Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen, unter denen das Grundbuchamt eine nachgesuchte Eigentumsumschreibung von der Vorlage eines die Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten im Beurkundungszeitpunkt bescheinigenden medizinischen Attests abhängig machen darf.
Normenkette
GBO §§ 18, 20; BGB § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Beschluss vom 01.02.2013; Aktenzeichen RA-) |
Tenor
Auf das Rechtsmittel wird die vorbezeichnete Zwischenverfügung aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, die nachgesuchten Eintragungen nicht davon abhängig zu machen, dass die Beteiligen zu 1 bis 3 ein ärztliches Attest vorlegen, aus dem sich ergibt, dass die Beteiligte zu 1 im Zeitpunkt der Beurkundung (11.12.2012) trotz ihres durch die Rheinische Landesklinik Düsseldorf am 26.11.2012 attestierten Gesundheitszustandes geschäftsfähig war und auch nicht davon, dass die Genehmigung der Urkunden durch die gemeinsam zur Vertretung bevollmächtigten Söhne nachgereicht wird.
Gründe
I. Durch notariellen Vertrag zu Urk.-R.-Nr. 996/2012 des Notars M. R. in Erkrath vom 11.12.2012 verkaufte die am 19.4.1926 geborene Beteiligte zu 1 den eingangs bezeichneten Grundbesitz für 285.000 EUR an die Beteiligten zu 2 und 3. Sie wurde dabei von ihrem ältesten Sohn begleitet. Zu Urk.-R.-Nr. 997/2012 vom selben Tage beurkundete der Notar eine Grundschuldbestellung für die Beteiligte zu 4, wobei die Beteiligten zu 2 und 3 die Bestellung im eigenen Namen sowie unter Ausnutzung einer für sie als Käufer in der Urk.-R.-Nr. 996/2012 enthaltenen Belastungsvollmacht für die Beteiligte zu 1 i.H.v. 267.500 EUR nebst Zinsen beurkunden ließen.
Unter dem 12./14 Dezember 2012 beantragte der Notar, zugleich im Namen der Beteiligten zu 4 die Eintragung der Buchgrundschuld i.H.v. 267.500 EUR (Antrag I) sowie einer Auflassungsvormerkung zur Sicherung des Anspruchs der Beteiligten zu 2 und 3 aus dem Kaufvertrag (Antrag II).
Bereits 2001 hatte die Beteiligte zu 1 ihren Söhnen - jeweils gemeinschaftlich handelnd - eine notarielle General-Vorsorgevollmacht erteilt, wenn sie wegen ihres Alters gehindert sei, für sich selbst zu sorgen.
Eingehend beim Grundbuchamt des AG am 27.12.2012 überreichte der zweite Sohn der Beteiligten zu 1 u. A. ein ärztliches Attest des Landschaftsverbandes Rheinland vom 26.11.2011, in dem es u. A. heißt, die Beteiligte zu 1 habe sich am 7.8.2012 erstmals wegen Beeinträchtigungen der kognitiven Leistungsfähigkeit im Rahmen einer demenziellen Entwicklung "bei V. a. Alzheimer-Krankheit mit spätem Beginn und depressivem Erscheinungsbild" vorgestellt. Die Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit bestünden in schweren Defiziten bzgl. der semantischen Wortflüssigkeit und der verbalen Gesamtlernleistung. Mäßig beeinträchtigt sei ... die kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit. Es fänden sich in der längern Exploration deutliche krankheitstypische Wortfindungsstörungen und die Neigung zur Nutzung floskelhafter Redewendungen. Das Denken sei verlangsamt. Aktuell bestehe "kein Anhalt für inhaltliche Denkstörungen oder Wahrnehmungsstörungen bei erhaltenem Tag-Nacht-Rhythmus; nur begrenzte Wahrnehmung und Einsicht bzgl. der eigenen kognitiven Einbußen ...".
Er macht weiter geltend, die Beteiligte zu 1 habe ihm auf Nachfrage weder beantworten können, bei welchem Notar sie gewesen sei, noch was sie dort gemacht habe. Seine Mutter sei geschäftsunfähig.
Der erste Sohn der Beteiligten zu 1 meint - ausdrücklich in Abstimmung mit der Beteiligten zu 1 - es bestehe kein Anlass, in das Verfahren einzugreifen. Auch sei kein wirtschaftlicher Schaden für seine Mutter erkennbar. Der Verkauf des Hauses sichere ihr dauerhaft die Liquidität, die sie zum Leben brauche und entlaste sie von erforderlichen Renovierungen.
Der zweite Sohn weist darauf hin, dass er grundsätzlich nicht gegen den Verkauf sei; er werde dem Vertrag gern zustimmen, wenn der Verbleib des Geldes entsprechend der Generalvollmacht geregelt sei, d.h. er und sein Bruder das Geld gemeinsam verwalten. Wenn seine Mutter pflegebedürftig werde, habe er eine finanzielle Verantwortung. Sollte der Verkaufserlös dann nicht zur Verfügung stehen, werde das weitreichende Konsequenzen haben.
Durch Zwischenverfügung vom 1.2.2013 hat das Grundbuchamt ausgeführt,
es bestünden Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu 1. Aus dem vorgelegten Attest der Rheinischen Kliniken Düsseldorf - Abteilung Gerontopsychiatrie - vom 26.11.2012 ergebe sich, dass die Beteiligte zu 1 an einer Demenz mit Verdacht auf Alzheimer-Krankheit leidet. Konkrete Aussagen zur Geschäftsfähigkeit seien in dem Attest nicht gemacht, es seien vielmehr die einzelnen Defizite näher beschrieben. Es sei jedoch allgemein bekannt, dass eine Demenz als Gesundheitsstörung nicht reversibel und ggf. sehr rasch fortschreitend sei. Es bestünden somit erhebliche Zweifel daran, dass die Beteiligte zu 1 zum Zeitpunkt der Beurkundung am 11.12.2012 geschäftsfähig war. Daher bedürfe es der Vorlage eines ärztlichen Attestes - bezogen auf den Beurkundungszei...