Leitsatz (amtlich)
Bei der Festsetzung des Streitwertes für den Rechtsstreit und den Vergleich bleiben in Darlehenswiderrufsfällen bei verbundenen Geschäften (hier: finanzierter PKW-Kauf) die im Wege einer Hilfsaufrechnung und/oder einer Hilfswiderklage von der beklagten Bank verfolgten Ansprüche auf Ersatz des Wertverlustes des PKW wegen wirtschaftlicher Identität unberücksichtigt.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 10 O 16/20) |
Tenor
Die als Gegenvorstellung auszulegende Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 25.08.2021 gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss vom 05.08.2021 wird zurückgewiesen.
Gründe
Eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung ist unstatthaft, weil nach § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 GKG eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet. Die Streitwertbeschwerde war daher als Gegenvorstellung auszulegen, über die der Senat selbst zu entscheiden hat. Die Gegenvorstellung ist nicht begründet. Der Senat hält auch in Ansehung der Ausführungen in dem Schriftsatz vom 25.08.2021 an seiner Auffassung fest, wonach die Hilfsaufrechnung und die Hilfswiderklage der Beklagten nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen sind.
1. Der Senat hat den Streitwert für das Berufungsverfahren und den Vergleich in seinem Beschluss vom 05.08.2021 zutreffend entsprechend der Höhe des Nettodarlehensbetrages auf 23.737,45 EUR festgesetzt. Dass der Wert des vom Kläger verfolgten Klagebegehrens sich nach der Summe des Nettodarlehensbetrages richtet, wird von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten auch nicht in Frage gestellt und entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 19.01.2021 - XI ZR 106/20).
2. Eine streitwerterhöhende Berücksichtigung des mit der Hilfsaufrechnung und der Hilfswiderklage für den Fall, dass das Gericht den vom Kläger erklärten Widerruf für wirksam erachten sollte, geltend gemachten Anspruchs der Beklagten gegen den Kläger auf Ersatz des Wertverlustes des Fahrzeugs, welches der Kläger in diesem Fall an die Beklagte herauszugeben hätte, findet nicht statt.
a) Gemäß § 45 Abs. 1 GKG werden in einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche zusammengerechnet; ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch aber nur zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Nach § 45 Abs. 1 S. 3 GKG ist nur der höhere Wert maßgebend, wenn die Ansprüche denselben Gegenstand betreffen. Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich gemäß § 45 Abs. 3 GKG der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht. Gemäß § 45 Abs. 4 GKG sind diese Absätze bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich entsprechend anzuwenden.
b) Ob sich im Falle des Vergleichsabschlusses aufgrund der in § 45 Abs. 4 GKG angeordneten Analogie nur der Gegenstandswert des Vergleichs, oder auch derjenige des Rechtsstreits erhöht, kann dahinstehen. Selbst wenn man mit der - wohl herrschenden Auffassung - davon ausgehen wollte, dass diese Analogie dann zu einer Erhöhung beider Gegenstandswerte führt, wenn die Parteien in ihrer materiell-rechtlichen vergleichsweisen Einigung zugleich Regelungen über die zur Hilfsaufrechnung gestellten Forderungen getroffen, diese also miterledigt haben, und es für eine Werterhöhung nicht darauf ankommt, dass auch im Falle einer gerichtlichen Entscheidung (statt des Vergleichs) eine entsprechende Wertaddition erfolgen müsste, gelangte man vorliegend nicht zu der begehrten Erhöhung der Gegenstandswerte.
aa) Es ist bereits fraglich, ob die erstinstanzlich hilfsweise geltend gemachten Gegenansprüche der Beklagten von dem am 05.08.2021 festgestellten Vergleich umfasst sind und von einer entsprechenden Erledigungswirkung der Hilfsbegehren ausgegangen werden kann. Gegen die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche aus einem vermeintlich bestehenden Rückabwicklungsschuldverhältnis nach dem vom Kläger erklärten Widerruf seiner auf den Abschluss des mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung hat die Beklagte, die auf die Berufungsbegründung des Klägers vor dem Zustandekommen des Vergleichs nicht erwidert hat, sich in I. Instanz primär damit verteidigt, dass sich das Darlehen nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelt habe, weil das dem Kläger ursprünglich zustehende Widerrufsrecht zum Zeitpunkt seiner Ausübung bereits verfristet gewesen sei. Nur hilfsweise, bedingt für den Fall, dass das Landgericht den vom Kläger erklärten Widerruf für wirksam erachten und infolgedessen von einer Umwandlung des zwischen den Parteien bestehenden Darlehensvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis mit entsprechenden wechselseitigen Ansprüchen ausgehen sollte, hat die Beklagte die ihr nach ihrer Auffassung im Rahmen eines Rückgewährschuldverhältnisses gegen den Kläger zustehenden Ansprüche auf Ersatz des Wertverlust...