Entscheidungsstichwort (Thema)

Adoptionssache. Adoptionssache: Beteiligtenfähigkeit minderjähriger Kinder des Annehmenden im Adoptionsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Minderjährige Kinder des Annehmenden gehören in einem Verfahren zur Adoption weiterer minderjähriger Kinder nicht zu den Beteiligten i.S.d. §§ 7, 188 FamFG und können deshalb zur Wahrnehmung ihrer Anhörungsmöglichkeiten nach § 193 FamFG Verfahrenskostenhilfe nicht beanspruchen.

 

Normenkette

FamFG §§ 7, 76, 188, 193; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

AG Oberhausen (Aktenzeichen 43 F 234/10)

 

Tenor

In der Adoptionssache betreffend die minderjährigen Kinder J. und M. P. wird die sofortige Beschwerde der Kinder des Annehmenden zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die beiden Beschwerdeführer sind die minderjährigen Kinder des Herrn M. B., der seit Dezember 2007 verheiratet ist und im vorliegenden Verfahren beantragt hat, die Adoption für zwei gleichfalls minderjährige Kinder seiner Ehefrau auszusprechen. Das Familiengericht hat mit Verfügung vom 1.7.2010 (Gerichtsakte - GA - Bl. 33 R) die Beschwerdeführer über ihre Mutter angeschrieben und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Daraufhin hat sich für sie ein Rechtsanwalt bestellt, Ausführungen zur Sache gemacht und um Zurückweisung des Adoptionsantrages gebeten (GA Bl. 41). Zum abschließenden Anhörungstermin hat das AG die Mutter und den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführer geladen (GA Bl. 44 R); letzterer hat den Termin wahrgenommen (GA Bl. 55 f.).

Durch den angefochtenen Beschluss hat die Amtsrichterin den Verfahrenskostenhilfe-Antrag der Kinder zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige Beschwerde, der das AG nicht abgeholfen hat.

II. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. Die Beschwerdeführer haben keinen Anspruch auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe.

1. Das Gesetz knüpft die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe in §§ 76 f. FamFG i.V.m. § 114 ZPO an die Rechtsstellung des Verfahrensbeteiligten (vgl. Markwardt in Johannsen/Henrich Familienrecht 5. Aufl., § 76 FamFG Rz. 4; Viefhues in MünchKomm FamFG § 76 Rz. 7; Keske in Schulte/Bunert/Weinreich FamFG Rz. 3 zu §§ 76 bis 77; Zimmermann in Keidel FamFG 16. Aufl., § 76 Rz. 7; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe Beratungshilfe 5. Aufl. Rz. 35 mit Fußnote 4 sowie Bundestagsdrucksache - BTDrS - 16/6308 S. 212 f.). Damit hängt die Entscheidung im vorliegenden Fall davon ab, ob die Beschwerdeführer als Beteiligte anzusehen sind. Diese Frage hat die Amtsrichterin mit Recht verneint. Beteiligt ist nach § 7 FamFG, wer

  • in Antragsverfahren als Antragsteller auftritt (Abs. 1)
  • in anderen Angelegenheiten "durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird" (Abs. 2 Nr. 1) oder
  • aufgrund des FamFG oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen ist (Abs. 2 Nr. 2)
  • oder sonst von Amts wegen oder auf Antrag als Beteiligter hinzuziehen ist, soweit dies im FamFG oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist (Abs. 3).

Wer dagegen, ohne dass diese Voraussetzungen vorliegen, lediglich anzuhören ist, wird dadurch nicht Beteiligter (Abs. 6).

2. Für Adoptionssachen nach §§ 186 f. FamFG bestimmt das Gesetz in § 188 ausdrücklich, wer von Amts wegen zu beteiligen ist. Danach sind in Verfahren, die auf eine Annahme als Kind gerichtet sind, der Annehmende und der Anzunehmende, die Eltern des Anzunehmenden sowie der Ehegatte des Annehmenden und des Anzunehmenden zu beteiligen, §§ 1741 f. BGB, 186 Nr. 1, 188 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden gehören dagegen nicht zu den Personen, die kraft Gesetzes notwendig zu beteiligen sind (Musielak/Borth FamFG § 193 Rz. 1; BTDrS 16/6308 S. 248). Denn für sie sieht § 193 FamFG ("Anhörung weiterer Personen") lediglich eine Anhörung vor, die sich von der " Anhörung der Beteiligten" unterscheidet, die in § 192 FamFG speziell geregelt ist. Die Bestimmung des § 193 FamFG wird deshalb nur verständlich, wenn Kinder des Annehmenden nicht zu den Beteiligten i.S.d. §§ 7 oder 188, 192 FamFG gehören. Auf diese Kinder findet deshalb die Regelung des § 7 Abs. 6 FamFG Anwendung, wonach die Anhörung nicht zur förmlichen Beteiligung führt (vgl. auch Althammer in Johannsen/Henrich, a.a.O., § 7 FamFG Rz. 24).

Die Beschwerdeführer können sich im Übrigen nicht auf die verschiedenen Alternativen des § 7 Abs. 1 bis 3 FamFG stützen. Sie waren nicht Antragsteller des Verfahrens und weder auf Antrag zu beteiligen noch als weitere Personen hinzuziehen. Diese Möglichkeiten scheiden schon deshalb aus, weil sie einen entsprechenden Antrag auf Beteiligung nicht gestellt haben. Außerdem waren ihre Rechte durch das Verfahren nicht unmittelbar betroffen. Zwar kann das Hinzutreten weiterer Kinder des Annehmenden finanzielle Interessen der bereits vorhandenen Kinder berühren, weil damit Einschränkungen der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit und der künftigen Erbschaftsquote verbunden sein können (§§ 1603, 1609, 1924 Abs. 4 BGB). Dabei handelt es sich aber um mittelbare Wirkungen, die...

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