Leitsatz (amtlich)

1. Hat die Erblasserin in ihrem privatschriftlichen Testament einerseits verfügt "Mein Nießbrauch-Vermögen bei der Firma ... soll im Fall meines Todes zu gleichen Teilen (je 25%) auf die Enkel-Kinder meines verstorbenen Ehemanns ... übertragen werden (vererbt werden) ...", ohne dass diese Rechte wertmäßig den Nachlass erschöpfen oder ihn im wesentlichen bestimmen und andererseits hinsichtlich des wertmäßig den ganz überwiegenden Nachlass ausmachenden Restvermögens angeordnet "Mein restliches Vermögen vermache ich meinen Stiefsohn ... [Beteiligter zu 2] ... und meinem Adoptiv-Enkel ... [Beteiligter zu 1 und Testamentsvollstrecker] ... zu gleichen Teilen.", so führt dies unter Anwendung der gesetzlichen Auslegungsregel des § 2087 BGB - ungeachtet der verwendeten Bezeichnungen - zu dem Ergebnis einer Einsetzung des Stiefsohnes und des Adoptivenkels als Erben und der Enkel als Vermächtnisnehmer.

2. Eine nicht gegen § 2205 Satz 3 BGB verstoßende und daher wirksame entgeltliche Verfügung eines Testamentsvollstreckers (hier: Übertragung des Grundbesitzes durch den Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstrecker zu je 1/2 Anteil an sich selbst und an den Beteiligten zu 2 "als Vermächtnisnehmer" "zum Zwecke der Vermächtniserfüllung") liegt vor, wenn diese in Erfüllung einer letztwilligen Verfügung des Erblassers vorgenommen wurde, wobei der entsprechende Nachweis als Ausnahme von § 29 GBO durch ein dem Grundbuchamt vorzulegendes und von diesem zu würdigendes privatschriftliches Testament erbracht wird.

3. Für das Eintragungsverfahren ist die Vorlage eines Erbscheins entbehrlich, wenn sich - wie hier - den testamentarischen Anordnungen der Erblasserin ohne weiteres entnehmen lässt, dass die Beteiligten zu 1 und 2 abgesehen von den zum Nachlass gehörigen Unternehmensrechten alle übrigen Nachlassgegenstände, mithin auch den zum Nachlass gehörigen Grundbesitz, jeweils zu gleichen Teilen erhalten sollten.

 

Normenkette

BGB §§ 2087, 2205 S. 3; GBO § 18 Abs. 1, §§ 29, 35

 

Verfahrensgang

AG Mönchengladbach-Rheydt (Aktenzeichen RH-5705-3)

 

Tenor

Die Zwischenverfügung vom 11. April 2019 wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Die derzeit als Alleineigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes im Grundbuch eingetragene Erblasserin verstarb im Jahr 2018. Zu ihrem Nachlass gehören neben dem verfahrensgegenständlichen Grundbesitz Rechte an einem Unternehmen, Bankguthaben sowie Forderungen gegen Dritte.

Mit privatschriftlichem Testament vom 31. Dezember 2015 setze die Erblasserin den Beteiligten zu 1 zum Testamentsvollstrecker ein. Weiter verfügte sie folgendes:

"Mein Nießbrauch-Vermögen bei der Firma ... soll im Fall meines Todes zu gleichen Teilen (je 25%) auf die Enkel-Kinder meines verstorbenen Ehemanns ... übertragen werden (vererbt werden).

Mein restliches Vermögen vermache ich meinen Stiefsohn A. (Anm.: das ist der Beteiligte zu 2) ... und meinem Adoptiv-Enkel Dr. B. (Anm.: das ist der Beteiligte zu 1) ... zu gleichen Teilen."

Unter dem 22. November 2018 trafen die Beteiligten zu 1 und 2 in einer als "Vermächtniserfüllungs- und Übertragungsvertrag" überschriebenen notariellen Urkunde folgende Vereinbarungen: In einem ersten Schritt übertrug der Beteiligte zu 1 in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker zum Zwecke der Vermächtniserfüllung den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz je zu 1/2-Anteil an sich selbst und an den Beteiligten zu 2 als Vermächtnisnehmer. In einem zweiten Schritt übertrug der Beteiligte zu 2 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an den Beteiligten zu 1.

Unter dem 6. Februar 2019 wurde dem Beteiligten zu 1 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt. Ein Erbschein ist bislang nicht beantragt.

Mit notariellem Antrag vom 14. Februar 2019 beantragten die Beteiligten die Umschreibung des Eigentums am verfahrensgegenständlichen Grundbesitz unmittelbar auf den Beteiligten zu 1.

Mit Zwischenverfügung vom 22. Februar 2019 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass eine Zustimmung der Erben gemäß § 2205 Satz 3 BGB in der Form des § 29 GBO sowie ein Erbnachweis, der durch Vorlage eines Erbscheins geführt werden könne, erforderlich seien.

Der verfahrensbevollmächtigte Notar teilte mit Schreiben vom 14. März 2019 mit, die vom Grundbuchamt verlangten Nachweise nicht für erforderlich zu halten, da der Beteiligte zu 1 als Testamentsvollstrecker im ersten Schritt des Übertragungsvertrages ausschließlich das von der Erblasserin angeordnete Vermächtnis erfülle; das sei keine unentgeltliche Verfügung im Sinne von § 2205 Satz 3 BGB.

Mit Schreiben vom 28. März 2019 teilte das Grundbuchamt mit, es bestünden Zweifel, ob die im Testament getroffenen Anordnungen als Vermächtnis oder als Erbeinsetzung auszulegen seien. Im Hinblick auf das Formerfordernis des § 29 GBO seien die Zustimmung der Erben und der Erbnachweis angefordert worden. Deshalb bitte es um Erledigung der Zwischenverfügung.

Der Rechtsauffassung des Grundbuchamtes trat der verfahrensbevollmächtigte Notar mit seinem weiteren Schreiben vom 8. April 2019 entgegen.

Mit dem ...

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