Leitsatz (amtlich)

›1. Der in der Justizvollzugsanstalt einsitzende Beschwerdeführer kann das Rechtsmittel bei dem Amtsgericht des Verwahrungsortes wirksam nur dann anbringen, wenn er es zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt, nicht aber, wenn er von der weiteren gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch macht, das Rechtsmittel schriftlich einzulegen.

2. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen ist gerechtfertigt, wenn der Beschwerdeführer sein befristetes Rechtsmittel bei einem unzuständigen Gericht einlegt und dieses dort so zeitig eingeht, daß es bei ordnungsgemäßen Geschäftsgang noch rechtzeitig an das zuständige Gericht weitergeleitet werden kann, dies aber unterbleibt.‹

 

Gründe

Durch den angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer die dem Verurteilten durch Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 29. August 1991 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten. Zu dem Rechtsmittel und seiner Zulässigkeit hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 3. November 1998 u.a. wie folgt Stellung genommen:

"I.

Die formgerecht (§ 306 Abs. 1 StPO) angebrachte sofortige Beschwerde ist statthaft gemäß § 453 Abs. 2 Satz 3 StPO, nicht jedoch fristgerecht (§ 311 Abs. 2 StPO) eingelegt worden.

Die Beschwerde war bisher nicht bei dem hierfür zuständigen Gericht, dem Landgericht Krefeld, eingegangen.

Die sofortige Beschwerde wurde dem Landgericht in Krefeld mit Fax vom 3. November 1998 übersandt.

Der Eingang der Beschwerdeschrift bei der Geschäftsstelle des Landgerichts Hagen am 2. Oktober 1998 ist ungeachtet dessen, daß gemäß § 299 Abs. 1 das Rechtsmittel zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Hagen hätte erklärt werden müssen, nicht geeignet, die Einlegungsfrist zu wahren. Bei dem Amtsgericht des Verwahrungsortes kann der Verurteilte das Rechtsmittel nur dann wirksam anbringen, wenn er es zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt, nicht aber, wenn er von der in § 306 StPO vorgesehenen weiteren Möglichkeit Gebrauch macht, die Beschwerde schriftlich einzulegen. Die schriftliche Beschwerde muß bei dem Gericht, von dem die angefochtene Entscheidung erlassen worden ist, angebracht werden. Dies folgt aus dem klaren Wortlaut des § 299 StPO. Durch die Möglichkeit der Rechtsmitteleinlegung bei dem Gericht des Verwahrungsortes soll der umständliche und zeitraubende Weg vermieden werden, den Inhaftierten dem zuständigen, möglicherweise weit entfernten Gericht vorzuführen oder den Urkundsbeamten dieses Gerichts zum Aufsuchen der Vollzugsanstalt zu veranlassen. Diese Erwägungen entfallen bei der schriftlichen Rechtsmitteleinlegung. Die Beschwerdeschrift kann ohne weiteres auch in kurzer Frist unmittelbar dem zuständigen Gericht durch die Post übermittelt werden (zu vgl. OLG Düsseldorf, Beschluß vom 6. Juli 1970 - 1 Ws 354/70 - in NJW 1970, 1890; Kleinknecht/Meyer-Goßner, 43. Aufl., § 299 Rn. 3 m.w.N.).

II.

Dem Beschwerdeführer ist jedoch von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 45 Abs. 2 S. 3 StPO) wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde zu gewähren.

Der Beschwerdeführer hatte die Rechtsmittelschrift fehlerhaft "an das Landgericht Hagen, Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts" adressiert.

Grundsätzlich hat jeder dafür einzustehen, daß er sein Rechtsmittel bei der richtigen Stelle einreicht. Dies gilt auch für die Anbringung von Rechtsmittelschriften und für die Einhaltung der insoweit zu beachtenden gesetzlichen Fristen. Es ist jedoch anerkannt, daß die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß §§ 44 S. 1, 45 Abs. 2 S. 3 StPO gerechtfertigt ist, wenn - wie hier - ein Verurteilter aus Unachtsamkeit die Rechtsmittelschrift bei einem unzuständigen Gericht eingereicht hat und sie dort so zeitig eingegangen ist, daß sie bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang noch rechtzeitig an das zuständige Gericht hätte weitergeleitet werden können (zu vgl. OLG Hamm MDR 1979, 73, 74; OLG Koblenz MDR 1973, 691). Unterläßt die unzuständige Behörde die Weiterleitung der Rechtsmittelschrift, obwohl das zuständige Gericht ohne weiteres erkennbar ist und obwohl der rechtzeitige Eingang bei diesem möglich wäre, so trifft den Rechtsmittelführer an der Fristversäumung kein Verschulden (OLG Düsseldorf, Beschluß vom 1. März 1985 - 1 Ws 85/85 - in VRS 69, 34 f.; OLG Düsseldorf, Beschluß vom 28. März 1983 - 1 Ws 241/83 -).

So liegt der Fall hier. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 1. Oktober 1998 gegen den ihm am 30. September 1998 zugestellten Beschluß der Strafvollstreckungskammer Krefeld vom 21. September 1998 (32 StVK 402/98) ging am 2. Oktober 1998 bei der Geschäftsstelle des Landgerichts Hagen ein. Der Beschwerdeschrift war ohne große Mühe zu entnehmen, daß sich der Beschwerdeführer gegen den vorbezeichneten Beschluß der Strafvollstreckungskammer Krefeld wandte. Dem Landgericht wäre es ohne weiteres im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs möglich gewesen, die Beschwerdeschrift d...

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