Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Das Oberlandesgericht Düsseldorf legt dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage betreffend die Auslegung von Art. 30 Abs. 5 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) in der Fassung von Art. 1 Nr. 21 der Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vor:
Ist unter "anfängliche Mindestvertragslaufzeit" lediglich die Vertragslaufzeit eines Erstvertrages oder auch ein auf aktuellen Willenserklärungen beruhender, geraume Zeit vor Ablauf des Erstvertrages geschlossener und in Vollzug gesetzter Verlängerungsvertrag zu verstehen, wenn er im Verhältnis zum Erstvertrag geänderte Leistungen des Unternehmers und des Kunden zum Inhalt hat?
Gründe
Der Kläger, ein klagebefugter Verbraucherschutzverein, beanstandet eine bestimmte Verhaltensweise der Beklagten, einem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen unter anderem im Bereich Mobilfunk, gegenüber Bestandskunden, wie sie beispielsweise bei zwei Kunden, nämlich Frau H. und Herrn P., vorgefallen sind.
Die Kunden hatten mit der Beklagten einen Erstvertrag mit fester Mindestvertragslaufzeit abgeschlossen. Einige Monate vor Ende dieses Erstvertrages im Jahre 2018 wünschten sie einen Tarifwechsel (im Falle H. statt "X. S" den Tarif "X. L", im Falle P. statt eines unbekannten Tarifs den Tarif "allnet-Flat M"), verbunden mit dem - verbilligten - Kauf eines neuen Smartphones und einer höheren monatlichen Rate, und wandten sich daher an eine Geschäftsstelle der Beklagten.
In der daraufhin von der Beklagten erstellten und von der Kundin Höfler unter derselben Vertragsnummer unterzeichneten "Zusatzvereinbarung zum bestehenden Vertrag über X.-Dienstleistungen" (Anlage K1b neu) hieß es zwar zunächst:
Sie haben sich für den Kauf eines neuen vergünstigen Smartphones oder Tablets vor Ende der Mindestvertragslaufzeit und damit für einen neuen Vertrag entschieden. Am ... [ersten Tag nach Ablauf der Mindestvertragsdauer des Erstvertrages] beginnt für Ihren Vertrag eine neue Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten. (...)
Unter "Tarif" hieß es:
Für den Vertrag gilt wie bisher dieser Tarif:
L mit Basic Phone ...,
mithin der "neue" Tarif mit den "neuen" Preisen. Ausweislich einer weiteren Bestimmung war ein nur für "L" buchbares zusätzliches Datenvolumen als Option bereits zum Tage der Vertragsunterzeichnung einzurichten. Die Kundin erhielt sofort ein neues Smartphone, die Beklagte stellte ab sofort den neuen Tarif in Rechnung. Die Beklagte stellte sich in der Folgezeit auf den Standpunkt, die Vertragslaufzeit der "Zusatzvereinbarung" von 24 Monaten beginne nicht bereits mit seiner Unterzeichnung, sondern erst mit dem Ablauf des Erstvertrages mehrere Monate später.
In der "Vertragsverlängerung" für den Kunden P. (Anlage K 3, Bl. 514 Gerichtsakte) hieß es:
Vertragsbeginn: 13.08.2018Vertragslaufzeit: 26 Monat(e) ...
Bei dem 13.08.2018 handelt es sich um das Datum des Besuchs des Kunden in der Geschäftsstelle. Das neue Smartphone wurde sofort ausgehändigt, der Tarif "allnet-Flat M" ab diesem Tage von der Beklagten in Rechnung gestellt. Auf die Rüge des Kunden, die Vertragslaufzeit übersteige 24 Monate, erwiderte die Beklagte, die noch nicht abgelaufene Restlaufzeit des Erstvertrages sei den 24 Monaten Mindestlaufzeit hinzuzurechnen.
Der Kläger hat geltend gemacht, dadurch werde der Kunde entgegen § 43b Satz 1 Telekommunikationsgesetz in der damals geltenden Fassung, jedenfalls aber entgegen § 309 Nr. 9 Buchstabe a) des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der damals geltenden Fassung über einen Zeitraum von mehr als 24 Monaten gebunden. Er hat daher beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
I. es bei Vermeidung näher bezeichneter Ordnungsmittel künftig zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen in Telekommunikationsverträgen gegenüber Verbrauchern
1. bei einem Vertragswechsel Vereinbarungen zu treffen, wonach der neue Telekommunikationsvertrag eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten hat, die erst nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit des vorherigen Telekommunikationsvertrages zu laufen beginnt, wie geschehen in Anlage K 1, wenn die Aktivierung des neuen Telekommunikationsvertrages aber bereits vor dem Laufzeitende des vorherigen Telekommunikationsvertrages erfolgen soll, wenn dies geschieht wie bei dem von der Zeugin H. gebuchten neuen Tarif "X. L mit Basic Phone" in Anlage K2 dokumentiert und wenn dies dazu führt, dass hierdurch eine vertragliche Bindung des Kunden von 24 Monaten überschritten wird.
hilfsweise,
bei einem Vertragswechsel Vereinbarungen zu treffen, wonach der neue Telekommunikationsvertrag eine den anderen Vertragsteil für zwei Jahre bindende Laufzeit hat, die erst nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit des vorherigen Telekommunikationsvertrages zu laufen beginnt, wie geschehen in Anlage K 1, wenn die Aktivierung aber bereits vor dem Laufzeitende des...