellen Schulbussen angewiesen, die neben dem Fahr- auch über Begleitpersonal verfügen müssen. Entsprechende Leistungen wurden schon in der Vergangenheit von der Antragsgegnerin beauftragt. Der insoweit bestehende Vertrag endete regulär mit dem 31. Januar 2022.
Etwa vier Monate vor Auslaufen des Vertrags schrieb die Antragsgegnerin mit Bekanntmachung vom 20. September 2021 über den Landschaftsverband Westfalen-Lippe im offenen Verfahren einen Rahmenvertrag über die schultägliche Beförderung von Kindern mit Behinderung zur T. für die Zeit vom 1. Februar 2022 bis zum 31. Juli 2027 EU-weit aus (Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnummer ...). Der Auftrag war in drei Gebietslose unterteilt.
Neben der Antragstellerin und dem Beigeladenen gaben noch zwei weitere Bieter Angebote ab. Mit Schreiben vom 12. November 2021 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin nach § 134 GWB, dass beabsichtigt sei, dem Beigeladenen den Zuschlag bezüglich aller drei Lose zu erteilen. Nach erfolgloser Rüge reichte die Antragstellerin am 22. November 2021 einen Nachprüfungsantrag ein.
Zur Sicherstellung der Beförderung der Schulkinder ab dem 1. Februar 2022, die aufgrund des laufenden Nachprüfungsverfahrens nicht gewährleistet war, leitete die Antragsgegnerin eine sog. Interimsvergabe für das zweite Schulhalbjahr 2021/22 für einen Zeitraum von sechs Monaten (1. Februar bis zum 31. Juli 2022) als Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ein. Die Gründe für die Wahl des Verfahrens legte sie unter dem 30. November 2021 in einem Vermerk nieder. Danach sei bei einer Ausschreibung im offenen Verfahren auch bei einer auf 15 Tage verkürzten Angebotsfrist eine Sicherstellung der Beförderung nicht gewährleistet. Unter Berücksichtigung der Prüfung und Wertung der Angebote und der Information nach § 134 GWB könne in Anbetracht der Weihnachtsfeiertage ein Zuschlag nicht vor Ende Dezember 2021, vermutlich sogar erst Anfang Januar 2022 erfolgen. Die dann noch bis zum Beginn der Leistung verbleibende Zeit von knapp einem Monat sei als Rüstzeit für das auszuwählende Unternehmen nicht ausreichend, da Fahrzeuge, Fahr- und Begleitpersonal zur Verfügung stehen müssten.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2021 forderte sie die Antragstellerin, den Beigeladenen und die beiden anderen Bieter aus dem am 20. September 2021 bekanntgemachten Vergabeverfahren zur Angebotsabgabe bis zum 13. Dezember 2021 auf. Die Antragstellerin und der Beigeladene gaben jeweils Angebote ab. Die Antragstellerin erhielt den Zuschlag für die Lose 1 und 2. Mit E-Mail vom 22. Dezember 2021 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin über die am selben Tage erfolgte Zuschlagserteilung für Los 3 an den Beigeladenen.
Nach erfolgloser Rüge reichte die Antragstellerin fristgerecht einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Westfalen ein mit dem Ziel, den Vertragsschluss mit der Beigeladenen für unwirksam zu erklären. Sie machte geltend, der Beigeladene sei ungeeignet, weil er weder über die erforderlichen personellen Kapazitäten noch über geeignete Fahrzeuge verfüge. Der mit dem Beigeladenen geschlossene Vertrag sei nach § 135 Abs. 1 GWB unwirksam, da die Wartefrist nach § 134 Abs. 1 GWB nicht eingehalten und die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb nicht gerechtfertigt gewesen sei.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag mit Beschluss vom 9. Februar 2022 (VK 3-01/22) zurückgewiesen. Zusätzlich zu einem Verstoß gegen § 134 Abs. 1 GWB bedürfe es einer die Zuschlagschancen schmälernden Rechtsverletzung, an der es fehle. Im Übrigen sei auch eine besondere Dringlichkeit gegeben gewesen, weil die Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags wegen des laufenden Nachprüfungsverfahrens nicht möglich gewesen sei.
Gegen diesen Beschluss der Vergabekammer hat die Antragstellerin sofortigen Beschw...