Leitsatz (amtlich)

1. Die Bundesnetzagentur hat im Rahmen der Festlegung hinsichtlich der sachgerechten Ermittlung individueller Netzentgelte nach § 29 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 EnWG i.V.m. § 19 Abs. 2 StromNEV und § 30 Abs. 2 Nr. 7 StromNEV vom 11.12.2013 (BK4-13-739) zu Recht festgelegt, dass im Rahmen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV allein auf den physikalischen Strombezug aus dem Netz der allgemeinen Versorgung abzustellen ist. Kaufmännisch-bilanziell aus dem Netz der allgemeinen Versorgung entnommene Strommengen finden grundsätzlich keine Berücksichtigung. Der Strombezug aus vertraglich vereinbarten Netzreservekapazitäten wird als physikalische Entnahme aus dem Netz der allgemeinen Versorgung berücksichtigt.

2. Die im Rahmen der Festlegung gewählte Methode zur Berechnung des individuellen Netzentgelts mittels des physikalischen Pfads ist nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere auch für die konkreten Vorgaben zur Definition der geeigneten Erzeugungsanlage und zum pauschalen Sicherheitsabschlag.

3. Die durch die Festlegung eingeführte Anzeigefrist stellt keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, sondern eine behördliche Verfahrensregelung dar und ist rechtmäßig.

 

Normenkette

EnWG § 21 Abs. 1, § 24 S. 1 Nr. 3, § 29; StromNEV §§ 17, 19 Abs. 2, § 30 Abs. 2 Nr. 7; EEG a.F. § 8 Abs. 2; AEUV Art. 107 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Bundesnetzagentur (Beschluss vom 11.12.2013; Aktenzeichen BK4-13-739)

 

Tenor

Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur vom 11.12.2013, BK4-13-739, wird zurückgewiesen.

Die Betroffene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf... EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Gegenstand der Beschwerde ist die von der Bundesnetzagentur am 11.12.2013 beschlossene "Festlegung hinsichtlich der sachgerechten Ermittlung individueller Netzentgelte nach § 29 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EnWG i.V.m. § 19 Abs. 2 StromNEV und § 30 Abs. 2 Nr. 7 StromNEV" (im Folgenden: Festlegung).

Tenorziffer 1. und 2. betreffen die atypische Netznutzung nach § 19 Abs. 2 S. 1 StromNEV. Tenorziffer 3. regelt die Voraussetzungen für die Ermittlung einer intensiven Netznutzung im Sinne des § 19 Abs. 2 S. 2-4 StromNEV und die für diesen Fall geltenden Regeln bei der Berechnung des individuellen Netzentgelts.

Zur Ermittlung der Benutzungsstunden heißt es unter Tenorziffer 3. a) der Festlegung:

"Der Anspruch eines stromintensiven Letztverbrauchers auf Gewährung eines individuellen Netzentgelts nach § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV setzt zunächst voraus, dass die Stromabnahme aus dem Netz der allgemeinen Versorgung für den eigenen Verbrauch an einer Abnahmestelle pro Kalenderjahr die Benutzungsstundenzahl von mindestens 7.000 Stunden erreicht und zudem der Stromverbrauch 10 Gigawattstunden übersteigt. Bei der Berechnung der Benutzungsstundendauer ist die physikalisch gemessene Jahreshöchstlast des Letztverbrauchers an der betreffenden Abnahmestelle zu berücksichtigen. Diese umfasst ebenfalls die Leistungsinanspruchnahme aufgrund des Ausfalls von Eigenerzeugungsanlagen, die über Netzreservekapazität entgolten werden, soweit dies den im Tenor 3. c. getroffenen Regelungen nicht entgegensteht.

Bei der Ermittlung der Anspruchsvoraussetzung ist eine kaufmännisch-bilanzielle Verrechnung des Strombezugs nicht zulässig.

Die Zahl der Benutzungsstunden ergibt sich aus der Gesamtarbeit, gemessen innerhalb eines Kalenderjahres dividiert durch die Höchstlast innerhalb dieser Zeitspanne."

Tenorziffer 3. c) behandelt die Berechnung des Beitrags des Letztverbrauchers zu einer Senkung oder Vermeidung der Erhöhung der Kosten der Netz- oder Umspannebene. Dort heißt es:

"i. Berechnung eines individuellen Netzentgelts auf Basis des physikalischen Pfades

Bei der Berechnung eines individuellen Netzentgelts auf Basis eines so genannten physikalischen Pfades wird ausgehend vom betreffenden Netzanschlusspunkt des Letztverbrauchers eine fiktive Leitungsnutzung bis zu einer geeigneten Stromerzeugungsanlage auf bereits bestehenden Trassen berechnet. Die Differenz zwischen den Kosten dieser fiktiven Leitungsnutzung und den allgemeinen Netzentgelten, die der Letztverbraucher zu zahlen hätte, stellt den Beitrag des Letztverbrauchers zu einer Senkung oder einer Vermeidung der Erhöhung der Netzkosten der jeweiligen Netzebene dar. Die Erfüllung der Mindestvoraussetzung führt somit nicht per se zu einem Anspruch auf eine Netzentgeltreduktion. Ein Anspruch auf Gewährung eines individuellen Netzentgelts besteht nicht, wenn die Berechnung gegenüber dem allgemeinen Netzentgelt nicht zu einer Entgeltreduzierung führt.

ii. Geeignete Erzeugungsanlage

Als geeignete Erzeugungsanlagen in Betracht kommen neben den herkömmlichen Grundlastkraftwerken auch solche Kraftwerke, die unabhängig von ihrer tatsächlichen Verfügbarkeit grundsätzl...

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