Entscheidungsstichwort (Thema)
Organisationshaft: Rechtmittel gegen die weitere Vollstreckung. Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Organisationshaft nach Verlegung in den Maßregelvollzug. zulässige Haftdauer
Leitsatz (amtlich)
1. Die Organisationshaft bereitet die nach der gesetzlichen Regelreihenfolge und der richterlichen Erkenntnis vorweg zu vollziehende Maßregel vor und ist vom Grundsatz her zulässig.
2. Die noch vertretbare Dauer der Organisationshaft kann nur im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der Bemühungen der Strafvollstreckungsbehörde um eine beschleunigte Unterbringung des Verurteilten im Maßregelvollzug bestimmt werden.
3. Ist die Bereitstellung eines Unterbringungsplatzes kurzfristig - etwa aufgrund eines bald freiwerdenden Therapieplatzes - möglich ist, so sind ein Zuwarten bis zur Bereitstellung des Behandlungsplatzes und die Fortdauer des Vollzugs der Organisationshaft zulässig, wenn die Vollstreckungsbehörden den Bedarf unverzüglich angemeldet hatte.
4. Wird ein Behandlungsplatz erst mittelfristig oder gar langfristig frei oder ist nicht absehbar, wann ein Unterbringungsplatz verfügbar ist, ist die Vollstreckungsbehörde hingegen gehalten, sich um einen (zeitlich früher) verfügbaren Unterbringungsplatz außerhalb des zuständigen Landschaftsverbands zu bemühen und, sofern dies erfolglos ist, ggf. auch um einen solchen außerhalb des jeweiligen Bundeslandes. Unzulässig ist die weitere Organisationshaft unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erst, wenn diese Bemühungen innerhalb eines angemessenen Zeitraums nicht erfolgreich sind.
Tenor
Die sofortige Beschwerde ist erledigt.
Es wird festgestellt, dass der (weitere) Vollzug der Organisationshaft vom 11. Dezember 2020 bis zum 16. März 2021 unzulässig war.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Verurteilten werden der Landeskasse auferlegt.
Gründe
I.
Der Verurteilte befand sich in der Zeit vom 17. Februar 2020 bis zum 17. März 2020 und sodann - nach Vollstreckung einer Ersatzfreiheitstrafe in einer anderen Sache - vom 13. Mai 2020 bis zum 9. August 2020 in Untersuchungshaft und wurde durch Urteil der 2. großen Strafkammer des Landgerichts X vom 10. August 2020, das am selben Tag rechtskräftig geworden ist, wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Ferner wurde seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB angeordnet. Eine Anordnung, wonach die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist (§ 67 Abs. 2 StGB), enthält das Urteil nicht, so dass der Verurteilte noch am selben Tag in Organisationshaft überführt wurde.
Mit Schreiben vom 13. August 2020 ersuchte die Staatsanwaltschaft die Direktorin des Landschaftsverbands Rheinland als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde um Aufnahme des Verurteilten in den Maßregelvollzug. Mit Schreiben vom 21. August 2020 bestätigte diese den Eingang des Aufnahmeersuchens und teilte mit, ein Behandlungsplatz könne nicht sofort benannt werden. Noch am selben Tag berichtete der Leitende Oberstaatsanwalt aus X dem Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen über den Fall und bat um Unterstützung bei der erforderlichen Bereitstellung eines Unterbringungsplatzes für den Verurteilen. Auf jeweilige Nachfragen der Staatsanwaltschaft X teilte der Landschaftsverband Rheinland am 22. September 2020, 9. Oktober 2020, 19. Oktober 2020, 26. Oktober 2020 und 5. November 2020 mit, dass trotz fortlaufender Bemühungen mangels freier Kapazitäten ein Unterbringungsplatz für den Verurteilten nicht zur Verfügung stünde. Auch das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen bemühte sich bei der für die Verteilung von Unterbringungsplätzen zuständigen Abteilung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen regelmäßig - im Rhythmus von zwei Wochen - um einen Unterbringungsplatz für den Verurteilten.
Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2021 beantragte der Verteidiger des Verurteilten, diesen "aus der Haft zu entlassen". Die 3. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts X hat diesen als Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Freiheitsstrafe bis zum Antritt der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ausgelegt und den Antrag mit Beschluss vom 8. Februar 2021 zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, eine Entlassung bis zum Beginn des Maßregelvollzugs sei aufgrund der langjährigen und tiefgreifenden Suchtmittelproblematik nicht zu verantworten. Gegen diesen Beschluss hat der Verteidiger für den Verurteilten mit Schriftsatz vom 11. Februar 2021 sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf die lange Dauer der Organisationshaft verwiesen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat dem Senat die Akten am 11. März 2021 zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde vorgelegt und beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Am 15. März 2021 hat die Generalstaatsanwaltschaft den Senat in Kenntnis gesetzt, dass für den Verurteilten ab dem 17. M...