Leitsatz (amtlich)
1. Besteht hinsichtlich der Frage der Erbquoten - wie typischerweise so auch hier - kein Anhaltspunkt dafür, dass der Erblasser für den Fall des Vorversterbens eines Miterben gewollt hätte, dass die diesbezügliche Verfügung in dem Sinne unwirksam würde, dass der betreffende Erbteil der gewillkürten Erbfolge entzogen werden und für ihn nunmehr gesetzliche Erbfolge gelten sollte, so kommt es allein darauf an, ob beim Vorversterben eines Erben dessen Erbteil den übrigen Erben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile anwachsen sollte oder ob der Erblasser Ersatzerben berufen hat (hier ergibt Letzteres bereits die erläuternde Testamentsauslegung).
2. Ein etwaiger Verfahrensfehler des Nachlassgerichts in Gestalt einer Beeinträchtigung rechtlichen Gehörs verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg, sofern der Beschwerdeführer sich - wie hier - im Rechtsmittelverfahren in vollem Umfang hat äußern können und das Beschwerdegericht dieses Vorbringen zur Kenntnis genommen hat.
3. In Erbscheinsverfahren bemisst sich der Wert, ausgehend vom Nachlassreinwert, nach dem mit dem Rechtsmittel verfolgten wirtschaftlichen Interesse (Anschluss an OLG Hamm FGPrax 2015, 277 f. - hier: Wert um den sich der Erbteil des Beschwerdeführers infolge Anwachsung erhöht).
An seiner bisherigen Auffassung, dass unter Geltung des GNotKG - anders als nach dem früheren Recht der Kostenordnung - dem wirtschaftlichen Interesse eines Rechtsmittelführers keine maßgebliche Bedeutung mehr zukomme und (allein) auf die Rechtsmittelanträge abzustellen sei (FGPrax 2015, 182 f.), hält der Senat nicht länger fest.
Normenkette
BGB § 2094; GNotKG § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 40 S. 2, § 61 Abs. 1 S. 1; GG Art. 19 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Langenfeld (Beschluss vom 12.01.2015; Aktenzeichen 46 VI 386/14) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird mit der Klarstellung zurückgewiesen, dass sich der Ausspruch der angefochtenen Entscheidung auf den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 6. vom 13.8.2014 (UR-Nr. 1538 für 2014 des Notars B. in Hilden) in der Fassung des Antrages vom 28.8.2014 bezieht.
Der Beteiligte zu 5. hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Geschäftswert: bis 95.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. bis 3. und 5. sind die Patenkinder der ledig verstorbenen Erblasserin, die Beteiligten zu 6. und 7. weitere Verwandte; der Beteiligte zu 6. ist zugleich Testamentsvollstrecker.
Die Erblasserin hinterließ ein eigenhändiges Testament vom 9.6.2006, in dem es unter anderem hieß:
"Zum Testamentsvollstrecker für meinen Nachlass ernenne ich U. S.
Als Erben setze ich folgende Personen ein:
T. S. zu 10 % von den Sparguthaben (Sparbücher u. Sparkassenbriefe)
M. K. zu 10 % von den Sparguthaben
K. B. zu 20 % von den Sparguthaben
C. P. -L. zu 40 % von den Sparguthaben
M. F. zu 20 % von den Sparguthaben
Zum Verkauf des Hauses 40721 Hilden... ist der Testamentsvollstrecker berechtigt und verpflichtet.
Die vorgenannten Erben erhalten den gleichen Prozentsatz wie bei den Sparguthaben.
Von meinem Anteil des Hauses von Tante M. 42551 Velbert,... soll zu gleichen Teilen erhalten: U. S., R, S. und K. B..
[in neuer Zeile:] Ersatzvermächtnisnehmer sind die ehelichen Abkömmlinge.
Der letztwilligen Verfügung war eine "Anlage zu meinem Testament" beigefügt; in dieser wies die Erblasserin den meisten der im Testament genannten sowie zwei weiteren Personen einzelne Sachen ihres beweglichen Vermögens zu, außerdem traf sie nähere Anweisungen für ihre Beerdigung.
Im Juli 2013 verstarb C. P. -L., gleichfalls ein Patenkind der Erblasserin. Die Beteiligten zu 4. sind ihre ehelichen Abkömmlinge.
Unter dem 13.8.2014 - ergänzt mit Schriftsatz vom 28.8.2014 - hat der Beteiligte zu 6. einen Erbscheinsantrag gestellt. Darin hat er die Auffassung vertreten, der letzte Satz des Testaments beziehe sich nach dem Willen der Erblasserin auch auf die in der letztwilligen Verfügung genannten Erben, so dass an die Stelle der verstorbenen C. P.-L. deren vier Kinder träten. Dementsprechend hat er die Erteilung eines Erbscheins - mit Testamentsvollstreckervermerk - beantragt, der als Miterben die Beteiligte zu 1. zu 10 %, den Beteiligten zu 2. zu 10 %, die Beteiligte zu 3. zu 20 %, die Beteiligten zu 4. zu je 10 % sowie den Beteiligten zu 5. zu 20 % ausweist.
Dem ist der Beteiligte zu 5. entgegengetreten. Er meint, hinsichtlich des Erbanteils der verstorbenen C. P.-L. sei Anwachsung eingetreten.
Durch die angefochtene Entscheidung hat das Nachlassgericht - unter Aussetzung der sofortigen Wirksamkeit des Beschlusses und Zurückstellung der Erteilung des Erbscheins bis zu dessen Rechtskraft - die zur Begründung des Erbscheinsantrages des Beteiligten zu 6. erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Mit weiterem Beschluss vom 12.1.2015 hat es den vorbezeichneten Beschluss in zwei Punkten wegen offensichtlicher Unrichtigkeit berichtigt.
Gegen die seinen Verfahrensbevollmächtigten am 22.12.2014 zugestellte Entscheidung des Nachlassgerichts wendet sich der Beteiligte zu 5. mit seinem am 21.1.2015 bei Gericht eingegangenen Re...