Leitsatz (amtlich)
›Die Vorschrift des § 33a StPO (Nachholung rechtlichen Gehörs) ist entsprechend anzuwenden, wenn über die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen einen die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufenden Beschluß entschieden wird, ohne die Beschwerdebegründung, die von dem Verteidiger bis zu einem bestimmten - nahen - Zeitpunkt angekündigt worden war, abzuwarten.‹
Verfahrensgang
StA Bonn |
StA Köln (Aktenzeichen 31 VRs 153/96) |
StA Köln (Aktenzeichen 90 VRs 24/96) |
Gründe
Durch Beschluß vorn 15. Oktober 1999 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld die Aussetzung der Vollstreckung von vier Strafresten aus
- dem Urteil des Amtsgerichts Wipperfürth vom 17. Mai 1995 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Köln vom 27. November 1995,
- dem Urteil des Landgerichts Bonn vom 15. August 1996,
- dem Gesamtstrafenbeschluß des Amtsgerichts Igaldbröl vom 26. Oktober 1992 und
- dem Urteil des Amtsgerichts Gummersbach vom 21. Dezember 1995 zur Bewährung widerrufen, weil der Verurteilte im Juli 1999 - innerhalb der Bewährungszeit - zwei neue Straftaten begangen habe. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten hat der Senat durch Beschluß vom 27. Dezember 1999 als unbegründet verworfen. Zu diesem Zeitpunkt war dem Senat nicht bekannt, daß die Verteidigerin des Verurteilten am 13. Dezember 1999 (Eingang beim Landgericht Krefeld) beantragt hatte, wegen ihres bevorstehenden Urlaubs die Begründungsfrist bis zum 10. Januar 2000,zu verlängern. Unter Hinweis auf die am 10. Januar 2000 in Krefeld eingegangene Begründung der sofortige Beschwerde beantragt der Verurteilte, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und den Beschluß der Strafvollstreckungskammervom 15. Oktober 1999 aufzuheben.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gegenstandslos, weil der Verurteilte keine Frist versäumt hat. Er ist nach Lage der Dinge als Antrag aufzufassen, dem Verurteilten nachträglich rechtliches Gehör zu gewähren. Das hat in entsprechender Anwendung von § 33 a StPO (vgl. BVerfGE 42, 243; BGHSt. 26, 127; Senatsbeschluß vom 21. Februar 1991 1 Ws 161/91 - m. w. N.) zu geschehen, weil der Verurteilte darauf vertrauen durfte, daß das Schreiben seiner Verteidigerin vom 13. Dezember 1999 dem Senat alsbald vorgelegt und dieser - mangels einer gegenteiligen Nachricht - die angekündigte Begründung abwarten werde (vgl. BVerfGE 17, 191, 193; 49, 212, 215 f; Wendisch, in: LR, 25. Aufl. [1999], Rdnr. 35; Maul, in: KK, 4. Aufl. [1999], Rdnr. 10; jeweils zu § 33 StPO).
Die danach gebotene erneute Überprüfung in der Sache selbst (vgl.. Senat a. a. O.) ergibt, daß die angegriffene Senatsentscheidung aufrechtzuerhalten ist. Die Strafvollstreckungskammer hat die Strafaussetzungen zu Recht nach § 56 f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB widerrufen. Der Verurteilte hat in der Bewährungszeit neue Straftaten begangen und dadurch gezeigt, daß die Erwartung, die den Strafaussetzungen zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat. Daß insoweit noch keine rechtskräftigen Verurteilungen vorliegen, ist unerheblich. Der Widerruf setzt lediglich voraus, daß Täterschaft und Schuld in einer Weise festgestellt werden, die jeden vernünftigen Zweifel ausschließt (Senat StV 198. 6, 146; wistra 1991, l86 GA-1991, 512; OLG Düsseldorf -2. StrS- NSU 1992, 300; OLG Köln NJW 1991, 505; vgl. auch BVerfG NSU 1987, 118; NSU 1991, 30). Das ist hier der Fall. Der Verurteilte hat die beiden im Juli 1999 begangenen und mittlerweile angeklagten (63 Js 25/00 StA Bonn) Taten bei der Polizei und vor dem Haftrichter gestanden. Daß er bei einer der Taten oder bei beiden schuldunfähig (§ 20 StGB) gewesen sei, ist dem vorgetragenen Auszug aus dem psychiatrischen Gutachten des Dr. M vom 3. Dezember 1999 nicht zu entnehmen.
Fundstellen