Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 1 O 130/22) |
Tenor
Der Antrag des Klägers vom 02.09.2024 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das am 23.05.2024 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg (1 O 130/22) - Einzelrichter - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.
Gründe
I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, denn die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Das Landgericht hat eine Schadensersatzhaftung der Beklagten gem. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. dem Beförderungsvertrag bzw. gem. §§ 7, 8a, 18 StVG i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 1 BefBedV zurecht unter Verweis auf ein überragendes Mitverschulden des Klägers ausgeschlossen.
Im Einzelnen:
1. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme steht es für den Senat gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend fest, dass der Kläger in einem Bus der Beklagten bei einem Bremsmanöver von seinem Sitzplatz gestürzt und dadurch verletzt worden ist. Gegen den Kläger streitet dabei der Beweis des ersten Anscheins, dass er den Sturz selbst verschuldet hat.
a. Als Fahrgast der Beklagten war der Kläger gem. § 4 Abs. 3 S. 5 BefBedV zur Eigensicherung verpflichtet. Daraus folgt die Obliegenheit, sich unmittelbar nach dem Zusteigen in einen Bus sicheren Stand oder einen Sitzplatz sowie sicheren Halt zu verschaffen, da jederzeit mit einem scharfen Bremsen oder ruckartigen Bewegungen des Busses zu rechnen ist (OLG Hamm, Urteil vom 29. April 2022 - I-11 U 198/21 -, juris Rn. 16; KG Berlin, Beschluss vom 7. September 2023 - 22 U 61/22 -, juris Rn. 9; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25. April 2023 - 7 U 125/22 -, juris Rn. 27). Kommt es während der Fahrt zu einem Sturz des Fahrgastes, besteht deshalb grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins, dass die Pflicht zur Eigensicherung schuldhaft verletzt worden ist und der Sturz auf ein alleiniges Verschulden des Geschädigten selbst zurückzuführen ist (OLG Hamm, a.a.O.; siehe auch Senat, Urteil vom 10. Februar 2015 - I-1 U 71/14 -, juris Rn. 17 unter Verweis auf KG Berlin, Beschluss vom 17. August 2011 - 22 W 50/11 -, juris Rn. 14).
Diese Grundsätze gelten auch für den sitzenden Fahrgast. Dies ergibt sich bereits daraus, dass § 4 Abs. 3 S. 5 BefBedV nicht zwischen sitzenden und stehenden Fahrgästen unterscheidet, sondern allen Passagieren abverlangt, sich eigenverantwortlich abzusichern. Diese Notwendigkeit ist auch für den sitzenden Fahrgast ohne Weiteres einleuchtend, da der im Nahverkehr eingesetzte Omnibus auf seinen Sitzplätzen gerade nicht über gängige Sicherungsmechanismen wie Anschnallgurte verfügt (LG Bonn, Urteil vom 19. September 2012 - 5 S 43/12 -, juris Rn. 6; LG München I, Urteil vom 15. Mai 2006 - 17 S 8044/05 -, juris Rn. 18 ff.; siehe auch LG Hamburg, Urteil vom 20. August 2008 - 331 O 111/08 -, juris Rn. 18 ff.; demgegenüber mit zu weiter Entlastung des Fahrgastes: LG Darmstadt, Urteil vom 5. Mai 2020 - 28 O 263/16 -, juris Rn. 31).
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang - unwidersprochen - vorgetragen hat, der vor ihm gelegene Sitz habe nicht über eine Haltestange verfügt und eine solche habe sich auch nicht neben ihm befunden, ergibt sich nichts Abweichendes. Eine ausreichende Sicherung ist dem sitzenden Fahrgast auch bei nicht vorhandenen Haltegriffen möglich. Hierfür ist primär eine aufrechte Sitzposition einzunehmen und dem Verlauf der Fahrt aufmerksam zu folgen. Zudem kann sich der Fahrgast durch ein Festhalten am eigenen Sitz oder an der Rückenlehne des Vordersitzes absichern. Zwar hat der Kläger zunächst vorgetragen, er habe sich dementsprechend an der Lehne des vor ihm befindlichen Sitzes festgehalten. In seiner informatorischen Anhörung hat er dann aber selbst bekundet, sich nur gegen den Vordersitz gedrückt zu haben. Dies beseitigt den gegen den Kläger streitenden Anschein für ein Eigenverschulden indes nicht. Vielmehr spricht es für eine unsichere Sitzhaltung des Klägers, dass dieser nach eigenen Angaben trotz Geradeausfahrt des Busses längs in den Mittelgang gefallen ist. Hätte sich der Kläger in einer ordnungsgemäßen Sitzposition befunden, wäre allenfalls eine Bewegung nach vorne als Folge der Bremsung zu erwarten gewesen, nicht aber ein seitliches Hinausfallen aus dem Sitz.
b. Den gegen ihn streitenden Anscheinsbeweis hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht erschüttern können.
aa. Soweit er sich auf einen atypischen Geschehensablauf beruft, weil ein außergewöhnliches Fahrereignis vorliege, ist sein Vortrag bereits unschlüssig. Allenfalls ein Fahrfehler der Zeugin A. in Form einer grundlosen Vollbremsung könnte geeignet sein, den Anscheinsbeweis zu erschüttern (vgl. Senat, Urteil vom 10. Februar 2015 - I-1 U 71/14 -, juris Rn. 18 f.). Auf ein solches Fahrmanöver beruft sich der Kläger aber selbst nicht. Mit...