Leitsatz (amtlich)
1. Die Frist zur Einleitung eines Spruchverfahrens wird nur durch den rechtzeitigen Eingang eines Antrags bei dem örtlich zuständigen Gericht gewahrt.
2. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten ist - auch im Hinblick auf den für das Spruchverfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatz - nur dann einzuholen, wenn nach dem der Strukturmaßnahme zugrunde gelegten Bewertungsgutachten, dem Prüfbericht sowie ggf. ergänzender Stellungnahme und Anhörung des sachverständigen Prüfers noch weiterer Aufklärungsbedarf besteht.
3. Gegen eine Marktrisikoprämie von 4,5 % bestehen bezogen auf einen Bewertungsstichtag im August 2010 keine Bedenken.
Normenkette
SpruchG § 4 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 17 Abs. 1; FamFG § § 63 ff., § 17 Abs. 1, § 26; AktG §§ 327a, 327b
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 16.01.2014; Aktenzeichen 31 O 6/11 [AktE]) |
Tenor
Die Beschwerden der Antragsteller zu 7) bis 10) und 20) bis 28) vom 25.03.2014 sowie die des Antragstellers zu 72) vom 26.03.2014 gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf vom 16.01.2014 - 31 O 6/11 (AktE) - in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 02.12.2014 werden zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die Vergütung und Auslagen des gemeinsamen Vertreters der Minderheitsaktionäre im Beschwerdeverfahren trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Das Spruchverfahren betrifft die in der Hauptversammlung vom 25.08.2010 beschlossene Übertragung der Aktien von Minderheitsaktionären der L.-Werke AG (L.-AG) auf die Antragsgegnerin gegen Gewährung einer Barabfindung (sog. Squeeze-out).
Die L. gehört dem L. -Konzern an, einem international agierenden Maschinenbau-Konzern. Sie hält direkte und indirekte Tochterunternehmen und Beteiligungen in Deutschland und zahlreichen weiteren Ländern; insbesondere fungiert sie als Holdinggesellschaft der Tochtergesellschaften M. GmbH - Obergesellschaft für den Bereich Abfüll- und Verpackungstechnik - sowie der LM. GmbH, einer Zwischenholding für das Segment "Sonstige Industriebeteiligungen". Die M. bietet integrierte Lösungen an für das Abfüllen und die Verpackung von Getränken und Nahrungsmitteln sowie Produkten der Kosmetik-, Reinigungs- und Pharmaindustrie. Das Segment "Sonstige Industriebeteiligungen" bedient mit der LD. Schuhmaschinen GmbH und der LE GmbH den Spezialmaschinenbau. Die LD. ist auf die Herstellung von Maschinen zur Direktbesohlung von Schuhen spezialisiert, die LE. auf die Herstellung von Maschinen, Anlagensystemen und Technologien für die Gummi- und Silikonverarbeitung.
Bereits rund drei Jahre zuvor hatte die Antragsgegnerin den Aktionären der L.-AG in einem öffentlichen Übernahmeangebot vom 30.04.2007 den Erwerb ihrer Aktien zu je 15 EUR angeboten. In den Folgejahren baute sie ihre Beteiligung an der L.-AG weiter aus, so dass sie zum Bewertungsstichtag 95,776 % des Grundkapitals hielt. Dieses beträgt 277.187.379,20 EUR und ist eingeteilt in 54.138.160 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von 5,12 EUR je Stückaktie. Davon sind 45.814.460 Stück zum Handel im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse (Prime Standard) und an den Börsen Berlin-Bremen, Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart, München und Hannover zugelassen. Die übrigen 8.323.700 L.-AG-Aktien, die im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung im Jahr 2008 ausgegeben wurden und von der Antragsgegnerin gehalten werden, sind nicht zum Börsenhandel zugelassen.
Der Übertragungsbeschluss vom 25.08.2010 sieht eine Barabfindung in Höhe von 14,33 EUR je Stückaktie vor; diesen Wert hatte der Vorstand der L.-AG in einer Ad-hoc-Mitteilung vom 10.03.2010 als voraussichtliche Barabfindung für die beabsichtigte Strukturmaßnahme angegeben. Die von der Antragsgegnerin beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermittelte die Höhe der Barabfindung in einer Unternehmensbewertung vom 30.06.2010 anhand des gewichteten Durchschnittskurses der L.-AG-Aktie in dem Referenzzeitraum vom 10.12.2009 bis 09.03.2010 - drei Monate vor Bekanntgabe der Maßnahme - mit 14,18 EUR je Stückaktie. Anhand des Ertragswertverfahrens errechnete sie - basierend auf der unternehmenseigenen Planung für die Geschäftsjahre 2010 bis 2012 und unter Berücksichtigung des IDW S 1 2008 - einen Unternehmenswert von insgesamt 466.233 T EUR und daraus resultierend einen Wert je Stückaktie von 8,61 EUR. Angesichts des signifikanten Umsatz- und Ergebniseinbruches der L.-AG-Gruppe im Zuge der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 wurde dabei die Planung um einen Übergangszeitraum von drei weiteren Planjahren (2013 bis 2015) verlängert, für den wachsende Umsätze und Gewinne angesetzt wurden. Den Basiszins ermittelten die Bewertungsgutachter mit 3,75 % vor bzw. - unter Berücksichtigung der Abgeltungssteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag von insgesamt 26,375 % - mit 2,76 % nach Steuern, den Risikozuschlag als P...