Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 08.03.1978; Aktenzeichen 25 AktE 3/77) |
Tenor
1. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte zu 2), die ca. 2.400 Arbeitnehmer beschäftigt, ist Tochtergesellschaft der Beteiligten zu 1) und besitzt ihrerseits mehrere Tochter- und Enkelgesellschaften. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitnehmer dieser Konzernuntergesellschaften gemäß § 5 MitbestG auch bei der Beteiligten zu 2) durch Vertreter im Aufsichtsrat mitbestimmen. Die Beteiligten zu 1) und 2) begehren Entscheidung, daß sich der Aufsichtsrat der Beteiligten zu 2) gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG ohne gleichzeitige Anwendung von § 5 MitbestG zusammensetze.
Das Landgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen, weil nicht im Sinne von § 98 Abs. 1 AktG streitig oder ungewiß sei, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat zusammenzusetzen ist.
Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 AktG zulässig.
Sie ist auch begründet.
Das Landgericht (Zivilkammer) ist zur Entscheidung über den vorliegenden Antrag zuständig. Der Antrag ist gemäß § 98 Abs. 1 AktG statthaft (wegen der GmbH vgl. § 27 EGAktG). Er ist zur Klärung eines Streites gestellt, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat der Beteiligten zu 2) zusammenzusetzen ist. Es genügt hierzu, daß die Anwendung von § 5 MitbestG streitig ist, auch wenn – wie hier – die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder davon nicht abhängt (vgl. Martens, ZGR 1977, 383 ff; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 24.1.1978 – 5 TaBV 105/77 –; ArbG Düsseldorf DB 1978, 795; a.A. Wiesner, DB 1977, 1717 m.w.Nachw.).
Abzugrenzen ist die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit gemäß § 98 Abs. 1 AktG vom Zuständigkeitsbereich der Arbeitsgerichte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG. Erstere soll die Zusammensetzung des Aufsichtsrates unter Berücksichtigung der Mitbestimmungsvorschriften mit Wirkung für und gegen alle klären. Die Arbeitsgerichte haben über Wahl und Abberufung der Arbeitnehmervertreter zu entscheiden.
Die Frage, wo Konzernmitbestimmung stattfindet, kann durch einen Antrag gemäß § 98 Abs. 1 AktG geklärt werden.
1. Der Wortlaut der §§ 95 ff AktG, 5 MitbestG spricht für diese Auffassung, zumindest läßt er eine solche Auslegung zu.
a) Allein von den Begriffen „Zusammensetzung” und „Wahl” her läßt sich eine genaue Abgrenzung nicht finden; denn einerseits hängt die Wahl davon ab, nach welchen Vorschriften der Aufsichtsrat zusammenzusetzen ist, andererseits führt die Wahl zu einer bestimmten Zusammensetzung des Aufsichtsrates. Von Bedeutung kann insofern nur sein, ob … der Antrag sich unmittelbar auf die Wahl bezieht, wie zum Beispiel bei einer Wahlanfechtung. Das ist hier nicht der Fall. Der vorliegende Antrag ist eindeutig und zwanglos ohne unmittelbaren Bezug auf die Wahl formuliert.
b) Die Wortfassung des § 98 Abs. 1 AktG in Verbindung mit § 5 MitbestG ist weit genug, den vorliegenden Antrag einzuschließen, denn es geht hier um die Anwendung einer gesetzlichen Vorschrift, die den Umfang der Mitbestimmung regelt und in der nicht von Wahl die Rede ist.
c) Die Aufzählung der Mitbestimmungsgesetze in § 96 AktG könnte allerdings für eine Beschränkung des Verfahrens nur auf den Streit über die Anwendung dieser genannten Gesetze sprechen. So eng kann aber jedenfalls nach Inkrafttreten des Mitbestimmungsgesetzes 1976 das Verfahren nicht mehr gesehen werden, denn nach diesem Gesetz ist nunmehr je nach Zahl der Arbeitnehmer der Aufsichtsrat unterschiedlich groß (§ 7 MitbestG). Unzweifelhaft ist im Verfahren nach § 98 Abs. 1 AktG auch dann zu entscheiden, wenn die Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976 an sich außer Streit, aber die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder nach § 7 MitbestG streitig ist (vgl. Wiesner a.a.O.). Die Erwähnung des Mitbestimmungsgesetzes in § 96 AktG umfaßt aber dessen § 5 nicht weniger als § 7 MitbestG.
d) Die Neufassung des § 98 Abs. 2 AktG – „Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes oder die Anwendung von Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes streitig” – legt nahe, daß der Streit im Sinne von § 98 Abs. 1 AktG auch nur um einzeln Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes und damit auch lediglich um § 5 MitbestG gehen kann. § 98 Abs. 2 AktG regelt zwar nur die Antragsberechtigung, diese aber eben für Anträge, die unter § 98 Abs. 1 AktG fallen. Wegen der Antrassberechtigung definiert § 98 Abs. 2 Satz 2 einen Teilbereich der Anträge genauer. Diese Definition läßt den Rückschluß darauf zu, was zum Antragsbereich gehört.
2. Andere Möglichkeiten, die Zuständigkeit für den Streit um § 5 MitbestG abzugrenzen, erscheinen weniger brauchbar, insbesondere um gleichartige Streitigkeiten vor die gleiche Gerichtsbarkeit zu bringen.
a) Die Entscheidung, ob § 5 MitbestG anwendbar ist, läßt sich keinesfalls generell den Arbeitsgerichten zuweisen. Denn unter Umständen hängt von der Anwendung des § 5 MitbestG die ...