Leitsatz (amtlich)

1) Eine Haftungsbegrenzung nach § 26 Abs. 3 oder 4 FamGKG kommt nur in Betracht, wenn und soweit ein Verfahrensbeteiligter über seinen Haftungsanteil als Entscheidungs- oder Übernahmeschuldner (§ 24 Nr. 1 oder 2 FamGKG) hinaus in Anspruch genommen werden soll.

2) Die für die Erstellung eines Gutachtens erforderliche Zeit i.S.d. § 8 Abs. 2 JVEG ist die Zeit, die nach Erfahrung des Gerichts ein mit der Materie vertrauter Sachverständiger von durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität unter Berücksichtigung des Streitstoffs und der Schwierigkeit der zu beantwortenden Frage zur Beantwortung der Beweisfrage benötigt.

3) Gibt ein Sachverständiger in seiner Liquidation die für die Erstellung des Gut-achtens tatsächlich benötigte Zeit an, ist im Regelfall davon auszugehen, dass die Angaben richtig sind und die Zeit für die Erstellung des Gutachtens auch erforderlich war (Abgrenzung zu OLG Dresden, Beschluss vom 11.10.2012, Az. 23 WF 124/12).

 

Verfahrensgang

AG Dinslaken (Aktenzeichen 16 F 324/16)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dinslaken vom 6.3.2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen die ihm auferlegten Kosten in einem Umgangsverfahren, an dem er als Kindesvater beteiligt war. In dem Verfahren ist die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens angeordnet und Frau Dipl. Psych. A. zur Sachverständigen bestimmt worden. Für die Erstellung des Gutachtens hat die Sachverständige Kosten in Höhe von 6.041,94 EUR sowie weitere 745,42 EUR für die Teilnahme am Termin in Rechnung gestellt. Von den Kosten entfallen 2.692,20 EUR zzgl. Mwst. (26,92 Stunden á 100,00 EUR) auf die Erstellung und die Korrektur des schriftlichen Gutachtens.

Das Umgangsverfahren wurde durch Vergleich beendet. in dem die Kindeseltern u.a. die Aufhebung der Kosten des Verfahrens vereinbart haben.

Das Amtsgericht hat dem Antragsteller unter dem 6.12.2017 Verfahrenskosten in Höhe von 3.704,43 EUR (= 27,00 EUR Verfahrensgebühr + 8,75 EUR Zustellungspauschale + 275,00 EUR an den Verfahrensbeistand gezahlte Beträge + 3.393,68 EUR an die Sachverständige gezahlte Beträge) in Rechnung gestellt.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Erinnerung. Er ist der Auffassung, dass gem. § 26 Abs. 3 FamGKG allenfalls 1/4 der Sachverständigenkosten auf ihn umgelegt werden dürfen, weil der Kindesmutter Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei. Überdies beanstandet der Antragsteller die Höhe der von der Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten für die Erstellung des Gutachtens. Er ist der Auffassung, dass für die Erstellung (= Diktat) des erstellten Gutachtens nur ein Zeitaufwand von 7,6 Stunden erforderlich sei und er im Ergebnis nur Verfahrenskosten in Höhe von 1.277,45 EUR erstatten müsse.

Das Amtsgericht hat die Erinnerung des Antragstellers mit Beschluss vom 6.3.2018 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II. Die gemäß § 57 Abs. 2 FamGKG statthafte Beschwerde gegen den Beschluss des Familiengerichts ist zulässig, aber nicht begründet.

1) Aufgrund der in dem am 29.9.2017 geschlossenen Vergleich vereinbarten Kostenaufhebung haftet der Antragsteller als Übernahmeschuldner (§ 24 Nr. 2 FamGKG) für die Hälfte der angefallenen Gerichtskosten. Nur dieser hälftige Anteil der Gerichtskosten ist dem Antragsteller in Rechnung gestellt worden. Insbesondere ist von den an die Sachverständige gezahlten Beträgen (6.041,94 EUR + 745,42 EUR = 6.787,36 EUR) nur die Hälfte (3.393,68 EUR) in Rechnung gestellt worden. Eine weitergehende Inanspruchnahme des Antragstellers als Antragsschuldner (§ 21 Abs. 1FamGKG) ist nicht erfolgt.

Weil der auf die Antragsgegnerin entfallende Hälfteanteil der Gerichtskosten dem Antragsteller gar nicht in Rechnung gestellt wurde, kommt auch ein Ausschluss der Inanspruchnahme nach § 26 Abs. 3 FamGKG nicht in Betracht. Überdies wäre § 26 Abs. 3 FamGKG bei Übernahmeschuldnern nur unter den Voraussetzungen des

§ 26 Abs. 4 FamGKG, die vorliegend nicht erfüllt sind, entsprechend anwendbar.

Eine abweichende rechtliche Beurteilung kann auch den Leitgedanken, die den vom Antragsteller zitierten obergerichtlichen Entscheidungen (OLG Celle (Beschluss vom 23.1.2013, Az. 2 W 11/13 und OLG Dresden, Beschluss vom 11.10.2012, Az. 23 WF 124/12) zugrunde liegen, nicht entnommen werden. Beide Entscheidungen betreffen Sachverhalte, in denen zwei Personen (Antragsgegner zu 1) und zu 2) bzw. Beklagter und Streitgenosse) als Entscheidungsschuldner gesamtschuldnerisch für die hälftigen Gerichtskosten haften. Weil einer dieser Personen Verfahrenskostenhilfe bzw. Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, ist die Haftung der anderen Person auf ein Viertel (= 1/2 × 1/2) beschränkt worden. Im vorliegenden Sachverhalt haftet der Antragsteller jedoch alleine für die hälftigen...

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