Leitsatz (amtlich)
1. Die nach rechtskräftigem Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens eingetretene Änderung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO eröffnet nicht die Möglichkeit einer nachträglichen Festsetzung der den Zinssatz von 4 % übersteigenden Zinsen. Die geänderte Fassung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ist auf die vor der Rechtsänderung bereits abgeschlossenen Verfahren nicht anzuwenden.
2. Das sich aus § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO a.F. ergebende Antragsrecht ist mit der Entscheidung über diesen Antrag verbraucht; auch die nachträgliche Rechtsänderung lässt dieses nicht wieder aufleben.
Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 1 O 527/99) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG Kleve – Rechtspflegerin – vom 17.7.2002 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Gründe
I. Das LG Kleve verpflichtete den Beklagten mit Urteil vom 9.3.2001 (Bl. 74 ff. GA) zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits. Auf Antrag des Klägers erfolgte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.4.2001 (Bl. 99 GA) die Festsetzung der Kosten sowie der Ausspruch, dass diese seit dem 19.3.2001 mit 4 % Zinsen zu verzinsen seien. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Kläger am 27.4.2001 zugestellt.
Mit am 28.5.2002 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluss dahingehend zu ändern bzw. zu ergänzen, den festgesetzten Betrag ab dem 1.10.2001 mit 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 Abs. 1 DÜG und ab dem 1.1.2002 mit 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB n.F. zu verzinsen. Mit Beschluss vom 17.7.2001 (Bl. 115 GA) hat das LG Kleve – Rechtspflegerin – diesen Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Gegen diesen ihm am 23.7.2002 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 6.8.2002 Beschwerde eingelegt, der gem. Beschluss der Rechtspflegerin vom 14.8.2002 nicht abgeholfen worden ist.
II. Das als „Beschwerde” bezeichnete Rechtsmittel des Klägers ist als sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrages gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO zulässig, § 104 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG. Es hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Entgegen der Ansicht des Klägers eröffnet die nach rechtskräftigem Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens eingetretene Änderung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht die Möglichkeit einer nachträglichen Festsetzung der den Zinssatz von 4 % übersteigenden Zinsen. Die geänderte Fassung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ist auf die vor der Rechtsänderung bereits abgeschlossenen Verfahren nicht anzuwenden.
1. Eine Nachforderung der aufgrund der Gesetzesänderung höheren Zinsen wird allerdings nicht durch die Rechtskraftwirkung der nach der alten Gesetzeslage ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse ausgeschlossen.
Grundsätzlich orientieren sich die Grenzen der Rechtskraft an den Verhältnissen, die in dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt bestehen. Insoweit nimmt bei einer Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen auch die Prognose über den Fortbestand der tatsächlichen Verhältnisse an der Rechtskraft teil (vgl. Lüke in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 258 Rz. 2). Zu den auf künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen gerichteten Verurteilungen gehört auch die Verurteilung zur Zahlung von Verzugszinsen (vgl. Zöller/Vollkommer, 23. Aufl., § 323 ZPO Rz. 25). Entsprechend steht die Rechtskraft einer solchen Verurteilung der Nachforderung von weitergehenden Zinsen entgegen, wenn diese Nachforderung auf einer nach dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (Schluss der mündlichen Verhandlung) eingetretenen Änderung des tatsächlichen Zinsniveaus beruht (vgl. BGH v. 6.3.1987 – V ZR 19/86, BGHZ 100, 211 [213] = MDR 1987, 830).
Anders ist es hingegen, wenn sich die Rechtslage vor Eintritt der Fälligkeit der künftigen Leistung ändert. Der Titel auf wiederkehrende Leistungen wirkt in die Zukunft, so dass sich die materielle Rechtskraft auf den in der Entscheidung für das Ende der Leistungspflicht genannten Zeitpunkt bezieht (vgl. BGH v. 26.9.1996 – I ZR 265/95, BGHZ 133, 316 [323] = MDR 1997, 569; Lüke in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 258 Rz. 2). Die Rechtskraftwirkung greift folglich dann nicht, wenn sich die Rechtslage vor Eintritt der Fälligkeit ändert. Die Entscheidung beinhaltet keine rechtliche Zukunftsprognose, weil sie stets nur auf der Grundlage des geltenden Rechts ergehen kann und darf (vgl. Gottwald in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 322 Rz. 148).
2. Dem nachträglichen Verlangen, aufgrund der Gesetzesänderung höhere Zinsen zu beanspruchen, steht jedoch entgegen, dass das sich aus § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO a.F. ergebende Antragsrecht mit der Entscheidung über diesen Antrag verbraucht ist und auch die nachträgliche Rechtsänderung dieses nicht wieder aufleben lässt.
§ 104 Abs. 1 S. 2 ZPO sieht vor, dass „auf Antrag” eine Verzinsung vom Eingang des Feststellungsantrages an auszusprechen ist. Die Stellung des Antrages ist als Prozesserklärung Voraussetzung für den Ausspruch der Verzinsung. Mit Gewährung der nach dem Ges...