Leitsatz (amtlich)

1. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat das die örtliche Zuständigkeit bestimmende Gericht regelmäßig das Gericht als örtliche zuständig zu bestimmen, das Adressat der ersten bindenden Verweisung ist.

2. Erklärt sich ein LG für örtlich unzuständig und verweist es die Sache an ein von ihm aus nicht als willkürlich zu bezeichnenden Gründen für zuständig gehaltenes anderes Gericht, so ist eine von diesem ebenfalls nicht willkürlich begründete Rückverweisung unzulässig.

 

Normenkette

FamFG § 3 Abs. 3 S. 1, § 3 S. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 31 0 89/09 (AktE))

 

Tenor

Als örtlich zuständiges Gericht i.S.d. § 98 Abs. 1 Satz 1 AktG wird das LG Mönchengladbach bestimmt, § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 (Gesamtbetriebsrat der Beteiligten zu 3) hat unter dem 6.10.2009 beim LG Düsseldorf auf Feststellung angetragen, dass bei der Beteiligten zu 3 ein Aufsichtsrat nach den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes zu bilden ist.

Das LG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 29.10.2009 seine örtliche Zuständigkeit verneint und die Sache auf das Gesuch des Beteiligten zu 1 nach Anhörung der Beteiligten zu 2 und 3 an das LG Mönchengladbach verwiesen, weil - wie im Einzelnen ausgeführt - eine Zuständigkeit des LG Düsseldorf gemäß der Konzentrations-VO Gesellschaftsrecht vom 31.5.2005 nach Änderung des § 98 Abs. 1 AktG (Neufassung: Stand 1.9.2009) nicht mehr gegeben sei.

Das LG Mönchengladbach - 2. Kammer für Handelssachen - hat mit Beschluss vom 17.11.2009 ebenfalls seine örtliche Zuständigkeit verneint, weil die Änderung des § 98 Abs. 1 AktG die Zuständigkeitszuweisung nach Düsseldorf durch die Konzentrations-VO Gesellschaftsrecht vom 31.5.2005 nicht berühre und der Verweisungsbeschluss vom 29.10.2009 daher rechtswidrig sei.

Die gegen den Verweisungsbeschluss des LG Düsseldorf vom 29.10.2009 gerichtete außerordentliche Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 hat das OLG Düsseldorf (I-26 W 11/09 (AktG)) - nach Nichtabhilfe durch das LG - am 29.3.2010 als unzulässig verworfen, weil die Möglichkeit einer Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG eine außerordentliche Beschwerde ausschließe.

Der Beteiligte zu 1 beantragt nunmehr, das LG Düsseldorf als zuständiges Gericht zu bestimmen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.1. Haben verschiedene Gerichte, von denen eines für das Verfahren zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt, so wird das zuständige Gericht durch das nächsthöhere gemeinsame Gericht bestimmt, § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG.

Rechtskraft im Sinne des FamFG bedeutet formelle Rechtskraft, der in der freiwilligen Gerichtsbarkeit alle Entscheidungen fähig sind und die eintritt, wenn die gerichtliche Entscheidung durch ein Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf nicht (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 FamFG) oder nicht mehr angefochten werden kann (§ 45 FamFG; Engelhardt in Keidel FamFG 16. Aufl. 2009 § 45 Rz. 2 f.).

Den Zuständigkeitsstreit (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG) entscheidet das bestimmende Gericht aufgrund der für die Zuständigkeit maßgeblichen Bestimmungen. Bei einem Verweisungsbeschluss ist dies regelmäßig das Gericht, an das die erste bindende Verweisung erging (§ 3 Abs. 3 Satz 2 FamFG; BayObLG.1.2 NJW 2003, 366; OLG Köln.2.2 NJW-RR 2002, 426; Sternal in Keidel, a.a.O., § 5 Rz. 45). Eine unzulässige Rückverweisung ist unbeachtlich. Dem Verweisungsbeschluss kommt auch dann Bindungswirkung zu, wenn er sachlich unrichtig ist oder auf Verfahrensmängeln beruht. Die Bindungswirkung tritt nur dann nicht ein, wenn die Verweisung ohne die gesetzliche Grundlage, also willkürlich (vgl. BGH NJR-RR 2002, 1498), erfolgt ist oder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt (BayObLG NJW 2003, 306; Sternal, a.a.O.).

2. Dies vorausgeschickt ist im Streitfall als örtlich zuständiges Gericht das LG Mönchengladbach zu bestimmen.

a) Der Senat ist zur Entscheidung über den zwischen den LG Düsseldorf und Mönchengladbach bestehenden Streit über die örtliche Zuständigkeit als nächst höheres gemeinsames Gericht berufen, § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG.

b) Das LG Düsseldorf und das LG Mönchengladbach haben jeweils rechtskräftig im oben genannten Sinne, weil unanfechtbar (§ 3 Abs. 3 Satz 1 FamFG), entschieden, dass sie örtlich unzuständig seien.

c) Dem Verweisungsbeschluss des LG Düsseldorf vom 29.10.2009, durch den dieses seine örtliche Zuständigkeit verneint und die Sache auf das Gesuch des Beteiligten zu 1 nach Anhörung der Beteiligten zu 2 und 3 an das LG Mönchengladbach verwiesen hat, ist für das LG Mönchengladbach bindend.

Der Senat hat als bestimmendes Gericht seine Entscheidung aufgrund der für die Zuständigkeit maßgeblichen Bestimmungen, u. A. § 3 Abs. 3 Satz 2 FamFG, zu treffen. Hiernach ist regelmäßig das Gericht zuständig, das Adressat der ersten bindenden Verweisung war.

Ob der Beschluss des LG Düsseldorf inhaltlich richtig war, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zu entscheiden. Die Erwägungen des LG Düsseldorf sind jedenfalls - wie be...

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