Leitsatz (amtlich)

Die Kosten einer Schutzschrift zur Verteidigung gegen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sind grundsätzlich erstattungsfähig, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird (Anschluss an BGH NJW-RR 2007, 1575). Ob das erkennende Gericht die Schutzschrift verwertet hat, ist unerheblich.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Beschluss vom 13.05.2008; Aktenzeichen 1 O 289/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Wuppertal - Rechtspflegerin - vom 13.5.2008 aufgehoben.

Auf Grund des Beschlusses der 1. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 6.8.2007 sind von der Antragstellerin 1.019,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.8.2007 an den Antragsgegner zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Beschwerdewert: 1.019,59 EUR.

 

Gründe

I. Am 6.7.2007 hat der Antragsgegner beim LG Wuppertal eine Schutzschrift eingereicht. Diese richtete sich gegen den möglicherweise bevorstehenden Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Freigabe diverser Gegenstände zugunsten der Antragstellerin und des L.. Der Antragsgegner hat an diesen Gegenständen sein Vermieterpfandrecht geltend gemacht. Durch Urteil vom 7.8.2007 ist unter Berücksichtigung der Schutzschrift der Antrag des L. auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung nach mündlicher Verhandlung vom 24.7.2007 zurückgewiesen worden (Verfahren 1 O 251/07 LG Wuppertal).

Am 4.8.2007 hat die Antragstellerin beantragt, dem Antragsgegner die Verwertung derselben Gegenstände zu untersagen und ihm aufzugeben, die Gegenstände an einen Sequester herauszugeben. Durch Beschluss vom 6.8.2007 ist der Antrag ohne Anhörung des Antragsgegners auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen worden.

Nachdem der Beschluss dem Antragsgegner zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten zugestellt worden ist, haben diese für den Antragsgegner 1.019,59 EUR Kosten zur Festsetzung beantragt, und zwar eine 0,8 Verfahrensgebühr nebst Auslagen. Die Antragstellerin ist dem Kostenfestsetzungsgesuch mit der Begründung entgegengetreten, der Antragsgegner sei an dem Verfahren nicht beteiligt gewesen und das LG habe die Schutzschrift, soweit sie sich auf die Antragstellerin bezogen habe, nicht verwertet.

Durch den angefochtenen Beschluss hat sich das LG - Rechtspflegerin - dieser Auffassung angeschlossen und den Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich seine sofortige Beschwerde. Dieser hat das LG durch Beschluss vom 2.6.2008 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Zugunsten des Antragsgegners ist der geltend gemachte Betrag von 1.019,59 gegen die Antragstellerin festzusetzen, weil es sich um zur Rechtsverteidigung notwendige Kosten handelt.

1. Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei dem Gegner die diesem erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Die Kosten einer Schutzschrift zur Verteidigung gegen einen Antrag auf einstweilige Verfügung sind grundsätzlich erstattungsfähig, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird; dies gilt auch dann, wenn der Antrag nach Einreichung der Schutzschrift abgelehnt oder zurückgenommen wird (BGH NJW 2003, 1257 = MDR 2003, 655; NJW-RR 2007, 1575).

Dass ein Prozessverhältnis im Zeitpunkt der Einreichung der Schutzschrift noch nicht bestand, steht der Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Kosten der Schutzschrift nicht entgegen. Die Schutzschrift hat sich als geeignetes Mittel zur Abwehr einer einstweiligen Verfügung bewährt, die ohne Bekanntgabe des Gesuchs an den Gegner und ohne mögliche Verhandlung erlassen werden kann. Sie dient dem Zweck, dem Antragsgegner im Verfahren rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) zu verschaffen. Der Antragsgegner wird, sobald das Verfahren eingeleitet ist, dessen Beteiligter. Die Schutzschrift ist nicht anders zu behandeln als jede andere schriftsätzliche Äußerung des Antragsgegners im Verfahren, dessen Bestandteil sie mit der Verfahrenseinleitung ebenfalls ohne weiteres Zutun wird. Hatte der Antragsgegner bereits vor Rechtshängigkeit des einstweiligen Verfügungsverfahrens eine Schutzschrift eingereicht, ist er von Anfang an am Verfahren beteiligt. In einem solchen Fall stellen die durch die Fertigung der Schutzschrift entstandenen Anwaltsgebühren Kosten der Rechtsverteidigung dar (vgl. OLG Düsseldorf, 20. OLG Düsseldorf OLGReport Düsseldorf 1999, 211; OLG Düsseldorf, 10. OLG Düsseldorf MDR 1995, 859; OLG Frankfurt GRUR 1996, 229; OLG Köln Rpfleger 1995, 518; OLG Koblenz MDR 1995, 425; OLG München Rpfleger 1993, 126; OLG Braunschweig, JurBüro 1993, 218; Zöller, ZPO, 20. Aufl., § 91 Rz. 13 zu Stichwort "Schutzschrift"; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 2. Aufl., Rz. 824). Dies entspri...

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