Leitsatz (amtlich)
1. Als einfache Streitgenossen verklagte juristische Personen mit identischem Vertretungsorgan und Geschäftssitz müssen, wenn sie nicht sachliche Gründe für das Einschalten jeweils anderer Prozessbevollmächtigter vorbringen, sich so behandeln lassen, als hätten sie gemeinsam einen Rechtsanwalt beauftragt.
2. Die in einem am LG Wuppertal anhängigen Rechtstreit obsiegende Partei kann ohne besonderen Grund nicht die Kosten eines in Berlin residierenden Rechtsanwalts festsetzen lassen, wenn sie in Solingen ihren Sitz hat.
3. Obsiegende Streitgenossen sind kostenrechtlich nicht als Gesamtgläubiger, sondern als Teilgläubiger zu behandeln.
Normenkette
ZPO §§ 91, 104, 59; BGB §§ 420, 428
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 05.12.2011; Aktenzeichen 3 O 457/10) |
Tenor
Die sofortigen Beschwerden der Beklagten zu 1. bis 3. gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal - Rechtspflegerin - vom 5.12.2011 werden zurückgewiesen.
Zur Klarstellung wird der angefochtene Beschluss wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Urteils der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 20.7.2011 sind von der Klägerin jeweils 1496,07 EUR an die Beklagten zu 1., 2. und 3. zu erstatten, und zwar nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Beklagte zu 3. seit dem 23.8., für die Beklagte zu 1. seit dem 30.8.2011 und für die Beklagte zu 2. seit dem 27.10.2011.
Das weiter gehende Kostenfestsetzungsgesuch der Beklagten zu 1. bis 3. wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagten zu 1. bis 3. Zu je 1/3.
Beschwerdewert: bis 2.500 EUR
Gründe
I. Die Klägerin hatte die beklagten Gesellschaften auf Zahlung von Vergütung aus einem angeblichen Dienstvertrag verklagt. Sämtliche Beklagten residieren unter derselben Anschrift und wurden während des Rechtsstreits durch dieselbe Geschäftsführerin, A. F., vertreten. Die Beklagten hatten den Abschluss eines Dienstvertrages bestritten und behauptet, die Beschäftigung der Klägerin durch ihre Geschäftsführerin, mit der sie damals befreundet gewesen sei, sei ein bloßer Freundschaftsdienst gewesen. Die Beklagten haben sich in dem Rechtsstreit jeweils durch andere Rechtsanwälte vertreten lassen.
Durch rechtskräftiges Urteil vom 20.7.2011 hat das LG die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Alle vier Beklagten haben die außergerichtlichen Kosten ihrer Rechtsanwälte i.H.v. jeweils 3.597,50 EUR zur Kostenfestsetzung angemeldet, darunter die Beklagte zu 1. zzgl. Reisekosten für die Strecke Berlin - Wuppertal und zurück im Betrage von 314,51 EUR. Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.12.2011 hat das LG - Rechtspflegerin - die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4. antragsgemäß auf 3.597,50 EUR festgesetzt.
Durch weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss vom selben Tage hat die Rechtspflegerin entschieden, dass von der Klägerin 4.488,20 EUR nebst Zinsen an die übrigen drei Beklagten zu erstatten seien. Dabei hat die Rechtspflegerin die Reisekosten eines in Solingen, dem Geschäftssitz aller Beklagten, ansässigen Rechtsanwalts berücksichtigt und zur Begründung ausgeführt, die Beklagten zu 1. bis 3. handelten rechtsmissbräuchlich, weil sie sich durch denselben Rechtsanwalt hätten vertreten lassen können.
Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss haben die Beklagten zu 1. bis 3. (im Folgenden nur Beklagten) jeweils mit der Begründung, wegen unterschiedlicher Interessen hätten sie jeweils einen eigenen Rechtsanwalt benötigt, sofortige Beschwerde eingelegt, denen die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat.
II. Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässigen sofortigen Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat die Rechtspflegerin die der Höhe nach unstreitigen, den Beklagten entstandenen außergerichtlichen Kosten nur in der Höhe festgesetzt, wie sie bei Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten entstanden wären, und dabei zutreffend den Mehrvertretungszuschlag nach RVG-VV Nr. 1008 berücksichtigt. Allerdings war klarzustellen, dass die Beklagten jeweils nur i.H.v. 1.496,07 EUR Teilgläubiger sind.
1. Nach der Kostengrundentscheidung des LG im Urteil vom 20.7.2011 hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Dies bedeutet, dass die Klägerin die jedem der Beklagten entstandenen Kosten zu erstatten hat. Mit der Rechtspflegerin ist der Senat der Ansicht, dass nicht jede Beklagte auf Kosten der Klägerin einen eigenen Rechtsanwalt beauftragen durfte.
2. Werden - wie hier - einfache Streitgenossen (§§ 59, 60, 61 ZPO) verklagt, steht es zwar grundsätzlich jedem von ihnen frei, sich von einem eigenen Anwalt vertreten zu lassen mit der Folge, dass im Falle des Obsiegens die jedem Streitgenossen entstandenen Anwaltskosten erstattet werden können (vgl. BVerfG NJW 1990, 2124). Von diesem Grundsatz sind je nach den Umständen des Einzelfalles aber dann Ausnahmen zu machen, wenn feststeht, dass ein eigener Prozessbevollmächtigter für eine interessengerec...