Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich, hier: Anrechte auf eine Betriebsrente der Bayer-Pensionskasse sind teildynamisch

 

Leitsatz (amtlich)

Wie in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes sind im Bereich der betrieblichen Altersversorgung Anwartschaften in der Leistungsphase als dynamisch anzusehen, wenn sie in diesem Stadium - entsprechend § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG - voraussichtlich jährlich um 1 % oder mehr erhöht werden.

 

Normenkette

VAHRG § 1; BGB § 1587a Abs. 2; BarwertVO § 2; BetrAVG § 16 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Duisburg (Urteil vom 13.02.2004; Aktenzeichen 91 F 27/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Bundesknappschaft und die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird das Verbundurteil des AG - FamG - Duisburg vom 13.2.2004 in seinem Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziff. II des Tenors) teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst: Von dem Versicherungskonto des Antragstellers, geführt bei der Bundesknappschaft unter der Versicherungs-Nr., werden auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin, geführt bei der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg unter der Vers.-Nr., ... im Wege des Rentensplittings monatliche Rentenanwartschaften von 248,49 Euro, und im Wege des erweiterten Splittings zum Ausgleich der Anwartschaften des Antragstellers auf betriebliche Altersversorgung bei der Firma Bayer AG weitere Anwartschaften von 47,60 Euro, jeweils bezogen auf den 31.7.2003, übertragen.

Im Übrigen bleibt der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.

Der Monatsbetrag der übertragenen Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges bleiben und die des zweiten Rechtszuges werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 508,44 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien waren miteinander verheiratet. Ihre Ehe, die sie am 24.9.1986 geschlossen hatten, ist im vorliegenden Verfahren geschieden worden; der Scheidungsantrag des (früheren) Ehemannes ist der (früheren) Ehefrau am 23.8.2003 zugestellt worden. Hinsichtlich des Scheidungsausspruchs ist das Urteil vom 13.2.2004 inzwischen rechtskräftig geworden.

Beide Ehegatten haben in der Ehezeit Anwartschaften auf eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Der Ehemann hat darüber hinaus Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung erlangt, die ihm von der Pensionskasse seiner Arbeitgeberin, der Firma Bayer AG, im Dezember 1986 zugesagt wurde (vgl. dazu die Auskünfte vom 3. und 11.11.2003, Gerichtsakte - abgekürzt: GA - Bl. 108 f.).

Durch das angefochtene Verbundurteil hat das AG die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es, gestützt auf die Auskünfte der Bundesknappschaft und der Landesversicherungsanstalt (LVA), von dem Versicherungskonto des Ehemannes auf das der Ehefrau monatliche Rentenanwartschaften von (579-82,68 =) 496,97 : 2 = - aufgerundet - 248,49 Euro übertragen. Zum Ausgleich der betrieblichen Anwartschaften, die es aus einem Jahreswert von 9.697,32 Euro (Ehezeitanteil 4.621,79 Euro) in einen dynamischen Wert von monatlich 84,75 Euro umgerechnet hat, hat es zusätzliche Maßnahmen nach § 3b Abs. 1 S. 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) vorgesehen. Dazu hat es im Tenor in Ziff. II Abs. 2 angeordnet, dass zu Lasten der für den Antragsteller bei der Bayer-Pensionskasse bestehenden Versorgungsanwartschaften auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 42,37 Euro begründet werden.

Gegen diesen Teil der Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde der Bundesknappschaft, der sich die Antragsgegnerin angeschlossen hat. Die Bundesknappschaft rügt, dass es sich bei der Bayer-Pensionskasse nicht um einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger handele und die bei ihr bestehenden Anwartschaften deshalb nicht durch Begründung, sondern durch Übertragung hätten ausgeglichen werden müssen.

Die Bundesknappschaft beantragt, das Urteil des AG hinsichtlich der übertragenen Rentenanwartschaften abzuändern und den Versorgungsausgleich nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften durchzuführen.

II. Beschwerde und Anschlussbeschwerde sind zulässig und begründet.

1. Die Anwartschaften, die der Antragsteller als Mitglied der Pensionskasse seiner Arbeitgeberin erworben hat, sind Bestandteil einer betrieblichen Altersversorgung. Für diesen Bereich gelten nicht die Regeln des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs, der in § 1587b Abs. 1 und 2 BGB behandelt wird. Vielmehr bestimmt sich der Ausgleich hier nach dem Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG), so dass zunächst zu fragen ist, ob die für das Anrecht des Ausgleichsverpflichteten maßgebende Regelung eine Realteilung zulässt (§ 1 Abs. 2 VAHRG) oder ob sich das Anrecht gegen einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger richtet (§ 1 Abs. 3 VAHRG). Soweit der Ausgleich nicht nach § 1 VAHRG durchgeführt werden kann, findet gem. § 2 dieses Gesetzes grun...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge