Leitsatz (amtlich)
1. Zur Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten eines Rechtsanwalts am sog. Dritten Ort.
2. Eine (vollständige) Berücksichtigung der durch die Beauftragung eines an einem dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten entstehenden Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren kann allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Beauftragung des Rechtsanwaltes durch besondere Gründe veranlasst war.
3. Besondere Gründe können etwa dann vorliegen, wenn es um die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts geht und ein vergleichbarer Anwalt am Wohnort der Partei nicht beauftragt werden kann. Eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit genügt dagegen nicht.
Normenkette
ZPO § 91
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 10.04.2007; Aktenzeichen 41 O 133/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Düsseldorf - Rechtspflegerin - vom 10.4.2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Gründe
Die am 27.4.2007 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten (Bl. 171 GA) gegen den ihr am 25.4.2007 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Düsseldorf - Rechtspflegerin - vom 10.4.2007 (Bl. 167 f., 170 GA) ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.
Die Klägerin kann über die bereits erfolgte Kostenfestsetzung hinaus keine weiteren Kosten für ihre anwaltliche Vertretung erstattet verlangen. Wie in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, sind weder die geltend gemachten Kosten des für die Wahrnehmung des Termins am 16.8.2006 bestellten Unterbevollmächtigten erstattungsfähig noch wären Kosten für die Anreise ihres Hauptbevollmächtigten zum Termin als notwendig anzusehen.
Die in Düsseldorf ansässige Beklagte hat hier für den vor dem LG in Düsseldorf zu führenden Prozess einen in Hamburg - und damit einen am sog. dritten Ort - ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Die Frage der Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten eines Rechtsanwalts am sog. dritten Ort beurteilt sich nach der Neufassung des § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO - also sowohl für den am Prozessgericht zugelassenen als auch für den nicht am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt - stets danach, ob seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung notwendig war.
Für die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Die Partei darf dabei ihr berechtigtes Interesse verfolgen, die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte zu ergreifen. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. grundlegend BGH Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, Rpfleger 2003, S. 98).
In diesem Rahmen ist grundsätzlich die Zuziehung eines am Wohn- und Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1, Halbs. 2 ZPO anzusehen. Regelmäßig ist der Rechtsanwalt für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung auf die Tatsacheninformation der Partei angewiesen. Diese kann regelmäßig nur in einem persönlichen mündlichen Gespräch erfolgen (vgl. BGH Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, Rpfleger 2003, S. 98).
Darf die Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragen, so ist sie - sofern dessen Reisekosten nicht überschritten werden - nicht daran gehindert, einen an einem sog. dritten Ort ansässigen Rechtsanwalt ihres Vertrauens zu bevollmächtigen (vgl. BGH Beschlüsse vom 18.12.2003 - I ZB 21/03, Rpfleger 2004, 316, und vom 11.3.2004 VII ZB 27/03). Nur mit dieser Einschränkung hat der BGH bislang die Erstattungsfähigkeit der Mehrkosten eines Rechtsanwalts am sog. dritten Ort bejaht. Nichts anderes geht auch aus dem Beschluss des BGH vom 28.6.2006 - IV ZB 44/05 hervor; auch hier hatte die Partei lediglich die Festsetzung der fiktiven Reisekosten des Prozessbevollmächtigten vom Unternehmsitz zum Gerichtsort geltend gemacht (S. 9 des Beschlusses).
Ob auch über diese fiktiven Reisekosten - die hier bei 0 liegen, weil Geschäftssitz und Prozessort zusammenfallen - hinausgehende Kosten infolge der Beauftragung eines Rechtsanwaltes an einem dritten Ort erstattungsfähig sein können, hatte der BGH ausdrücklich offen gelassen (vgl. BGH Beschlüsse vom 28.6.2006 - IV ZB 44/05, vom 14.9.2004 - VI ZB 37/04, JurBüro 2005, 93, und vom 11.3.2004 VII ZB 27/03). Der Senat hat diese Frage bereits dahingehend beantwortet, dass eine (vollständige) Berücksichtigung der durch die Beauftragung eines an einem dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten entstehenden Kosten im Kostenfestsetzungsverfa...