Leitsatz (amtlich)
›Die Ersatzzustellung durch Niederlegung bei der Post ist unwirksam und setzt die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht in Lauf, wenn in der Zustellungsurkunde lediglich der vergebliche Zustellungsversuch an der Anschrift des Empfängers und die Mitteilung der Niederlegung beurkundet sind, der die tatsächliche Niederlegung des zuzustellenden Schriftstücks und deren Ort und Zeit betreffende Teil des Urkundenformulars aber von dem Postbediensteten weder ausgefüllt noch unterschrieben ist.‹
Verfahrensgang
StA Köln (Aktenzeichen 160 VRs 64/93) |
Tenor
1. Der Beschluß des Senats vom 10. Mai 2000 - 1 Ws 304 + 312/00 - wird aufgehoben.
2. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Düsseldorf vom 2. Februar 2000 - StVK 179/93 - wird als unbegründet auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.
Gründe
I.
Durch Beschluß vom 2. Februar 2000 hat die Strafvollstreckungskammer die Aussetzung der Vollstreckung einer Restfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Köln vom 22. Juni 1988 zur Bewährung widerrufen, weil der Verurteilte innerhalb der Bewährungszeit eine neue Straftat, nämlich am 2. Dezember 1998 einen Einbruchsdiebstahl begangen und dies auch zugegeben habe. Hiergegen hatte der Verurteilte sofortige Beschwerde eingelegt und zugleich - ersichtlich hilfsweise - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels beantragt. Er hatte geltend gemacht, der Widerrufsbeschluß vom 2. Februar 2000, von dessen Erlaß er durch seine Bewährungshelferin erfahren habe, sei ihm nicht zugestellt worden.
Durch Beschluß vom 10. Mai 2000 hat der Senat das Wiedereinsetzungsgesuch des Verurteilten wegen fehlender Glaubhaftmachung verworfen und zugleich die sofortige Beschwerde wegen verspäteter Einlegung als unzulässig verworfen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Antrag des Verurteilten auf Nachholung des rechtlichen Gehörs gemäß § 33 a StPO, mit dem er beanstandet, daß der Senat von der wirksamen Zustellung des Widerrufsbeschlusses ausgegangen sei und diesen Umstand bei seiner Entscheidung zu seinem, des Verurteilten, Nachteil verwertet habe, ohne ihn zuvor dazu zu hören.
II.
1.
Es kann dahinstehen, ob das Vorbringen des Verurteilten der Vorschrift des § 33 a StPO unterfällt. Jedenfalls ist das Antragsvorbringen als Gegenvorstellung zu werten, die auch begründet ist.
Der Senat hat nämlich bei seiner Entscheidung vom 10. Mai 2000 übersehen, daß eine wirksame Ersatzzustellung des Widerrufsbeschlusses durch Niederlegung bei der Post nicht nachgewiesen ist.
a)
Die bei den Akten befindliche Zustellungsurkunde (Bl. 224 BewH) belegt lediglich, daß der Postbedienstete, der mit der Zustellung des Widerrufsbeschlusses beauftragt war, am 9. Februar 2000 versucht hat, die zuzustellende Postsendung dem Verurteilten unter der angegebenen - zutreffenden - Anschrift zuzustellen, diesen jedoch nicht und keine sonstige zur Entgegennahme der Sendung berechtigte Person angetroffen und deshalb einen Benachrichtigungsschein über die vorzunehmende Niederlegung in den Hausbriefkasten eingeworfen hat. Aus der Urkunde ergibt sich jedoch nicht, daß, wann und wo die Sendung niedergelegt worden ist. Insoweit ist der entsprechende Vordruckteil weder ausgefüllt noch von dem Postbediensteten unterschrieben. Damit ist eine wirksame Ersatzzustellung des Widerrufsbeschlusses nicht bewiesen.
Zur wirksamen (Ersatz-)Zustellung durch Niederlegung des Schriftstücks bei der Postanstalt (§ 37 Abs. 1 StPO, § 182 ZPO) gehören der vergebliche Versuch des Zustellers, das Schriftstück unter der Anschrift des Empfängers durch persönliche Übergabe zuzustellen, die Niederlegung der Sendung bei der Wohnpoststelle und die schriftliche Benachrichtigung des Empfängers hierüber. Fehlt es an einem dieser Akte, ist die Zustellung unwirksam (KK-Maul, StPO, 4. Aufl., § 37 Rdnr. 16 und Wendisch in Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl. § 69 Rdnr. 69 jeweils m.w.N.; vgl. OLG Hamm NJW 1974, 658; OLG Bremen NJW 1955, 643).
b)
Mangels wirksamer Zustellung des Widerrufsbeschlusses vom 2. Februar 2000 ist die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht in Lauf gesetzt worden. Damit aber ist die sofortige Beschwerde am 28. Februar 2000 rechtzeitig eingelegt worden und durfte nicht als unzulässig verworfen werden. Da der Verurteilte mithin keine Frist versäumt hatte, war für eine Verwerfung des - hilfsweise - angebrachten Wiedereinsetzungsantrages kein Raum, dieser Antrag war vielmehr gegenstandslos. Der Beschluß des Senats vom 10. Mai 2000 unterliegt danach der Aufhebung.
2.
Die Aufhebung des genannten Senatsbeschlusses hat zur Folge, daß der Senat nunmehr sachlich über die sofortige Beschwerde des Verurteilten zu entscheiden hat.
Das Rechtsmittel erweist sich allerdings aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, gegen deren Richtigkeit der Beschwerdeführer nichts vorbringt, als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 St...