Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung im Anschluss an BGH NZM 2001, 961 = ZMR 2001, 809
Leitsatz (amtlich)
1. Auch einem negativen Abstimmungsergebnis kommt grundsätzlich die Qualität eines anfechtbaren Beschlusses zu, so dass es der Umdeutung der Beschlussanfechtung in einem Verpflichtungsantrag nicht bedarf.
2. Die Ablehnung des Antrags, Nichtmitgliedern der Eigentümergemeinschaft das Parken auf dem Garagenhof zu untersagen, darf nicht dazu führen, dass die Eigentumsrechte des Sondereigentümers einer Garage durch eine unbeschränkte Parkmöglichkeit auf dem Hof übermäßig beeinträchtigt werden.
Normenkette
WEG §§ 13, 15, 23 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Kleve (Beschluss vom 21.11.2001; Aktenzeichen 4 T 376/01) |
AG Moers (Aktenzeichen 63 II 15/01) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, soweit der Antrag, das Befahren und Halten auf dem Hof F … in … Neukirchen-Vluyn Nichtmitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zu gestatten und ein entsprechendes Schild aufzustellen, betroffen ist.
Im übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Landgericht vorbehalten.
Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 3.000,00 Euro.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten zu 1 bis 7 bilden die im Rubrum genannte Eigentümergemeinschaft. Der Beteiligte zu 1 bewohnt eine Wohnung im ersten Obergeschoss. Zu der Anlage gehört eine Reihe von Garagen. Dem Beteiligten zu 1 steht die Garage Nr. 6 zur Verfügung. Zwischen dem Wohngebäude und den Garagen liegt eine Hoffläche, die von einigen Miteigentümern, deren Besuchern und – solange das im Erdgeschoss von dem Miteigentümer E. inzwischen geschlossene Ladengeschäft betrieben wurde – den Geschäftskunden zum Abstellen von Fahrzeugen benutzt wird.
In der Eigentümerversammlung vom 12.2.2000 hatten die Miteigentümer durch Mehrheitsbeschluss ein früher bestehendes Parkverbot im Hof aufgehoben. Diesen Beschluss hatte der Beteiligte zu 1 ohne Erfolg angefochten.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.5.2001 hat der Beteiligte zu 1 unter TOP 7 folgende Anträge zur Abstimmung gestellt:
- Das Parken im Hof wird verboten;
- den Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft F. in … Neukirchen-Vluyn wird gestattet. Fahrzeuge auf dem Hof nur für das Be- und Entladen für die Dauer von 5 Minuten abzustellen;
- das Befahren und Halten auf dem Hof… in … Neukirchen-VIuyn wird Nichtmitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gestattet. Insoweit wird ein Schild durch die Wohnungseigentümer aufgestellt, wodurch das Befahren, Parken und Halten auf dem Hof für Nichtmitglieder verboten wird.
Diese Anträge sind von der Wohnungseigentümergemeinschaft abgelehnt worden.
Der Beteiligte zu 1 hat geltend gemacht, er werde durch Abgase und Autolärm gestört. Im übrigen werde ihm die Zufahrt zu seiner Garage durch die auf dem Hof abgestellten Fahrzeuge der Kunden und Lieferanten des im Erdgeschoss befindlichen Geschäfts erschwert.
Er hat beantragt,
den Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 12.5.2001 unter TOP 7 dahin abzuändern, dass seinen Anträgen entsprochen wird.
Die Beteiligten zu 2, 3 und 5-7 haben die Zurückweisung der Anträge beantragt. Das Amtsgericht hat die Anträge durch Beschluss vom 29.8.2001 zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben. Gegen den Beschluss des Landgerichts hat der Beteiligten zu 1 sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Die Beteiligten zu 2, 3 und 5-7 sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; insoweit beruht die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften (§ 27 FGG).
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Antrag des Beteiligten zu 1 sei zwar nicht als Beschlussanfechtungsantrag zulässig, jedoch dahin auszulegen, dass er gerichtet sei auf eine Entscheidung über den ordnungsgemäßen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Dieser Antrag sei aber unbegründet, da der bestandskräftige Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 12.2.2000 entgegenstehe. Außergewöhnliche Umstände, die ein Festhalten an dem Beschluss als grob unbillig und gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen ließen, seien nicht gegeben. Durch bloße Lärm- und Geruchsbelästigungen werde nicht in unzumutbarer Weise in Eigentumsrechte des Beteiligten zu 1 eingegriffen. Dass ihm durch abgestellte Fahrzeuge die Nutzung seiner Garage verwehrt sei, habe er selbst nicht behauptet; soweit dies im Einzelfall geschehe, stünden ihm die aus seinem Eigentum folgenden Abwehrrechte zu. Der Antrag, Fahrzeuge lediglich zum Be- und Entladen für die Dauer von 5 Minuten im Hof abzustellen, laufe auf eine Aufhebung ...