Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtbarkeit der Beschwerdeentscheidung bei Unzuständigkeit des Erstgerichts
Leitsatz (amtlich)
Hat an Stelle der funktionell zuständigen Strafvollstreckungskammer das Amtsgericht als Gericht des 1. Rechtszuges die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen, so gilt die weitere Beschwerde gegen die das Rechtsmittel des Veurteilten verwerfende Entscheidung der Beschwerdekammer des Landgerichts als statthafte sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung.
Normenkette
StPO §§ 453, 462a Abs. 1, § § 310 Abs. 2; StGB § 56f Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Lüdenscheid (Entscheidung vom 17.06.2011; Aktenzeichen 70 Ls 819 Js 235/10 - 10/11) |
LG Hagen (Aktenzeichen 44 Qs 159/12) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der zugrunde liegende Widerrufsbeschluss des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 22. August 2012 werden aufgehoben.
Die durch Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 17. Juni 2011 (70 Ls 819 Js 235/10 - 10/11) gewährte Strafaussetzung zur Bewährung wird widerrufen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Lüdenscheid sprach den Verurteilten mit am Tage der Verkündung rechtskräftig gewordenen Urteil vom 17. Juni 2011 des Wohnungseinbruchdiebstahls, des Diebstahls im besonders schweren Fall in zwei Fällen und "der tateinheitlich verwirklichten Delikte des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz und der Urkundenfälschung" schuldig und verhängte gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten, deren Vollstreckung für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Im Rahmen eines neuen, von der Staatsanwaltschaft Hagen unter dem Aktenzeichen 600 Js 528/11 geführten Strafverfahrens gegen den Verurteilten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a. wurde der Verurteilte am 31. Oktober 2011 festgenommen und er befand sich seit diesem Tag in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Hagen. In dem vorgenannten Verfahren wurde der Beschwerdeführer durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 28. März 2012, welches am selben Tage rechtskräftig wurde, wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in sechs Fällen und Hehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner wurde die Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB angeordnet. Die dieser Verurteilung zugrunde liegenden Straftaten hat der Verurteilte in der Zeit vom 23. September 2011 bis zum 28. Oktober 2011 begangen. Mit Rechtskraft des Urteils am 28. März 2012 ging die Untersuchungshaft in Strafhaft über, bevor der Verurteilte am 21. Mai 2012 von der Justizvollzugsanstalt Hagen in den Maßregelvollzug, nämlich in das Landeskrankenhaus für Forensische Psychiatrie Bernburg, verlegt wurde, wo er sich nach wie vor befindet.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hagen vom 14. Juni 2012 und nach schriftlicher Anhörung des Verurteilten hat das Amtsgericht Lüdenscheid mit Beschluss vom 22. August 2012 die dem Verurteilten durch Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 17. Juni 2011 gewährte Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB unter Hinweis auf die mit Urteil des Landgerichts Hagen vom 28. März 2012 abgeurteilten neuerlichen Straftaten widerrufen. Die dagegen rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 29. August 2012 hat die 4. große Strafkammer des Landgerichts Hagen als Beschwerdekammer mit dem angefochtenen Beschluss vom 10. Oktober 2012 als unbegründet verworfen. Dieser Beschluss ist dem Verurteilten ohne Rechtsmittelbelehrung mit "Ab-Vermerk" vom 30. Oktober 2012 formlos übersandt worden, der Zeitpunkt des Zugangs lässt sich nicht feststellen. Mit einem Schreiben, welches das Datum "12.10.2012" (gemeint ist offensichtlich: 12.11.2012) trägt und dem Landgericht Hagen am 12. November 2012 per Telefax übermittelt wurde, wendet sich der Verurteilte gegen den landgerichtlichen Beschluss mit dem darin bestätigten Bewährungswiderruf.
Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hat mit Zuschrift vom 26. November 2012 beantragt, das Rechtsmittel des Verurteilten als unzulässige weitere Beschwerde i.S.d. § 310 StPO zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel des Verurteilten führt zur Aufhebung der angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung sowie des zugrunde liegenden Widerrufsbeschlusses des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 22. August 2012. Gleichzeitig hat der Senat im Wege einer eigenen Sachentscheidung nach § 309 Abs. 2 StPO die dem Verurteilten mit Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 17. Juni 2011 gewährte Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der darin verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten widerrufen.
1.
Das mit Schreiben des Verurteilten vom 12. November 2012 eingelegte Rechtsmittel gegen den Beschluss des Landgerichts Hagen vom 10. Oktober 2012 ist als gemäß § 453 Abs. 2 S. 3 StPO, § 56 f StGB statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde gegen die angefochtene Widerrufsentscheidung z...