Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zulässigkeit der vom Angeklagten mit der Revision geltend gemachte Rüge der Nichterteilung des letzten Wortes ist nicht erforderlich auszuführen, was er vorgetragen hätte, wenn ihm das letzte Wort erteilt worden wäre.
2. Der Verstoß führt zwar nicht ohne weiteres zur Aufhebung des Urteils; in der Regel wird sich jedoch nicht ausschließen lassen, daß das Urteil auf diesem Fehler beruht.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Mönchengladbach zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - Mönchengladbach vom 8. Mai 2000 verworfen.
Die dagegen eingelegte Revision, mit der die Verletzung des § 326 Satz 2 StPO geltend gemacht wird, hat Erfolg.
II.
1.
Die Revision ist zulässig.
Der Verstoß gegen §§ 326 Satz 2, 258 Abs. 2 letzter Halbsatz, Abs. 3 StPO ist wirksam geltend gemacht.
Es genügt insoweit, dass der Revisionsführer die Nichterteilung des letzten Worts dargelegt hat. Unter Berücksichtigung des § 344 Abs. 2 StPO ist nicht erforderlich, dass mit der Revision im einzelnen ausgeführt wird, was der Angeklagte vorgetragen hätte, wenn ihm das letzte Wort erteilt worden wäre. Es gehört nicht zu den zwingenden Formerfordernissen der Revisionsbegründung, dass die Ausführungen und Anträge, die bei Beachtung von §§ 326 Satz 2; 258 Abs. 2 letzter Halbsatz, Abs. 3 StPO in der Hauptverhandlung vorgebracht worden wären, in der Revisionsbegründungsschrift angegeben werden (vgl. BGHSt 21, 288, 290 mwN ).
In der Rechtsprechung wird zwar auch die Auffassung vertreten, dass die bloße Darlegung des Verfahrensverstoßes nicht genüge, vielmehr unter Beachtung von § 344 Abs. 2 StPO die konkreten Tatsachen dargelegt werden müssten, aufgrund derer die Beruhensfrage geprüft werden kann und dazu im einzelnen vorgetragen werden müsse, was der Beschwerdeführer im Falle einer ordnungsgemäßen Gewährung des letzten Worts geltend gemacht hätte (vgl. OLG Düsseldorf, 1. Senat für Bußgeldsachen, VRS 81, 389, 390; 3. Senat für Bußgeldsachen, NZV 1992, 497, 498 = VRS 83, 435 ff. ; BayObLG NJW 1992, 1907; OLG Hamm NZV 1999, 220; 1993, 244; OLG Köln NZV 1992, 419; OLG Schleswig SchlHA 1989, 116; OLG Stuttgart ZfS 1994, 308, 309). Insoweit ist allerdings zu beachten, dass diese Entscheidungen auf Anträge auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 80 Abs. 1 und 2 OWiG unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des rechtlichen Gehörs ergangen sind und insoweit gemäß §§ 80 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 StPO andere - erweiterte - Zulässigkeitsvoraussetzungen zu erfüllen sind. Daher steht diese Rechtsprechung nicht der Auffassung entgegen, dass die Rüge der Verletzung der §§ 326 Satz 2, 258 Abs. 2 letzter Halbsatz, Abs. 3 StPO ohne weitere Ausführungen dazu, was bei Beachtung der Formvorschriften durch das Tatgericht vorgetragen worden wäre, ausreichend ist.
Die Nichtbeachtung der wesentlichen Förmlichkeit bezüglich der Erteilung des letzten Worts gemäß §§ 326 Satz 2, 258 Abs. 2 letzter Halbsatz, Abs. 3 StPO wird durch das Protokoll gemäß § 274 Abs. 1 StPO bewiesen (vgl. BGHSt 22, 278, 280).
Der geltend gemachte Verstoß führt zwar nicht ohne weiteres zur Aufhebung und Zurückverweisung, denn die Verletzung von §§ 326 Satz 2, 258 Abs. 2 letzter Halbsatz, Abs. 3 StPO stellt keinen absoluten Revisionsgrund dar, sondern begründet die Revision nur dann, wenn und soweit das Urteil auf dem Fehler beruht. Insoweit genügt in der Regel die bloße Möglichkeit des Beruhens, die sich nur in besonderen Ausnahmefällen ausschließen lassen wird (vgl. BGHSt 21, 288, 290; 22; 278, 280).
Soweit der Bundesgerichtshof (vgl. BGHSt 22, 278, 281/282) einen derartigen Ausnahmefall bei einem geständigen Angeklagten unter Herausstellung des Umstands des Geständnisses angenommen und mit Sicherheit ausgeschlossen hat, dass das Urteil auf dem Verstoß gegen §§ 326 Satz 2, 258 Abs. 2 letzter Halbsatz, Abs. 3 StPO beruht, gilt nichts anderes. Denn insoweit ist die besondere Verfahrenskonstellation des dieser Entscheidung zugrundeliegenden Falles zu berücksichtigen. Dort war das Tatgericht ausweislich des Protokolls nach Beendigung der Beweisaufnahme, den Schlussvorträgen und den Schlusserklärungen der Angeklagten nochmals in die Verhandlung eingetreten, um einen rechtlichen Hinweis nach § 265 StPO zu geben. Anschließend war den Angeklagten nicht nochmals das letzte Wort erteilt worden. Dies wäre allerdings erforderlich gewesen (vgl. BGHSt 22, 278, 279 mwN). Der Bundesgerichtshof hat darauf abgestellt, dass den Angeklagten vor dem Wiedereintritt in die Verhandlung das letzte Wort gewährt worden war und sie in diesem Rahmen die Gelegenheit hatten, sich zu den Tatvorwürfen umfassend zu äußern. Der Hinweis auf die Änderung des rechtlichen Gesichtspunkts ha...