Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich; Anrechte aus Grundrentenzuschlag; zu den Voraussetzungen für die Annahme der fehlenden Ausgleichsreife wegen Unwirtschaftlichkeit gem. §19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Anrechten aus dem Grundrentenzuschlag handelt es sich im Versorgungsausgleich um gesondert auszuweisende Anrechte, wie sich aus § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI ergibt.
2. Eine fehlende Ausgleichsreife wegen Unwirtschaftlichkeit gem. § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG liegt nicht vor, wenn die Nichtteilhabe an dem zu übertragenden Anrechtsteil aus dem Grundrentenzuschlag nicht mit ausreichender Sicherheit zum Entscheidungszeitpunkt prognostiziert werden kann. Die erforderliche Prognose, ob aufgrund der Einkommensanrechnung gem. § 97a SGB VI keine Rentenzahlungen aus den übertragenen Grundrenten-Entgeltpunkten erfolgen werden, bedarf einer hinreichend belastbaren Grundlage.
Normenkette
VersAusglG § 19 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
AG Kleve (Aktenzeichen 4 F 253/21) |
Tenor
1. Auf die Beschwerden der Deutschen Rentenversicherung Bund und der S... Pensionskasse AG wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kleve vom 03.05.2022 zu b. abgeändert und insoweit wie folgt durch folgende Absätze neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. 53 ...) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 11,8146 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto 13 .... bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland, bezogen auf den 31.10.2021, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. 53 ...) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 0,7224 Entgeltpunkten für langjährige Versicherung auf das vorhandene Konto 13 ... bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland, bezogen auf den 31.10.2021, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der S... Pensionskasse AG (Vers. Nr. 9...) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 9.286,28 EUR nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen/Teilungsordnung in der Fassung von August 2021, bezogen auf den 31.10.2021, übertragen.
2. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
I. Auf den am 03.11.2021 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin hat das Amtsgericht die am 21.02.1989 geschlossene Ehe mit dem Antragsgegner durch Beschluss vom 03.05.2022 geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Die Antragstellerin hat während der gesetzlichen Ehezeit unter anderem gesetzliche Rentenanwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung Bund erworben. Diese hat in ihrer Auskunft vom 23.03.2022 für das Anrecht der Antragstellerin in der allgemeinen Rentenversicherung einen Ausgleichswert von 11,8146 Entgeltpunkten und in der allgemeinen Rentenversicherung (Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung) von 0,7224 Entgeltpunkten mitgeteilt.
Das Amtsgericht hat ohne Differenzierung hinsichtlich der Ausgleichswerte 12,5386 Entgeltpunkte zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland, bezogen auf den 31.10.2021, übertragen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund, die zur Begründung ausführt, dass das Familiengericht Entgeltpunkte und Entgeltpunkte für langjährige Versicherung nach dem Grundrentengesetz zusammengerechnet und in einer Summe ausgeglichen habe. Zwar hätten die Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung keine unterschiedliche Wertigkeit im Vergleich zu den übrigen Entgeltpunkten. Jedoch handele es sich um eine besondere Entgeltpunkteart, die wegen der nach § 97a SGB VI vorzunehmenden Einkommensanrechnung nicht mit den übrigen Entgeltpunktearten verrechnet werden dürfe (§ 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI). Darüber hinaus sei das Gericht in der Gesamtsumme die Entgeltpunkte von der Auskunft vom 23.03.2022 abgewichen.
Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Verfügung vom 23.09.2022 darauf hingewiesen, dass die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund grundsätzlich begründet sei. Allerdings stelle sich die von Amts wegen zu berücksichtigende Frage der Unwirtschaftlichkeit des Ausgleichs im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG. Dies könne der Fall sein, wenn der Antragsgegner aus der übertragenen Grundrentenanwartschaft mit einem Ausgleichswert von 0,7224 Entgeltpunkten wegen der Einkommensanrechnung nach § 97a Abs. 4 Sätze 2 und 3 SGB VI keine Rentenzahlung wird erhalten können. Zu der Frage der Unwirtschaftlichkeit haben die Beteiligten die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, von der sie jedoch keinen Gebrauch gemacht haben.
Darüber hinaus hat die S... Pensionskasse AG zunächst Berichtigung des Beschlusses vom 03.05.2022 unter Hinweis darauf beantragt, dass das ...