Leitsatz (amtlich)
1. Die Erhebung einer Teilklage durch den Insolvenzverwalter ist nicht als mutwillig i. S. des § 114 Abs. 2 ZPO anzusehen, wenn dieser nachvollziehbare Sachgründe dafür vorbringt, warum er auf die Geltendmachung der Gesamtforderung verzichtet (Anschluss an BGH, Beschl. v. 06.12.2010 - II ZB 13/09 Rn. 5 ff.).
2. Ist Gegenstand der beabsichtigten Rechtsverfolgung der Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 InsO aufgrund einer konkreten anfechtbaren Rechtshandlung, liegt auch dann keine Teilklage vor, wenn daneben aus weiteren anfechtbaren Rechtshandlungen Rückgewähransprüche in Betracht kommen, denn die hieraus resultierenden Ansprüche sind prozessual selbständig. Die Beschränkung auf einen bestimmten Anspruch von mehreren bedarf keiner weiteren sachlichen Rechtfertigung.
Normenkette
InsO § 143 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 13 O 49/20) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 22.05.2020 wird der Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 06.03.2020 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 05.06.2020 abgeändert.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Sch., Düsseldorf, für die beabsichtigte Klage auf Rückgewähr des am 30.04.2015 vom Geschäftskonto des Schuldners an den Antragsgegner ausgezahlten Betrages von 10.000 EUR gemäß Klageentwurf vom 03.02.2020 bewilligt.
Gründe
I. Der Antragsteller möchte als Verwalter in dem auf einen Eigenantrag vom 13.09.2018 hin am 04.12.2018 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des D. (Schuldner) im Wege der "Teilklage" einen auf Insolvenzanfechtung gestützten Zahlungsanspruch gegen den Vater des Schuldners, den Antragsgegner, verfolgen. Der Schuldner hatte dem Antragsgegner Kontovollmacht über das Geschäftskonto bei der B.-Bank erteilt. Der Antragsgegner hob nach Darstellung des Antragstellers von diesem Konto im Zeitraum 01.12.2014 bis 25.05.2016 Beträge in bar im Gesamtumfang von 89.365 EUR ab (Anlagenkonvolut 2 - fehlt), die dem Schuldner nicht zur Verfügung gestellt wurden und für die der Antragsgegner auch keine äquivalente Gegenleistung erbracht hat. Darunter befand sich eine Auszahlung vom 30.04.2015 i.H.v. 10.000 EUR, die der Antragsteller aus Gründen der Prozessökonomie zunächst allein klageweise geltend machen will. Auf eine außergerichtliche Zahlungsaufforderung hin bestellte sich für den Antragsgegner Rechtsanwalt M., der eine Prüfung der Ansprüche ankündigte. Eine Reaktion auf weitere Schreiben des Antragstellers erfolgte nicht mehr.
Der Antragsteller macht geltend, die Abhebungen stellten anfechtbare unentgeltliche Leistungen des Schuldners dar. Die Kosten für die beabsichtigte "Teilklage" könnten aus der freien Masse nicht aufgebracht werden. Den Insolvenzgläubigern - dies sind hauptsächlich das Land NRW mit Forderungen des Finanzamts i.H.v. insgesamt 242.600,52 EUR und die Stadt N. mit Forderungen von insgesamt 48.535,99 EUR - sei die Finanzierung des Prozesses nicht zuzumuten, da sie auch bei einem Klageerfolg nicht damit rechnen könnten, mehr als das Doppelte der aufzubringenden Kosten zu erhalten. Die Beschränkung der Klage auf 10.000 EUR sei sachgerecht und entspreche prozessualer Vorsicht. Über den Beklagten seien zwar keine negativen Merkmale bekannt, es erscheine jedoch fraglich, ob er den Gesamtbetrag i.H.v. 89.365 EUR zurückführen könne. Dass keine weitere Reaktion auf vorgerichtliche Anschreiben erfolgt sei, deute darauf hin, dass der Antragsgegner seine außergerichtlichen Bevollmächtigten nicht habe bezahlen können, so dass diese nicht weiter tätig geworden seien. Bei dieser Sachlage würde auch ein nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesener Insolvenzverwalter eine "Teilklage" erheben, um die Masse vor Kosten zu schonen, auf denen sie möglicherweise "hängen bleibe", und um kurzfristig einen Titel zu erlangen und sich sodann im Wege der Zwangsvollstreckung ein Bild von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsgegners zu verschaffen.
Das Landgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig erscheine. Der Antragsteller habe nicht dargelegt, dass ein sachlich begründeter Anlass für die Erhebung einer Teilklage bestehe. Ein sachlich nicht ausreichend begründetes Vollstreckungsrisiko reiche nicht aus.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der geltend macht, die von ihm reklamierten Zweifel daran, dass sich die Gesamtforderung i.H.v. 89.365 EUR beibringen lasse, beruhten auf seinen Erfahrungen als Insolvenzverwalter, dass Beträge in einer nahezu sechsstelligen Größenordnung bei Privatpersonen, die nicht unternehmerisch tätig seien, nur ausnahmsweise vollständig eingezogen werden könnten. Barvermögen in dieser Größenordnung sei in der Regel nicht vorhanden, die Verwertung von etwaigem sonstigen Vermögen (Grundbesitz, Geschäftsanteile, etc.) gestalte sich stets äußerst schwierig. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass bel...