Leitsatz (amtlich)
Eine Erhöhung des als Festbetrag vorgegebenen Verfahrenswertes in Sorge- und Umgangssachen nach § 45 Abs. 3 FamGKG ist nur geboten, wenn der Arbeitsaufwand des Gerichts und der Verfahrensbevollmächtigten aufgrund besonderer Umstände - beispielsweise wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache - so stark von einem durchschnittlichen Verfahren abweicht, dass der nach § 45 Abs. 1 FamGKG vorgesehene Verfahrenswert zu unangemessen niedrigen Kosten und Gebühren führen würde. Allein die Einholung eines Sachverständigengutachtens und der hiermit regelmäßig verbundene zweite Anhörungstermin reichen für eine Erhöhung des Verfahrenswertes im Regelfall noch nicht aus (entgegen OLG Celle v. 11.2.2011 - 10 WF 399/10, NJW 2011, 1373)
Verfahrensgang
AG Oberhausen (Beschluss vom 27.06.2014; Aktenzeichen 55 F 1282/13) |
Tenor
In der Familiensache betreffend das Kind L. wird die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Oberhausen vom 27.6.2014 - Festsetzung des Verfahrenswertes - zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet (§ 59 Abs. 3 FamGKG).
Gründe
I. Die Mutter des beteiligten Kindes hat im vorliegenden Verfahren die Feststellung beantragt, dass sie über ausreichende Erziehungsfähigkeit verfügt, um das beteiligte Kind in ihrem Haushalt zu erziehen, und ein Verbleib in einer Mutter - Kind - Einrichtung nicht erforderlich ist.
Das AG hat ein Sachverständigengutachten zur Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter und der Notwendigkeit des Verbleibs in einer Mutter - Kind - Einrichtung eingeholt. Nachdem die Kindesmutter sich aufgrund des Ergebnisses des Gutachtens im Termin am 27.6.2014 bereit erklärt hat, zusammen mit ihrem Kind in einer betreuten Einrichtung zu bleiben, ist die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
Das AG hat den Verfahrenswert auf 3.000 EUR festgesetzt.
Hiergegen wendet sich die Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter mit ihrer Streitwertbeschwerde, mit der sie geltend macht, dass aufgrund des Umfangs der Sache eine Erhöhung des Verfahrenswertes auf 5.000 EUR geboten sei.
II. Die von der Verfahrensbevollmächtigten in eigenen Namen eingelegte Beschwerde ist zulässig; auch die nach § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG erforderliche Beschwer wird erreicht.
Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Der Verfahrenswert beträgt gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG in Kindschaftssachen, die die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge betreffen, grundsätzlich 3.000 EUR. Sofern dieser Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig erscheint, kann nach § 45 Abs. 3 FamGKG ein höherer oder niedrigerer Wert festgesetzt werden.
Als mögliche Gründe für eine Anhebung des Verfahrenswertes nennt der Gesetzgeber den besonderen Umfang und/oder die besondere Schwierigkeit des Verfahrens. Bei einer einfachen Sach- und Rechtslage oder bei geringen Einkommen eines Beteiligten kann nach der Vorstellung des Gesetzgebers dagegen eine Herabsetzung des Verfahrenswertes erwogen werden (BT-Drucks. 16/6308, 306).
Die Abweichung von dem für durchschnittliche Sorge- und Umgangsrechtsfälle vorgesehenen Verfahrenswert, der abweichend von der früheren Gesetzeslage nicht mehr als Regelbetrag, sondern als Festbetrag vorgegeben ist, ist nach der Gesetzessystematik eine Ausnahme und kann nur in Betracht gezogen werden, wenn der Arbeitsaufwand des Gerichts und der Verfahrensbevollmächtigten so stark von einem durchschnittlichen Verfahren abweicht, dass der nach § 45 Abs. 1 FamGKG vorgesehene Verfahrenswert aufgrund der atypischen Umstände des Einzelfalles zu unvertretbar hohen oder unangemessen niedrigen Kosten bzw. Gebühren führen würde.
Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Verfahren eine Anhebung des Verfahrenswertes nicht gerechtfertigt.
Zwar ist nach einer ausführlichen Erörterung der Sach- und Rechtslage im ersten Termin ein Sachverständigengutachten eingeholt worden, dessen Auswertung den Arbeitsaufwand für alle Verfahrensbeteiligte erhöht hat. Dies führt jedoch auch zusammen mit dem nach der Erstellung des Gutachtens regelmäßig erforderlichen zweiten Termin nicht zu einer so großen Abweichung von einem durchschnittlichen Sorge- oder Umgangsverfahren, dass allein aufgrund dieser Umstände die nach dem Verfahrenswert von 3.000 EUR anfallenden Gebühren bereits unvertretbar niedrig erscheinen, zumal vorliegend das klare Ergebnis des Gutachtens die Kindesmutter dazu veranlasste, ihren Feststellungsantrag nicht weiter zu verfolgen, was zu einer Erledigung des Verfahrens führte. Zudem sprechen nach der Begründung des Gesetzgebers auch die schlechten Einkommensverhältnisse der Kindesmutter gegen eine Erhöhung des Verfahrenswertes.
Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch vertretene Auffassung, dass bereits die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder die Anhörung der Beteiligten in mehr als einem Termin regelmäßig die Erhöhung des Verfahren...