Leitsatz (amtlich)
Hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wegen Rücknahme des Strafantrags eingestellt, ist die gerichtliche Kosten- und Auslagenentscheidung (§ 470 StPO) in entsprechender Anwendung des § 469 Abs. 3 StPO unanfechtbar.
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Antragsteller A. dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Der Antragsteller A. hat am 26. Dezember 2011 gemäß § 247 StGB Strafantrag gegen seinen Sohn, den damals Beschuldigten H., gestellt, nachdem dieser am 21. Dezember 2011 während der Urlaubsabwesenheit seiner Eltern in deren Wohnung eingebrochen war und dort Bargeld (ca. 35.000 Euro und ca. 4.000 US-Dollar), diverse Videokassetten und eine Mikrowelle entwendet hatte.
Nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens hat der Antragsteller den Strafantrag mit Erklärung vom 28. März 2013 zurückgenommen. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Ohne die Rücknahme des Strafantrags hätte die Staatsanwaltschaft Anklage bei dem Landgericht Duisburg erhoben, weil bei dem Beschuldigten wegen hebephrener Schizophrenie auch die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Betracht gekommen wäre.
Die Staatsanwaltschaft hat bei der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg beantragt,
dem Antragsteller A. gemäß §§ 470, 469 Abs. 2 StPO die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen.
Hiervon hat die Strafkammer mit Beschluss vom 15. Juli 2013 abgesehen. Zur Begründung hat die Strafkammer unter Hinweis auf § 470 Satz 2 StPO ausgeführt, dass es unbillig erscheine, den Antragsteller A., der durch den Wohnungseinbruchdiebstahl mindestens 35.000 Euro verloren habe, auch noch mit den Verfahrenskosten zu belasten. Gleiches gelte erst recht für die notwendigen Auslagen des Beschuldigten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft.
II.
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist unzulässig. Denn die angegriffene Kosten- und Auslagenentscheidung ist unanfechtbar.
Da noch kein Gericht mit der Sache befasst war, ist die nach Rücknahme des Strafantrags vorgesehene Kosten- und Auslagenentscheidung (§ 470 StPO) in entsprechender Anwendung des § 469 Abs. 2 StPO durch das Gericht getroffen worden, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig gewesen wäre.
Der Senat teilt die in der Kommentarliteratur überwiegende Auffassung, dass eine gerichtliche Kosten- und Auslagenentscheidung, die nach Rücknahme des Strafantrags im Falle der Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft (§ 170 Abs. 2 StPO) ergeht, in entsprechender Anwendung des § 469 Abs. 3 StPO unanfechtbar ist (vgl. LR-Hilger, StPO, 26. Aufl., § 470 Rdn. 16; SK-Degener, StPO, 4. Aufl., § 470 Rdn. 15; KMR-Stöckel, StPO, 45. Lfg., § 470 Rdn. 13; AK-Sättele, StPO, 2. Aufl., § 470 Rdn. 10).
Die Sachlage bei den in § 469 StPO und § 470 StPO geregelten Kostenpflichten ist vergleichbar, wobei die gerichtliche Prüfung der Voraussetzungen des § 470 StPO - hier ist lediglich die Rücknahme des Strafantrags festzustellen - sogar wesentlich einfacher ist. Demgegenüber sind im Falle des § 469 StPO auch subjektive Voraussetzungen zu prüfen, nämlich ob der Anzeigende die unwahre Anzeige vorsätzlich oder leichtfertig erstattet hat. Daher ist es folgerichtig, im Falle der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach Rücknahme des Strafantrags nicht nur § 469 Abs. 2 StPO, sondern auch § 469 Abs. 3 StPO entsprechend anzuwenden mit der Folge, dass die gerichtliche Kosten- und Auslagenentscheidung unanfechtbar ist.
Diese Bewertung wird bestätigt durch die Regelung des § 467a Abs. 3 StPO. Nimmt die Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage zurück und stellt sie das Verfahren - etwa nach § 170 Abs. 2 StPO - ein, ist die daraufhin ergehende Kosten- und Auslagenentscheidung ebenfalls unanfechtbar. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens im Falle des § 470 StPO eine Anfechtbarkeit der gerichtlichen Kosten- und Auslagenentscheidung zuzulassen, während eine solche Anfechtungsmöglichkeit bei gerichtlichen Kosten- und Auslagenentscheidungen, die im Anschluss an eine Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft gesetzlich vorgesehen sind, ansonsten ausgeschlossen ist. Die Erwägungen, die den Gesetzgeber im Rahmen des Strafverfahrensänderungsgesetzes vom 27. Januar 1987 zur Vermeidung von Ungereimtheiten veranlasst haben, die Unanfechtbarkeitsregelungen in § 467a Abs. 3 StPO und § 469 Abs. 3 StPO zu normieren (vgl. BT-Drucksache 10/1313, S. 41), gelten gleichermaßen für den Fall des § 470 StPO, der bei der damaligen Novellierung außer Betracht geblieben ist.
Soweit in der Kommentarliteratur ohne Einschränkung angeführt wird, dass gegen eine nach § 470 StPO ergangene Kosten- und Auslagenentscheidung die sofortige Beschwerde nach § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO zulässig sei ...