Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob und in welchem Umfang der Sachverständige eine Entschädigung für die erforderliche Zeit beanspruchen kann, wenn sich nach Erteilung des Auftrags herausstellt, dass der Sachverständige mit der Sache vorbefasst war und er infolgedessen entpflichtet wird mit der Folge, dass die Fertigstellung des Gutachtens unterbleibt.
Normenkette
JVEG § 8
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 21.03.2006; Aktenzeichen 2 O 483/94) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Sachverständigen wird der Beschluss des LG Wuppertal vom 21.3.2006 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die dem Antragsteller zu gewährende Entschädigung wird festgesetzt auf 632,20 EUR.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die gem. § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur teilweisen Abänderung des angefochtenen Beschlusses. Dem Antragsteller steht für seine Tätigkeit eine Entschädigung i.H.v. 632,20 EUR zu.
Der Antragsteller macht mit seiner Rechnung vom 22.2.2006 Aufwand geltend, den er zum Zwecke der Erstellung eines Gutachtens entfaltet hat, welches indes infolge seiner Entpflichtung nicht fertig gestellt worden ist. Die Nichtfertigstellung beruht jedoch nicht auf einem Verschulden des Sachverständigen, so dass der liquidierte Vorbereitungsaufwand zu entschädigen ist.
Grundsätzlich hat ein Sachverständiger erst dann Anspruch auf seine Entschädigung, wenn er entsprechend der Beweisanordnung des Gerichts die Beweisfrage beantwortet hat. Unterbleibt die Fertigstellung des Gutachtens, so entfällt der Entschädigungsanspruch für die bereits geleisteten Arbeiten nur dann, wenn die Fertigstellung des Gutachtens durch Verschulden des Sachverständigen unterbleibt. Unterbleibt die Fertigstellung dagegen ohne Verschulden des Sachverständigen, hat dieser einen Anspruch auf Entschädigung für die Vorbereitungsarbeiten und die bereits erbrachten Teilleistungen (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG 23. Aufl., § 8 Rz. 828). Entsprechend liegt der Fall hier.
Der Antragsteller selbst hat bei Durchsicht der Akten und Vorbereitung des Ortstermins offensichtlich nicht erkannt, dass er bereits ein Jahr zuvor durch die hinter dem Beklagten zu 2) stehende "X"-Versicherung mit einer eng gesteckten technischen Detailfrage aus dem vorliegenden Rechtsstreit befasst war. Dies wurde erst offenbar, als der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 10.2.2006 auf diesen Umstand hinwies und vorsorglich um die Entpflichtung des Antragstellers bat. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller bereits den in seiner Liquidation vom 22.2.2006 aufgeführten Aufwand entfaltet.
In Bezug auf das Nichterkennen seiner Vorbefassung kann dem Antragsteller kein hinreichend sicherer Schuldvorwurf gemacht werden. Entgegen den Ausführungen im landgerichtlichen Beschluss kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller ohne Schwierigkeiten hätte erkennen können, dass er wegen Vorbefassung das Gutachten nicht würde erstellen können. Hierfür gibt es keine gesicherten Anhaltspunkte.
Das LG führt insoweit im angefochtenen Beschluss aus, der Antragsteller habe bereits durch einen kurzen Blick auf den Aktendeckel die Personenidentität zwischen den seinerzeitigen Streitparteien des Gutachtenauftrages der "X"- Haftpflichtversicherungs AG und den Parteien dieses Rechtsstreits - namentlich der Klägerin und des Beklagten zu 2) als Versicherungsnehmer der "X"-Haftpflichtversicherungs AG - feststellen können. Dem hält der Antragsteller entgegen, dass Auftraggeber im Jahre 2005 die "X"-Haftpflichtversicherungs AG gewesen sei, die lediglich eine eng formulierte Detailfrage gestellt und unter Betreff ihres Anschreibens eine Sache B./. L. angegeben habe. Eine Akte sei ihm seinerzeit nicht zur Verfügung gestellt worden.
Allein aufgrund der im Zusammenhang mit der Beauftragung durch die Versicherung im Jahre 2005 erlangten Kenntnis kann dem Antragsteller kein Verschulden vorgeworfen werden. Zu berücksichtigen ist, dass die Anfrage der Versicherung bereits ein Jahr zurücklag, dass seinerzeitige Auftraggeberin die "X"-Haftpflichtversicherungs AG war, dass keine Akte zur Verfügung gestellt wurde und lediglich eine technische Detailfrage zu beantworten war. Als Anhaltspunkt, "auf den ersten Blick" eine Personenidentität zu erkennen, verbleibt mithin - wovon das LG auch ausgeht - lediglich die Angabe der Streitparteien im Betreff des seinerzeitigen Schreibens der Versicherung. Insoweit aber kann einem hauptberuflich tätigen Sachverständigen jedoch kein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden, wenn ihm bei einem ein Jahr später erteilten gerichtlichen Auftrag nicht auffällt, dass die Streitparteien des Rechtsstreits identisch sind mit den seinerzeit im Rahmen einer konkreten Anfrage von einer Versicherung in einem Betreff angegebenen Streitparteien. Die von dem Auftraggeber in einem Betreff angegebenen Streitparteien haben regelmäßig für...