Leitsatz (amtlich)

›1. Ein Beitritt des Streitverkündeten im selbständigen Beweisverfahren ist nur bis zur Verfahrensbeendigung möglich.

2. Das selbständige Beweisverfahren endet, wenn nach Ablauf einer vom Gericht gesetzten und verlängerten Frist Stellungnahmen der Prozeßbeteiligten nicht eingegangen sind.‹

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 15 OH 8/99)

 

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Eigentümer eines Einfamilienhauses, das von der Antragsgegnerin - einer Bauträgerin - geplant und errichtet worden ist. Nachdem sich Feuchtigkeitsschäden im Keller gezeigt hatten, leiteten die Antragsteller das vorliegende selbständige Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerin mit dem Ziel ein, Ursachen und Umfang der Mängel sowie die Kosten der Mängelbeseitigung gutachterlich feststellen zu lassen. Die Antragsgegnerin verkündete im Laufe des Verfahrens ihrer Subunternehmerin, der Firma K., den Streit. Diese trat dem Verfahren auf Seiten der Antragsgegnerin bei und verkündete ihrerseits der Beschwerdeführerin, die die Abdichtungsarbeiten der Kelleraußenwände durchgeführt hatte, den Streit. Für die Beschwerdeführerin bestellten sich die Rechtsanwälte Z. u.a. mit Schriftsatz vom 15.09.1999 (Bl. 50 GA) und baten um Akteneinsicht. Sie behielten sich die Entscheidung vor, ob und auf welcher Seite die Beschwerdeführerin dem Verfahren beitreten wolle. Da sich die Akten jedoch bereits bei dem zur Klärung der Beweisfragen bestellten Sachverständigen befanden, konnte Akteneinsicht nicht gewährt werden.

Unter dem 14.01.1999 erstellte der Sachverständige sein Gutachten, das den Verfahrensbeteiligten, nicht jedoch der Beschwerdeführerin, im Februar 1999 zugestellt wurde. Das Landgericht setzte den Parteien zudem eine Frist zur evtl. Stellungnahme von vier Wochen, die auf Antrag der Antragsgegnerin nochmals um einen weiteren Monat verlängert wurde. Keine der beteiligten Parteien gab Erklärungen zu dem Gutachten ab; insbesondere wurde nicht die Anhörung des Sachverständigen beantragt.

Mit Schriftsatz vom 02.08.2000 (Bl. 78 GA) erklärte die Beschwerdeführerin den Beitritt. Unter dem 11.08.2000 beantragte sie die Anhörung des Sachverständigen.

Durch Beschluss vom 18.08.2000 (Bl. 49 f. GA) wies das Landgericht den Beitritt der Beschwerdeführerin und ihren Antrag auf Anhörung des Sachverständigen mit der Begründung zurück, ein Beitritt sei unzulässig, da das selbständige Beweisverfahren bereits abgeschlossen sei.

Dagegen richtet sich das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin.

II.

Die gegen die Zurückweisung des Beitritts sowie gegen die Ablehnung der Anhörung des Sachverständigen gerichtete Beschwerde ist gemäß § 567 ZPO (vgl. OLG Köln, BauR 1998, 591; OLG Karlsruhe, BauR 1998, 589; OLG Düsseldorf, (22. ZS.), NZBau 2000, 385, 386) statthaft, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

Das selbständige Beweisverfahren ist im April 2000 abgeschlossen worden. Mit ihrer Nebenintervention kann die Beschwerdeführerin der Streitverkündeten damit nicht mehr in diesem Verfahren zu Hilfe kommen. Auch unabhängig von der Frage, ob hier der Beitritt noch zulässig wäre, könnte die Beschwerdeführerin jedenfalls den Antrag auf Anhörung des Sachverständigen nicht mehr mit Erfolg stellen.

Zwischenzeitlich ist allgemein anerkannt, dass die Nebenintervention im selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich zulässig ist, um die Verwertung der erhobenen Beweise im Folgeprozess auch bei Drittbeteiligung zu ermöglichen (grundlegend: BGH, BauR 1997, 347; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 66 Rdn. 2 a; MünchKomm/Schilken, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 66 Rdn. 2; Musielak, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 487 Rdn. 2). Die Vorschriften über die Streitverkündung gemäß §§ 66 ff. ZPO sind dabei analog anwendbar (BGH, BauR 1997, 347, 349). Nach § 72 Abs. 2 ZPO ist damit auch die weitere Streitverkündung durch den Streitverkündeten zulässig. Die gegenteilige, mit dem im selbständigen Beweisverfahren im besonderen Maße geltenden Beschleunigungsgrundsatz begründete Auffassung (vgl. LG Berlin, BauR 1996, 435, 436) überzeugt nicht.

Gemäß § 66 Abs. 1 und 2 ZPO kann ein Beitritt in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung erfolgen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Rechtsstreit noch nicht beendet ist (OLG Karlsruhe, BauR 1998, 589).

Da sich das selbständige Beweisverfahren in der Feststellung von Tatsachen erschöpft und somit keine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht, kann die zeitliche Begrenzung für den Beitritt nicht an den in § 66 Abs. 2 ZPO genannten Zeitpunkt geknüpft werden. Dies bedeutet indes nicht, dass ein Beitritt zeitlich unbeschränkt erfolgen darf. In diesem Verfahren ist es angebracht, den Zulässigkeitszeitraum für die Beitrittserklärung auf den der Verfahrensbeendigung zu begrenzen. Nach diesem Zeitpunkt können auch die übrigen Beteiligten keine Anträge mehr auf Anhörung des Sachverständigen oder schriftliche Ergänzung des Gutachtens stellen.

Die Beendigung des Verfahrens tritt grundsätzlich mit der Zustellung des schriftlichen Sachverständigengutachtens ein, wenn ...

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