Leitsatz (amtlich)
1. Zwar kann ein Anspruch des Vermieters auf Verzinsung der wegen Abrechnungsreife nicht mehr durchsetzbaren Nebenkostenvorauszahlungen bestehen. Der Anspruch entfällt jedoch, wenn er unabhängig von der eingetretenen Abrechnungsreife einredebehaftet ist, weil das den Verzug ausschließt.
2. Zum Anspruch des Mieters von Geschäftsräumen auf Herabsetzung von Nebenkostenvorauszahlungen.
3. Der Mieter von Geschäftsräumen wird unangemessen benachteiligt, wenn ihm durch AGB die Verpflichtung auferlegt wird, "ausreichende Versicherungen" abzuschließen und deren Fortbestand nachzuweisen, sofern offen bleibt, welche Versicherungen von ihm erwartet werden und in welcher Höhe er diese unterhalten muss.
4. Der Vermieter kann von einem Arzt nicht die Entfernung von aus Diskretionsgründen auf Fenstern der gemieteten Praxisräume angebrachten Sichtschutzfolien verlangen, selbst wenn darauf der Name des Praxisbetreibers angegeben wird.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 6 O 212/14) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Der Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Der auf den 27.9.2016 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 7.470,-- festgesetzt.
Gründe
Die Berufung der Beklagten und Widerklägerin hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).
Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Vielmehr hat das LG zu Recht die Widerklage im angefochtenen Umfang abgewiesen.
Die Beklagte hat weder Anspruch auf Zahlung von EUR 2.470,-- als Nebenkostenvorauszahlung für den Zeitraum von März 2013 bis August 2014, noch kann sie erneut den Nachweis über den Fortbestand der im Antrag zu 2. benannten Versicherungen verlangen. Auch besteht kein Anspruch gegenüber der Klägerin, die bedruckten Fensterfolien (von der Beklagten als "Werbung" bezeichnet) zu entfernen.
1. Ein Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe der für den Zeitraum von März 2013 bis August 2014 bestehenden Differenz zwischen den ursprünglich geltend gemachten EUR 2.850,-- (19 × EUR 150,--) und den vom LG zuerkannten EUR 380,--, mithin auf Zahlung von weiteren EUR 2.470,-- besteht bereits deshalb nicht, weil hinsichtlich der maßgeblichen Zeiträume mit Ablauf der Jahre 2014 (für die Vorauszahlungen für 2013) und 2015 (für die Vorauszahlungen für 2014) Abrechnungsreife eingetreten ist, weshalb Vorauszahlungen von der Klägerin nicht mehr geschuldet werden. Die Frist für die Abrechnungsreife beträgt auch im Gewerbemietraumrecht ein Jahr (vgl. BGH, Urteil vom 27.5.2015 - XII ZR 66/13, Rz. 32, jetzt und im Folgenden zitiert nach Juris; Senat, Urteile vom 11.7.2013 - I-24 U 136/12, Rz. 37 und vom 16.2.2016 - I-24 U 63/15, Rz. 10). Ob im Hinblick aufgrund der seit Jahren durch die Klägerin geleisteten Überzahlungen nach einer Abrechnung überhaupt noch ein Zahlungsanspruch in der von der Beklagten noch verfolgten Höhe entsteht bzw. entstanden ist, erscheint im Übrigen fraglich.
Zwar könnte trotz eingetretener Abrechnungsreife ein Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Verzugszinsen bestehen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26.9.2012 - XII ZR 112/10, Rz. 32). Ein solcher steht der Beklagten jedoch nicht zu, denn unabhängig von der eingetretenen Abrechnungsreife ist der Anspruch einredebehaftet, was einen Verzug ausschließt. Denn dieser setzt einen vollwirksamen Anspruch voraus (vgl. BGH, Urteil vom 16.3.1988 -VIII ZR 184/87, Rz. 19 = BGHZ 104, 11; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 286 Rn. 9 f. mwN), der hier nicht gegeben ist.
a. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Reduzierung der Nebenkostenvorauszahlung zu. In § 4 Nr. 5 des Gewerbemietvertrages (im Folgenden: MV) vom 27.4.2007 (GA 115) haben die Parteien folgendes vereinbart:
"Über die Vorauszahlung ist jährlich abzurechnen. Der Vermieter kann den Abrechnungszeitraum aus Zweckmäßigkeitsgründen ändern.
Im Falle der Erhöhung oder der Verringerung der Nebenkosten ist der Vermieter berechtigt, die Vorauszahlungen mit Wirkung des auf die Jahresabrechnung folgenden Monats neu festzusetzen. Für neu entstehende Neben-, insbesondere Betriebskosten, kann der Vermieter ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme angemes...